“Sie wissen selbst am besten, was Sie brauchen“ - mit Slogan wie diesen bewirbt die BILD aktuell ein Produkt namens „Volks-Rente“. Damit die Bürgerinnen und Bürger auch fleißig abschließen, ist die Kampagne eingebettet in eine Reihe Advertorials: Werbeanzeigen, die den Eindruck vermitteln, dass es sich um sauber recherchierte Artikel handelt. Doch nicht nur Deutschlands größtes Boulevardblatt rührt fleißig die Werbetrommel. Auch die Sparkassen preisen die Verträge an, als Werbegesicht konnte Sophia Thomalla gewonnen werden: Wer abschließt, erhält zudem einen Amazon-Gutschein. Darüber hinaus ist der Tarif auch direkt online abschließbar.

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So prominent beworben, meldet sich nun die „Stiftung Warentest“ zu dem Produkt zu Wort. „Was taugt die Volks-Rente?“, ist der Artikel überschrieben, und das Fazit der Hauptstädter ist kein positives. „Besser keine Volks-Rente abschließen“, schreiben die Tester - und nennen Gründe, weshalb andere Produkte aus ihrer Sicht vorzuziehen sind.

Hybrid-Produkt der Neue Leben

Bei der „Volks-Rente“ handelt es sich um ein Hybrid-Produkt der Neue Leben. Der Hamburger Vorsorgeanbieter kooperiert mit zahlreichen Sparkassen, die teils auch Anteile an den -nicht börsennotierten- Aktien des Unternehmens halten. Das begründet auch, weshalb die „Volks-Rente“ in Sparkassen-Filialen angeboten wird. Größter Anteilseigner ist aber eine Tochter der HDI.

Wer die „Volks-Rente“ abschließen will, kann dies als „klassische“ Rentenversicherung mit Garantiezins und einer defensiven Anlagestrategie - oder als fondsgebundene Rentenversicherung. Die Neue Leben erlaubt auch Kombinationen aus beiden Varianten. Die Aufteilung der Beiträge könne jederzeit geändert werden. Auf Wunsch seien Zuzahlungen, Entnahmen oder Beitragsanpassungen jederzeit möglich, verspricht der Anbieter.

Während klassische Garantieprodukte ohnehin als Auslaufmodell gelten und aktuell aufgrund des Niedrigzinses wenig Renditechancen haben, findet die „Stiftung Warentest“ bei dieser Variante der „Volks-Rente“ weitere Kritikpunkte. So seien die Vertriebskosten bei diesem Produkt vergleichsweise hoch und der Anlageerfolg des Versicherers sei eher gering. Genaue Zahlen nennt die Stiftung nicht - verweist aber darauf, dass ein vergleichbares Produkt der „Neue Leben“ in einem Produktvergleich nur mit „ausreichend“ abgeschnitten habe. Mit anderen Worten: Nach den Maßstäben der eigenen Tests gebe es bessere Produkte im Markt.

Auch die zweite Anlage-Variante findet nicht den Wohlwollen der Tester. Bei einer Fondsrente komme es darauf an, dass der Versicherer eine „breite Auswahl an guten Fonds“ anbiete. Dies sei hier nicht der Fall. Besonders stört die Stiftung, dass nur aktiv gemanagte Fonds im Produkttopf sind - viele Fonds der DEKA, das Wertpapierhaus der deutschen Sparkassen-Finanzgruppe. Hier seien passive Anlagen in ETFs vorzuziehen, da sie kostengünstiger seien. Eine zumindest diskutable Empfehlung.

Was bedeutet „kostengünstig“?

Auf die Finger bekommt jedoch auch die BILD aufgrund ihrer Werbestrategie. So wird für die „Volks-Rente“ mit der Aussage geworben, dass sie „besonders günstig“ sei - und speziell jungen Menschen einen sehr günstigen Einstieg in die Altersvorsorge ermögliche. Die Webseite bild.de verspricht: „Je früher, desto güns­tiger: Sie sind jünger als 28 Jahre? Dann können Sie die Volks-Rente bereits mit einem Beitrag von 25 Euro im Monat abschließen.“

“Die Tatsache, dass unter 28-Jährige das Produkt schon mit 25 Euro Monats­beitrag abschließen können, sagt natürlich nichts darüber aus, wie günstig das Produkt ist“, kritisiert Stiftung Warentest. „Wer glaubt, dass geringere Beiträge mit geringeren prozentualen Kosten einhergehen, irrt. Im Gegen­teil: Je geringer die Beiträge dieses Tarifs sind, desto höher sind die tatsäch­lichen Kosten in Prozent des Beitrags“.

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Die Kritik geht noch weiter: Während die BILD die vermeintlichen Vorteile des Produktes breit anpreist, erfahre der abschlusswillige Kunde bzw. die Kundin nichts über die Kosten des Vertrages, bemängeln die Tester. Erst nachdem die Bank- und Kontaktdaten ausgefüllt wurden, werden die Interessierten über die Kosten informiert. Zu ergänzen wäre: Auch die Vertragsbedingungen sind bei Direktabschluss erst einsehbar, nachdem alle persönlichen Daten eingegeben wurden.

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