Rainer Brand: Das Coronavirus wird sicherlich nicht nur bei uns zu einem beschleunigten Kulturwandel führen. Der Trend geht schon seit Jahren zum mobilen Arbeiten und die Herkulesaufgabe, die nötigen Strukturen zu schaffen, wurde nun gestemmt. Diese nach der Krise verfallen zu lassen, wäre sehr fahrlässig. Gerade junge, gut ausgebildete Arbeitskräfte legen viel Wert auf flexible Arbeitsmodelle, die eine Planbarkeit von Büro und Familie ermöglichen. Wir tragen dem schon lange Rechnung, indem wir nicht nur entsprechende Arbeitszeiten für Eltern anbieten und die Priorisierung klar auf die „Kindernotfälle“ legen, sondern auch eine Elterngruppe mit regelmäßigem Erfahrungsaustausch mit dem Vorstand eingerichtet haben.

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Im Unfallbereich dürfte die Absicherung hier schon vorhanden sein. Denn neben den Berufsgenossenschaften sind es doch gerade die privaten Modelle, die 24/7 weltweit Schutz gewähren. Wer bei den Kunden punkten möchte, kann hier eventuell über Präventionsförderung nachdenken, dieses Feld muss man ja nicht nur den Krankenkassen überlassen.

Auch Cyberrisiken lassen sich schon für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen versichern. Was sicher spannend wäre, ist eine Bündelung zu einem neuen Produkt. Ich denke hier spontan an eine „Homeoffice Versicherung“. Was sind denn die wirklichen Risiken? Klar: Unfälle, Datenschutzverletzungen und Datenverlust durch Virenbefall sind da Thema. Aber der umgekippte Kaffeebecher auf dem Notebook des Arbeitgebers stellt ein echtes Problem dar, das sicher durch die meisten Privathaftpflichtversicherungen nicht gelöst wird. Denkt man dann noch an Verknüpfungen verschiedener Sparten, etwa unsere digitale Reisegepäckversicherung auf Blockchain-Technologie für die Absicherung auf Dienstwegen und -Reisen, kommen wir in ein Gedankenspiel, das auch für uns interessant ist.

Welche Rückmeldungen erhalten Sie aktuell von kooperierenden Gesellschaften und Versicherungsmaklern infolge der Coronapandemie? Mit welchen Fragen und Problemen treten diese an Sie heran?

Wir sind extrem dankbar, dass uns kaum Probleme und Anfragen erreichen, die vom Standard abweichen. Selbst Stundungsanfragen stellen bei uns derzeit die Ausnahme dar. Dasselbe gilt, zumindest bisher, für das Neugeschäft. Hier hatten wir mit spürbaren Rückgängen gerechnet, können diese jedoch nicht feststellen. Wo akute Bedarfe existieren, suchen wir gemeinsam Lösungen. Die Regierung propagiert das „Fahren auf Sicht“. Dies bewährt sich für uns ebenfalls.


Der BVK hat einen Art Schutzschirm für Versicherungsvermittler gefordert. Dabei können Vermittler - im Gegensatz zu vielen anderen Berufen - auch von daheim den Kontakt zu ihren Kundinnen und Kunden suchen und sind auch durch Bestandsprovisionen eher abgesichert. Erwarten Sie, dass nun viele Vermittlerbüros existentielle Probleme bekommen könnten?

Bisher hören wir von unseren Vertriebspartnern fast nur positive Signale. Die hohen Bestandsprovisionen, die sich ja insbesondere bei den Sachversicherungen finden, stellen hier sicherlich einen wichtigen Baustein dar. Es würde uns natürlich sehr freuen, wenn sich hier in Zukunft noch mehr Vermittler eine Expertise aufbauen, um über eine gute Mischung im Produktportfolio auch eine Krisensicherheit herzustellen. Wir weisen seit jeher unermüdlich darauf hin, dass die Sachsparte in entsprechender Größe einen fest kalkulierbares „Grundeinkommen“ durch den Kundenstamm sichert.

Sie treten auch als Bildungsdienstleister auf, unter anderem mit Webinaren. Erwarten Sie Auswirkungen der Coronakrise auf die Weiterbildung von Vermittlern?

Gut ausgebildete und kompetente Vermittler sind unser wichtigster Kontaktkanal zum Kunden – und das ausdrücklich deutlich über den Vertragsschluss hinaus. Ein Makler vor Ort, der mit Expertise im Schadenfall punktet und bei Bedingungswerkumstellungen auskunftsfähig gegenüber dem Kunden ist, wird auch in Zukunft nicht digital zu ersetzen sein. Mit dem entsprechenden Fachwissen sorgen die Makler dafür, dass alle Beteiligten im Leistungsfall schnell und unkompliziert ans Ziel kommen.


Natürlich sehen wir es da als unsere Pflicht an, für die nötige Sachkenntnis zu sorgen. Unsere Webinare sind deswegen keine reinen Vertriebsschulungen, sondern beinhalten praktische Themen, die tiefe Einblicke in die beratungsrelevanten Hintergründe bieten. Auch auf spontane Marktentwicklungen reagieren wir hier, so haben wir Ende März ausgiebig zum Thema „Kundenbetreuung während der Corona-Krise“ geschult. Vor allem deswegen nehmen in der Regel über 1.000 Vermittler alle zwei Wochen an unseren Angeboten teil.


Wir rechnen fest damit, dass digitale Weiterbildung ein größeres Thema wird und sehen uns hier durch die langjährige Erfahrung sehr gut aufgestellt. Den persönlichen Kontakt soll das jedoch nicht ersetzen, weswegen wir auch an neuen, persönlichen Formaten arbeiten.

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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