Statt eines Streitwerts in Höhe mehrerer tausend Euro erstritt der klagende Mieter nur einen Betrag in Höhe von 49,31 Euro. Denn der Versicherer hatte einen offenen Materialposten nicht beglichen.

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Im Übrigen aber wurde die Klage abgewiesen. Zudem muss nun die Eigentümergemeinschaft zusätzlich die Kosten des Rechtsstreits tragen. Wie aber begründet sich, dass die Wohngebäudeversicherung für die meisten Kosten nicht einstehen muss?

Wichtiger Unterschied in den VGB: "zerstörte" und "beschädigte" Sachen

Dem Urteil des Landgerichts zugrunde liegen allgemeinen Wohngebäude- Versicherungsbedingungen (VGB) in der Fassung von September 2009. Diese unterscheiden streng zwischen „zerstörten“ Gebäuden oder Sachen und „beschädigten“ Gebäuden oder Sachen:

  • Gemäß Ziffer 26.1 dieser Bedingungen wird bei „zerstörten“ Sachen „der Versicherungswert" bei Eintritt des Versicherungsfalles ersetzt.
  • Bei „beschädigten“ Sachen hingegen werden "die notwendigen Reparaturkosten“ ersetzt zuzüglich „einer durch die Reparaturkosten nicht auszugleichenden Wertminderung.“

Optische Einbußen dürfen Mietern zugemutet werden

Die Kläger-Seite freilich wollte geltend machen: Eine Neuverfliesung wäre deswegen „notwendig", weil die beschädigten Fliesen aus den siebziger Jahren stammen und nicht mehr als Standard auf dem Markt erhältlich sind. Ein Auswechseln nur weniger Fliesen mit Fliesen einer fremden Sorte hätte demnach zu optischen Einbußen geführt, die einem Mieter nicht zugemutet werden können. Das Landgericht jedoch urteilte anders.

Hierfür spielte es nicht mal eine Rolle, dass ein Gutachten zeigte: Über den Spezialhandel mit Restbeständen sind die Fliesen dennoch auch aktuell erhältlich. Wichtiger für die Urteilsgründe ist: Optische Einbußen durch eine Reparatur dürfen einem Mieter durchaus zugemutet werden.

Für Einstandspflicht gilt ein nicht versicherter Gebäudeeigentümer als Maßstab

Denn die Kostenübernahme für die Reparatur einer Sache bedeutet nicht, dass deren Originalzustand wieder hergestellt werden muss – auch eine Wertminderung kann in Kauf genommen werden. Statt für den Totalersatz leistet der Versicherer dann in der Summe nur für Reparatur und Wertminderung. Bei den Reparaturkosten gilt hierbei ein „verständiger, nicht versicherter Gebäudeeigentümer“ als Maßstab für die Einstandspflicht.

Ein solcher nicht versicherter Gebäudeeigentümer aber würde bei einzelnen beschädigten Fliesen keine komplette Neuverfliesung wählen. Führt eine Erneuerung aller Fliesen doch zu überproportional hohen Reparaturkosten – das Gericht bezeichnet eine derartige Maßnahme als „Luxusaufwand“. Für einen solchen Luxusaufwand aber muss der Versicherer nicht leisten.

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Anders würde es sich nur verhalten, sobald der Versicherungsnehmer einen Totalschaden beweisen kann – dann nämlich müsste der Versicherer auch für eine Neuverfliesung leisten. Das aber gelang dem Kläger vor dem Landgericht in Münster nicht.

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