„Der befürchtete starke Anstieg von Wechslern in die Sozialtarife aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten im Zuge der Corona-Pandemie ist bislang ausgeblieben“, so Alexander Kraus, Fachkoordinator Krankenversicherung der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH und Autor der Untersuchung. So stieg die Anzahl der Versicherten sowohl im Standard- als auch im Basistarif nur um rund 2 Prozent auf 53.900 beziehungsweise 34.300 Personen. Im Notlagentarif sei sogar ein Rückgang von 5,2 Prozent auf 83.500 Versicherte zu verzeichnen, so Assekurata. Eine verstärkte Rückkehr in die GKV durch Einsetzen der Versicherungspflicht sei anhand der Zahlen nicht zu beobachten, so das Analysehaus weiter. „Mögliche Ursachen könnten daher eher die erhöhte Zahlungsbereitschaft der Versicherten sein, um den Versicherungsschutz aufrecht zu erhalten, und auch das Entgegenkommen der Versicherer durch großzügige Stundung der Beiträge und Umstufungsmöglichkeiten in günstigere Tarife mit Rückkehrrecht sein“, so die Einschätzung von Assekurata.

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PKV: Zugangsprobleme in der Vollversicherung

Erstmals seit 2018 verzeichnet die PKV-Branche wieder mehr Zugänge aus der GKV als Abgänge - sogar mit leicht steigender Tendenz, wie die Analysten schreiben. Dennoch bleibt ein Nettobestandsverlust von etwa 9.000 Versicherten. „Die Versicherer mit positivem Wachstum sind überwiegend im Beihilfegeschäft tätig und dort gut aufgestellt“, ergänzt Kraus.

Schwächelt die Vollversicherung, lenkt das den Fokus auf die Krankenzusatzversicherung, so Assekurata. Auch 2021 konnte dieser Markt Zuwächse in Höhe von 4 Prozent verzeichnen. ‚Verkaufsschlager‘ in diesem Bereich sind weiterhin Zahnzusatzversicherungen. Die hohen Zuwächse führte Assekurata allerdings auf die betriebliche Krankenzusatzversicherung (bKV) zurück. Trotz coronabedingter Zurückhaltung auf Arbeitgeberseite sei weiterhin ein hohes Wachstum zu beobachten. Zu dem Erfolg der bKV schreiben die Analysten: „Positiv wirkte sich hierbei mit Sicherheit aus, dass die bKV seit 2019 als Sachlohn steuerfrei ist und die Freigrenze für Sachleistungen zum 01.01.2022 von 44 € auf 50 € angehoben wurde. Hier steht die bKV jedoch im Wettbewerb zu anderen steuerfreien Sachlöhnen, weshalb erste Forderungen im Markt lauter werden, dass die bKV – auch im Sinne der Nachhaltigkeit – als eigener Durchführungsweg implementiert werden sollte. Unterstützt wird diese Forderung durch den Umstand, dass die Absicherung im Pflegefall auch im Rahmen der bKV eine immer größere Rolle spielt, was die Chance bietet, größere Kollektive abzusichern.“

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Corona sorgt für Leistungsanstieg beim Krankentagegeld

Insgesamt zogen die gesamten Leistungsausgaben nach einem coronabedingten Tief 2020 wieder um 2,1 Prozent an und lagen 2021 bei ca. 31,4 Milliarden Euro. Besonders deutlich war dieser Anstieg im Bereich Krankentagegeld. „Es bleibt abzuwarten, ob die erwarteten Nachholeffekte einsetzen, also während der Pandemie verschobene Krankenhausaufenthalte oder Behandlungen nachgeholt werden und die Leistungsausgaben merklich beeinflussen“, erläutert Kraus. „Ebenso gilt es, das Thema Long-Covid und dessen Auswirkungen weiter im Auge zu behalten. Bislang konnten die Versicherer hauptsächlich den Leistungsanstieg im Krankentagegeld eindeutig Covid- und Post-Covid zuordnen.“

PKV trotzt schwierigen Marktumfeld

Im Zusammenspiel mit den höheren Beitragsanpassungen 2021 und der nur moderaten Steigerung der Leistungsausgaben konnte die Branche das versicherungsgeschäftliche Ergebnis insgesamt um rund 24 Prozent von 5,6 Mrd. € auf 6,9 Mrd. € steigern, so die Auswertung von Assekurata. Damit erhöhte sich as Nettokapitalergebnis von 8,8 Mrd. € auf 9,5 Mrd. €, in dessen Folge das Rohergebnis nach Steuern um beachtenswerte 36 Prozent (von 5,7 auf 7,8 Mrd. €) anstieg.

In der Kapitalanlage setzen die Krankenversicherer zunehmend auf realwertorientierte Anlagen, gleichzeitig reduzieren sie – auch aufgrund der entspannteren pandemischen Lage – wieder den Anteil festverzinslicher Wertpapiere, so die Beobachtung der Analysten. „Ansonsten hatte die Pandemie kaum Einfluss auf die Bonitätsstruktur der Rentenportfolios, die nahezu unverändert blieben“, heißt es bei Assekurata.

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Beitragsanpassungen 2022: Moderat

Die solide Ertragslage erlaube es den PKV-Unternehmen, kontinuierlich Mittel in die RfB einzuführen und damit ein Reservepolster für Beitragsanpassungen aufzubauen, schreiben die Analysten. Sie belegen diese Einschätzung mit der gesteigerten RfB-Zuführungsquote. Betrug diese 2020 noch 10,6 Prozent, kletterte sie 2021 branchenweit auf ca. 13,5 Prozent. Gleichzeitig nahm die RfB-Entnahmequote von 17,5 Prozent auf ca. 10,2 Prozent ab.

„Die Unternehmen nutzen die RfB-Mittel zunehmend dazu, Beitragsanpassungen zu limitieren. Trotzdem liegt die RfB-Quote mit 34,2 Prozent weiterhin auf einem hohen Niveau“, stellt Abdulkadir Çebi, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata, fest. Nach den hohen Beitragsanpassungen 2021 fielen die von Assekurata beobachteten Beitragsanpassungen 2022 mit 3,8 Prozent in der Vollversicherung ohne Beihilfe und 1,6 Prozent in der Beihilfe insgesamt wieder moderater aus.

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Stabile Lage der PKV darf nicht über Ungewissheiten hinweg täuschen

„Trotz der auf den ersten Blick guten Situation der PKV-Branche hat diese mit einigen Ungewissheiten zu kämpfen. Die Corona-Pandemie ist weiterhin nicht vorbei und Auswirkungen von Long-Covid noch nicht prognostizierbar “, fasst KV-Experte Kraus die Ergebnisse zusammen. „Ebenso wenig lassen sich verlässliche Prognosen über die Kapitalmarktentwicklungen abgeben. Der Druck auf die Beitragsstabilität durch Niedrigzinsen dürfte angesichts der erwarteten Steigerung im Zinsumfeld für eine gewisse Entlastung sorgen. Zusätzlich bleiben jedoch die Folgewirkungen des Ukraine-Kriegs auf die gesamtgesellschaftliche Situation und damit verbunden die Zahlungsbereitschaft für Versicherungen unklar“, so Kraus weiter.

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