Die Allianz macht Schluss mit der Allianz Deutschland - schon bis zum Jahresende sollen die wichtigsten Strukturen in den Mutterkonzern integriert sein. Schon jetzt deuten sich Auswirkungen auf Teams und Vorstände ab, so berichtet das Handelsblatt am Dienstag aus Konzernkreisen.

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Demnach soll es künftig nur noch drei Kernbereiche Sach, Leben und private Krankenversicherung für das operative Geschäft geben. Die Zeichen stehen auf Verschlankung der Strukturen. So sollen alle Kernfunktionen der Allianz Deutschland in die jeweilige Versicherungssparte wandern. Das gelte auch für die Produktentwickler, deren Rolle im Konzern aufgewertet werde — vor allem mit Blick auf den internationalen Wettbewerb. Die Sparten-Vorstände bekommen mehr Eigenverantwortung. Bildlich soll aus dem Supertanker ein wendiges Schnellboot werden.

Das Leben-Geschäft soll künftig ausschließlich von Stuttgart aus gesteuert werden: und zwar weltweit. Bisher teilten sich noch die Zuständigkeiten für die Lebensversicherung zwischen der Schwabenstadt und dem Hauptsitz der Allianz in Unterföhring bei München auf. Das bedeute auch mehr Macht für Leben-Chef Andreas Wimmer. Ziel sei es, skalierbare und weltweit konkurrenzfähige Lebensversicherungen zu entwickeln. Um Antworten auf die Niedrigzins-Phase zu finden, die nach neuen Produktlösungen verlangt, soll auch die Innovationswerkstatt der Schwäbischen Konzerntochter aufgewertet werden.

Allianz-Chef will mehr Homeoffice und weniger Büros

Bereits während der Corona-Pandemie hat Oliver Bäte zudem verkündet, dass er verstärkt auf Homeoffice setzen will. Aktuell arbeiten rund 80 Prozent der Beschäftigten in ihren eigenen vier Wänden, wie der Allianz-Chef vor wenigen Tagen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ verriet. Man habe damit gute Erfahrungen gemacht.

Die Konsequenz: Künftig benötigt Europas größter Versicherer auch weniger Büros und Immobilien. So soll zwar die Leben-Zentrale in das neu erbaute Bürogebäude in Vaihingen nahe Stuttgart ziehen: dort aber nur die Hälfte der 4.500 Büros beanspruchen. Darüber hinaus wolle die Allianz zwei von -ursprünglich geplanten- fünf Bürokomplexen nicht beziehen.

Die Sach- und Krankensparte soll weiterhin von der Firmenzentrale in Unterföhring gesteuert werden, berichtet das "Handelsblatt". Mit ähnlichen Veränderungen: Aufwertung der Produktentwicklung, stärkere internationale Ausrichtung. Auch die Forschung an künstlicher Intelligenz soll gestärkt werden.

Strikter Reformkurs

Damit hält Konzernchef Oliver Bäte an seinem strengen Reformkurs fest. Schneller, einfacher und digitaler soll Europas größter Versicherer werden.

Bereits im November 2019 gab es Gerüchte, er wolle die Allianz Deutschland AG zerschlagen und in den Mutterkonzern integrieren. Mehrfach hatte der reformfreudige Allianz-Chef die Komplexität im Konzern beklagt. Viele Landesgesellschaften agierten nebeneinander, oft mit eigenen Policen, eigener Verwaltung, eigener Schadenabwicklung: und eigenen Vorständen. Bäte aber will einheitliche und standardisierte Produkte verkaufen: europa-, wenn nicht gar weltweit. Testlabor für entsprechende Produkte ist der Direktversicherer Allianz Direct, der 2019 an den Start ging.

Allianz Deutschland AG schuf "mehr Bürokratie und andere Probleme"

Gegenüber Börse Online hat sich der frühere Allianz-Vorstand Reiner Hagemann zu Wort gemeldet: der das Aus der Deutschland AG begrüßt und sich in früherer Kritik bestätigt sieht.

Die Gründung der Allianz Deutschland AG im Jahr 2005 habe „mehr Bürokratie und andere Probleme“ geschaffen als gelöst, sagte Hagemann. Wie er dem Portal berichtet, habe er 2005 auch wegen der neuen Allianz Deutschland den Konzern im Streit verlassen: und gewarnt, dass damit eine neue Zwischenebene geschaffen werde, die doppelte Strukturen etablierte. „Man muss sich mal vorstellen: Es gab zusätzlich einen zwanzigköpfigen Aufsichtsrat, und die Aufsichtsräte der Tochtergesellschaften blieben gleichzeitig bestehen“, sagte der Manager.

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Positiv immerhin für die rund 13.000 Mitarbeiter: eine Jobabbau-Programm soll es nicht geben. Alle Mitarbeiter werden gebraucht, positionierte sich die Allianz Gruppe am Dienstag.

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