„Von wenigen Ausnahmen abge­sehen, haben die beteiligten Sparkassen Lauf­zeiten von 25 oder 30 Jahren angegeben“, berichtet das Magazin Finanztest, das die Sparverträge seit Anfang der Nullerjahre beobachtet und wiederholt darüber berichtete. „Sie allein bestimmen, wie lange Sie sparen wollen“, hieß es zudem in vielen Prospekten.

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Vertragsklausel: Niedrigzins als "sachgerechter Grund"

Dennoch sind die Kündigungen rechtskräftig, entschied der BGH. Und verwies auf eine Klausel in den Allgemeinen Vertragsbedingungen der Sparkassen. Darin heißt es: Soweit weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart sind, können der Kunde und bei Vorliegen eines sachgerechten Grundes auch die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen“.

Ein sachgerechter Grund liege vor, sobald die Kündigung aus kaufmännischer Sicht nachvollziehbar sei, schreibt das Finanz Colloquium Heidelberg (FCH) mit Blick auf das Urteil. Umstritten ist der Richterspruch dennoch, weil die Sparkassen ja explizit mit längeren Laufzeiten von 25 Jahren aufwärts geworben und diese auch in Prospekten genannt hatten. Aussagen in den Broschüren seien "lediglich werbende Anpreisungen" und eben kein Vertragsbestandteil gewesen, entschied der BGH. Ein Urteil, das anderen Entscheidungen der letzten Jahre zu Prospekt- und Beratungshaftung zuwider läuft.

Trotz des Urteils raten sowohl die Verbraucherzentralen als auch die Stiftung Warentest den Kunden, die Kündigungen nicht einfach zu akzeptieren. Stattdessen empfehle es sich, diese genau zu prüfen. Zum einen gibt es Policen, bei denen tatsächlich eine längere Vertragslaufzeit festgelegt ist: Diese dürfen eben nicht ohne weiteres von den Instituten abgestoßen werden. Zum anderen muss die höchste Sparstufe wenigstens einmal ausgeschöpft wurde. Wenn die letzte Prämienstufe noch nicht erreicht ist, dürfen Banken den Vertrag ebenfalls nicht kündigen, wie mehrere Urteile belegen (OLG Dresden, Az. 8 U 1770/18 und Land­gericht Stendal Az. 22 S 104/18).

Rechtsstreit um falsch berechnete Zinsen

Weiterhin für Ärger sorgen auch vermeintlich falsch berechnete Zinsen bei diesen Sparverträgen, viele frustrierte Kunden ziehen vor Gericht. Kein Einzelfall, wie der Versicherungsbote bereits berichtete: zehntausende Sparer dürften zu wenig Zins erhalten haben. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) listet aktuell knapp 140 Institute auf, die den Kunden mutmaßlich einen zu geringen Zinssatz berechnet haben. Darüber hinaus führt die Verbraucherzentrale Sachsen aktuell Musterfeststellungsklagen gegen die Erzgebirgs-Sparkasse und die Sparkasse Leipzig. Bei einer Stichprobe von 350 untersuchten Verträgen stellten die Verbraucherschützer einen durchschnittlichen Fehlbetrag von 6.000 Euro fest.

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Das Problem: Die Sparkassen beriefen sich bei den Sparverträgen auf eine Klausel, die es erlaubt, fallende Zinsen schneller an den Kunden weiterzugeben: zu dessen Nachteil. Der Bundesgerichtshof (BGH) erklärte die Klausel in mehreren Urteilen für unwirksam (u.a. BGH-Urteil vom 17.02.2004, AZ: XI ZR 140/03 sowie BGH-Urteil vom 14.03.2017, XI ZR 508/15). Sie sei nicht nur intransparent, sondern orientiere sich zudem am falschen Referenzzins: statt langjährigen Anleihen wie vom Gesetzgeber vorgegeben rechneten die Geldhäuser auch kurzfristige Papiere ein (der Versicherungsbote berichtete).

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