Mit BIPRO ist es wie mit dem Kampf gegen den Klimawandel: alle sind sich einig, dass man etwas tun muss, aber leider tut sich nicht wirklich etwas. Woran liegt das?

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Ursache 1 – Der Einzelne ist machtlos

Um das Weltklima zu retten, müssen sich alle Staaten der Erde zusammentun und handeln. Um BiPRO zu retten, muss eine nicht ganz so breites, aber trotzdem beachtliches Bündnis zwischen aktuell 267 BiPRO-Mitgliedern zustande kommen. Und ähnlich wie im Welthandel gibt es auch hier zwischen den Mitgliedern starke Konkurrenz: die 89 Versicherer und 21 MVP- / Vergleichrechner-Hersteller kämpfen untereinander erbittert um Marktanteile.

Philipp Kanschik

Philipp Kanschik

Dr. Philipp Kanschik ist Geschäftsführer von Policen Direkt und dort verantwortlich für Technologieentwicklung und Maklernachfolge.

In einer solchen Situation steht jeder einzelne Akteur vor einem Dilemma: der eigene Beitrag zur Umsetzung der Normen zählt nahezu gar nicht, solange die 266 anderen Mitglieder nicht oder nur unzureichend handeln. Da alle so denken, kommt die Umsetzung nicht vom Fleck und keiner fühlt sich verantwortlich.

Ursache 2 – Bei den Maßnahmen pickt man sich die Rosinen heraus

Im Supermarkt gibt es immer seltener Plastiktüten, quer durch die Republik werden Windräder gebaut und die Zahl der Radwege steigt – im Kampf gegen den Klimawandel gibt es durchaus auch Erfolgsgeschichten. So ist auch bei BiPRO. Bei der Standardisierung der sogenannten TAA-Normen (Tarifierung, Angebot, Antrag) ist die Branche schon sehr weit. Warum? Weil an diesen Normen alle, die Online-Versicherungen verkaufen, ein starkes Interesse haben. Versicherer, die hier nicht mitmachen, schließen sich de facto von allen gängigen Vergleichsrechnern aus.

Viel schlechter sieht es bei der Normreihe 500 aus, die Änderungen von Bestandsdaten definiert. Diese Normreihe ist extrem wichtig für die Makler, weil sie sonst Kundendaten händisch und damit sehr personalintensiv pflegen müssen. Oder eben einfach die Kunden auf Basis inkorrekter Kundendaten beraten. Welche Chancen man bei einer nicht registrierten Namensänderung nach einer Hochzeit beispielsweise beratungstechnisch verpasst, muss ich an dieser Stelle nicht ausführen. Den Versicherern ist das hingegen nicht so wichtig und entsprechend werden knappe IT-Budgets eher in andere Projekte gelenkt.

Ursache 3 – Einige Akteure wollen gar nichts am Status Quo verändern

Im Kampf gegen den Klimawandel gibt es Akteure, die an einer sauberen Wirtschaft schlichtweg kein Interesse haben – man denke nur mal an die Ölindustrie. Solche Akteure gibt es auch in der BiPRO-Landschaft. Welches Interesse hat beispielsweise ein Direktversicherer daran, dass die Makler über gute Kundendaten verfügen? Richtig, gar keines. Entsprechend setzen sich die Direktversicherer als GDV-Mitglieder dafür ein, dass die sogenannten „GDV-Daten“ auf absehbare Zeit nicht durch eine bessere Standardisierung – also BiPRO – ersetzt werden. Obwohl alle wissen, dass die Qualität dieser Daten viel zu schlecht ist.

Aber nicht nur die Direktversicherer haben an einer Schwächung der Vermittler ein Interesse. Auch der ein oder andere Versicherer mag insgeheim gar nicht unglücklich über die langsamen Fortschritte sein. Eine Schwächung der Makler – so könnte man ja denken – eröffnet Chancen für die eigenen direkten Vertriebskanäle. Und die bevorzugt jeder Versicherer gegenüber den Maklern.

Besonders kleinere Makler haben ein Problem

Die gute Nachricht ist: was rational gut und richtig ist, wird im Laufe der Zeit auch irgendwann gemacht werden. Irgendwann wird sich die Menschheit zusammenraufen und ihren CO2-Ausstoß reduzieren. Und irgendwann wird sich auch die Versicherungsbranche zusammenraufen und BiPRO-Normen (oder etwas Ähnliches) durchsetzen.

Die schlechte Nachricht ist: das wird noch dauern und bis dahin liegt der schwarze Peter bei den Maklern: sie sind es, die mühsam Prozesse, Wissen und Ressourcen aufbauen müssen, um ihren Datensalat in den Griff zu bekommen. Denn nur wer korrekte Daten hat, kann ein gutes Kundenerlebnis bieten.

Für größere Makler wie uns ist das eine große Herausforderung, aber eine lösbare Aufgabe, denn die Kapazitäten für diese Mammutaufgabe sind vorhanden. Kleinere Makler hingegen schauen in die Röhre. Es bleibt ihnen letztlich nichts anderes übrig, als sich einen starken Partner zu suchen und damit ein Stück Unabhängigkeit aufzugeben. Doch auch hier gibt es Auswege. Aber das ist ein Thema für ein anderes Mal.

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Über den Autor: Philipp Kanschik ist Bereichsleiter für das digitale Maklergeschäft und Nachfolgelösungen bei Policen Direkt. Einerseits ist er promovierter Philosoph, Weltreisender und Gitarrist und andererseits Experte für technologiebasierte Online-Versicherungs-Plattformen sowie Maklerbestandsübernahmen. So wirft er einen ganz eigenen Blick auf die digitalen Herausforderungen der Versicherungsbranche.

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