„Alle zwölf bisherigen, die Allianz betreffenden Urteile, bestätigen unsere Rechtsauffassung, dass Betriebsschließungen durch/mit COVID-19 in unseren Verträgen nicht versichert sind.“ Dieser Satz wird weiterhin Bestand haben. Denn die Allianz einigte sich auch mit dem Besitzer des Münchener Nobel-Italiners „Guido al Duomo“.

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Zuerst berichtete die WirtschaftsWoche über die Einigung: „Die Anwälte der Allianz haben mich kontaktiert, dann haben wir uns geeinigt,“ so Rechtsanwalt Dr. Günther Heinicke gegenüber der Zeitung. Heinicke, der den Kläger Guido Schweighart vertritt, ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, aber auch Versicherungsmaklerrecht zählt zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten. Im Gegensatz zu einigen seiner Kollegen beschritt er einen anderen Klageweg und reichte seine Klage bei der Handelskammer des Landgerichts München ein. Der Unterschied zu Zivilkammern: Neben dem Berufsrichter sind auch Kaufleute als Laienrichter eingesetzt. Und: Mitunter fallen Entscheidungen dort schneller, weil diese Kammern nicht ganz so überlastet sind.

„Von einem Kaufmann kann man erwarten, dass er ins Gesetz schaut“

Dieser Schritt schien zeitweise der falsche gewesen zu sein, denn der zuständige Richter wischte eines der Kläger-Argumente hinweg. So hatte die Zivilkammer des Landgerichts München I im „Nockherberg-Fall“ die Allianz-Bedingungen als intransparent bezeichnet. Warum, wurde vom Landgericht München in einem Fall deutlich, wo es um Bedingungen der Versicherungskammer Bayern ging. Dort hieß es in der Urteilsbegründung: „Um den wahren Gehalt des Versicherungsschutzes zu erfassen, müsste der Versicherungsnehmer letztlich die Auflistung in § 1 Ziffer 2 AVB Wort für Wort mit der aktuellen geltenden Fassung des IfSG vergleichen. Eine Klausel, deren Tragweite nur durch den Vergleich mit einer gesetzlichen Vorschrift erkennbar sei, die aber dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer dieser Versicherung nicht bekannt sei, sei intransparent.“

Dieses Argument ließ die Handelskammer des Landgerichts München einem Bericht der Süddeutschen Zeitung nach, nicht gelten: Von einem Kaufmann könne man schon erwarten, dass er ins Gesetz schaut, hieß es vom vorsitzenden Richter Martin Scholz.

Die Handelskammer fokussierte hingegen auf die Ausschluss-Klausel mit Prionenerkrankungen. Dort wird COVID-19 nicht erwähnt. Nach ersten Beratungen vertrat die Handelskammer die Auffassung, dass dann die Virus-Erkrankung vom Versicherungsschutz erfasst sei. „Wir sehen einen Versicherungsfall“, zitierte die SZ Richter Martin Scholz.

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Und das wiederum ist wohl der Schlüsselsatz, der die Allianz an den Verhandlungstisch bringt. Wie bei solchen Einigungen üblich, wurde über die Summe Stillschweigen vereinbart.

GDV: „Pandemien hebeln Versicherungsprinzip aus“

Erst am Mittwoch bezog auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erneut Stellung zu dem Thema. Auf der Jahresmedienkonferenz des Verbands sagte dessen Präsident Dr. Wolfgang Weiler, dass die Betriebsschließungsversicherung nie für globale Pandemien oder bewusste politische Entscheidungen wie einen Lockdown konzipiert waren. „ Vor allem Gastwirte und Hoteliers haben uns unter anderem vorgeworfen, dies in den Bedingungen nicht eindeutig genug formuliert zu haben. Das hat zweifellos Spuren beim Image unserer Branche hinterlassen und wir nehmen die Kritik sehr ernst“, so Weiler. Er bekräftigte aber auch, dass Pandemien das Versicherungsprinzip aushebeln würden und deshalb nicht rein privatwirtschaftlich zu versichern seien. „Das entbindet uns aber nicht von der Pflicht, über den Tellerrand hinaus zu denken“, so Weiler.

Kapitalstock in zweistelliger Milliardenhöhe

Nach Vorschlägen des Verbands sollten künftig von Pandemien betroffene Wirtschaftsteile durch eine Public Private Partnership zwischen Versicherungswirtschaft und Staat unterstützt werden. „Konkret schlagen wir eine rechtlich eigenständige Einrichtung mit einem Kapitalstock in deutlich zweistelliger Milliardenhöhe vor. Dieser Kapitalstock speist sich aus Beiträgen der Wirtschaft, Leistungen von Erst- und Rückversicherern sowie Finanzmitteln aus Kapitalmarktinstrumenten. Dies wären beispielsweise Katastrophenanleihen, die im Pandemiefall fällig würden. Erst wenn dieser Kapitalstock aufgebraucht ist, würden zusätzliche staatliche Mittel abgerufen“, konkretisierte Weiler.

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BSV-Komplex längst nicht ausgestanden

Doch während Weiler und der GDV ihren Blick nach vorn richten, ist den aktuell Betroffenen nicht geholfen. Wie die WirtschaftsWoche weiter berichtet, sollen am Landgericht München erste Klagen wegen ‚Sittenwidrigkeit‘ gegen den im Frühjahr ausgehandelten ‚Bayerischen Kompromiss‘ eingegangen sein. Die Kanzlei Dr. Heinicke, Eggebrecht & Partner mbB, die den Münchener Restaurantbetreiber vertrat, riet in den meisten Fällen dazu, diesen Kompromiss nicht einzugehen.

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