Der Grund ist genau die Größe und das, was ich mithilfe der AIA als Plattform potenziell bewirken kann. AIA bietet mir die Möglichkeit, Einfluss auf die Leben unserer 30 Millionen Kunden in 18 Märkten zu nehmen. Das ist eine äußerst spannende Chance. Ich bin aufrichtig davon überzeugt, dass wir uns in einer sehr interessanten Zeit bewegen, in der sich die grundlegende Natur eines Lebensversicherers deutlich wandelt – nämlich von einem reinen Geldauszahler zu einem lebenslangen Partner, der die Gesundheit und das Leben unserer Versicherungskunden unterstützt. Ich glaube aber auch, dass die Lebensversicherungsindustrie auf absehbare Zeit nicht revolutioniert werden wird, und das aus folgendem Grund: die sehr geringe Kauffrequenz des Produkts. Die Macht der Digitalisierung entfaltet ihre größte Wirkung bei Dingen, die häufig verkauft werden, wie Reisen oder Konsumartikel auf Amazon oder ähnliches. So wie Lebensversicherungen heute noch beschaffen sind, ist das nicht der Fall.

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Wie sieht Ihrer Meinung nach die zukünftige Entwicklung aus?


Wir können durch die Digitalisierung einen hohen Mehrwert erzielen, allerdings hat das nur eine begrenzte Wirkung. Was wir tun können, ist, die Art des Engagements zu verändern. Engagement entsteht, wenn wir Ihnen im Krankheitsfall Geld auszahlen, oder wenn Sie an einer längeren oder chronischen Krankheit leiden und ein engagierterer Partner für den Erhalt oder die Wiederherstellung Ihres gesunden Lebens werden. Die Chance, dass digitale Angebote eine größere Wirkung entfalten werden, ist groß. Man muss sich nur einmal die Fundamentaldaten ansehen: Asiens Mittelschichts wird weiter wachsen. Diese Mittelschicht wird die Mehrheit der neu entstehenden weltweiten Mittelschicht stellen, die mit zunehmendem Wohlstand auch mehr Schutz für ihre Familie anstrebt. AIAs Wettbewerbsvorteil liegt in unserem extrem robusten und wettbewerbsfähigen Vertrieb, getragen von einem hoch disziplinierten Agenturmanagement und neuen Partnerschaften mit unseren Bank- beziehungsweise Telekommunikationspartnern, aber auch anderen nichttraditionellen Partnern, sowie unserem Fokus auf Gesundheit und Wohlbefinden.



Können Sie uns ein wenig über die Strategie erzählen, mit der Sie dieses Ziel verfolgen?

Wir haben vier strategische Bereiche identifiziert, auf die wir im Rahmen dieser Innovationsinitiative fokussieren wollen. Erstens die Digitalisierung des Vertriebs. Zweitens Kundenengagement und Ökosystem. Drittens die Weiterentwicklung unseres Wertangebots hauptsächlich im Zusammenhang mit Gesundheitstechnologie. Und viertens künstliche Intelligenz und Data Analytics. Wir suchen nach Unternehmen, die bereit sind, eine Basis in Asien zu schaffen, um uns angemessen zu unterstützen, die robuste Technologien und Lösungen anbieten und mit anderen Ländern in unseren 18 Märkten kooperieren, um die Vision, die ich Ihnen gerade präsentiert habe, Wirklichkeit werden zu lassen.“

Die Skalierung von Insurtech-Innovationen in Kooperation mit traditionellen Versicherungsunternehmen scheint schwierig zu sein. Nachdem Sie auch die andere Seite kennen, verfolgen Sie als erfahrener Unternehmer vermutlich einen anderen Ansatz als ein etablierter Versicherungskonzern ....
Daisuke: „Ich bin nicht daran intessiert, Innovation zu einem Selbstzweck zu machen. Ich will nur auf Dinge fokussieren, die echte Wirkung zeigen, und mit Wirkung meinen wir etwas, das Einfluss auf unsere Marktkapitalisierung von 120 Milliarden US-Dollar hat. Mir ist klar, dass Innovation nicht in einem isolierten Labor oder einem isolierten Konzernbüro geschehen kann. Innovation muss in strategische Prioritäten eingebettet sein, sie muss marktgetrieben sein und von den Ländern in ihrem tagtäglichen Wirtschaftsgeschehen vorangetrieben werden. Um das zu unterstützen, brauchen wir ein klares Budget. Wir müssen in enger Übereinstimmung mit unserem internen Technologieteam agieren, um reale Geschäfte aufzubauen und zu bewerten, und natürlich muss es einen Wandel in der Kultur und der Mentalität geben – beides Faktoren, die der Innovation und herausfordernden neuen Initiativen allzu oft im Weg stehen.



Wie gehen Sie in Ihrer aktuellen Rolle als CDO mit diesen Herausforderungen um?

Wie schon erwähnt, glaube ich, dass wir viel tun können, um unsere Vertriebspartner, unsere Agenten, Banken und Telekommunikationspartner dazu zu bewegen, den Verkauf von Lebensversicherungen produktiver zu gestalten, um die Erfahrung unserer Kunden zu bereichern und unsere Mitarbeiter und Kollegen in die Lage zu versetzen, deutlich effizienter zu arbeiten. Vor meinem Eintritt in das Unternehmen hatte AIA bereits digitale Initiativen gestartet. Letztes Jahr haben wir zum Beispiel als Investorengruppe kollektiv eine strategische Investition von 500 Millionen Dollar in WeDoctor getätigt. Dabei handelt es sich um eine Online-Plattform für Gesundheitslösungen, die nahtlos ineinandergreifende Online- und Offline-Gesundheitsservices und die Integration von Allgemeinmedizinern und Fachärzten in China anbietet. WeDoctor hat 27 Millionen monatliche aktive Nutzer. Wir glauben, dass wir mithilfe dieser strategischen Allianz unseren Kunden neue Wertangebote unterbreiten und auf die breite Kundenbasis von WeDoctor und vielen weiteren unserer digitalen Initiativen zugreifen können.

Was glauben Sie, wie die Zukunft des Lebensversicherungsgeschäfts aussehen wird?

Ich denke an viele Dinge, die sich in der Zukunft womöglich verändern, allerdings haben mich meine zehn Jahre Erfahrung mit Lifenet Demut gelehrt, was das tatsächliche Tempo und das Ausmaß der Veränderung des Kundenverhaltens betrifft. Was sich nicht verändern wird, ist die grundlegende Beschaffenheit des Produkts Lebensversicherung als Finanzlösung für den Zukunftsschutz von Familien. Allerdings achten wir sehr aufmerksam auf viele Veränderungen, die wir um uns herum erleben und die das Kundenverhalten und die Kundenerwartungen sowie die Rolle beeinflussen, die Lebensversicherer und Nicht-Lebensversicherer möglicherweise spielen werden. Ich hoffe, Sie können die Energie spüren, die von Asien ausgeht. Die Chancen, die vor uns liegen, erfordern ein ernsthaftes Bekenntnis zur weiteren Förderung unseres Wachstums mithilfe von Technologie und Innovation.“



Aus dem Englischen übersetzt von Almuth Braun

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