BU-Versicherung: Leistungsregulierung als Expertendomäne

Die Berufsunfähigkeitsversicherung zählt zu jenen Versicherungen, die hohe Anforderungen stellen an Vermittlung und Leistungsregulierung. So erfolgt vor Vertragsabschluss zum Beispiel die anspruchsvolle Gesundheitsprüfung mit ihren Anforderungen auch an den Versicherungsnehmer und an beratende Vermittler – der Antragsteller muss bei schriftlicher Nachfrage alle „ihm bekannten Gefahrumstände“ anzeigen, die für den Entschluss des Versicherers erheblich sind, einen Antrag zuzulassen.

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Bei der Prüfung des BU-Leistungsanspruchs ist dann jedoch der Versicherer zur „Einschätzung komplexer Krankheitsbilder“ mit konkreten beruflichen Auswirkungen aufgefordert, wie die Experten der Agentur Franke und Bornberg darlegen. Eine keineswegs einfache Aufgabe. Um zu ermitteln, ob der Betroffene tatsächlich Anspruch auf BU-Rente hat, sind Urteile und Dokumente von Ärzten, häufig sogar von Spezialisten bestimmter medizinischer Fachgebiete notwendig. Zudem fallen mitunter Gutachten weiterer Experten sogar für nicht-medizinische Bereiche an. Die Leistungsregulierung wird so zur wichtigen Bewährungsprobe auch für die Qualität eines BU-Anbieters.

Aus diesem Grund führte Franke und Bornberg nun eine neue Studie zur BU-Leistungsregulierung durch und kündigte eine Veröffentlichung für die nähere Zukunft an. Studienergebnisse sollen jedoch zugleich mit Erfahrungen, aber auch Erwartungen und Meinungen von Vermittlerinnen und Vermittlern abgeglichen werden – eine Umfrage unter insgesamt 224 Vertriebsfachkräften, durchgeführt vom 28. Januar bis zum 28. Februar diesen Jahres, vervollständigt demnach aktuelle Erkenntnisse zur BU-Leistungsregulierung.

Resultate dieser Vermittler-Umfrage wurden jetzt durch Franke und Bornberg veröffentlicht, auch will eine Gegenüberstellung mit ersten Befunden aus der BU-Regulierungsstudie Appetit auf mehr wecken. Und es zeigt sich: Nicht immer sind die Vorstellungen der Vermittlerbranche realistisch.

Leistungsprüfung dauert 183 Tage, Vermittler rechnen mit weit kürzerer Frist

So wurden Vermittler zum Beispiel gefragt, wie lange aus ihrer Sicht die Leistungsprüfung für BU-Leistungen dauern sollte – angefangen von der Erstmeldung des Kunden bis zur Leistungsentscheidung der Versicherer. Das Ergebnis der Umfrage zeigt hohe, aber auch unrealistische Erwartungen: 42 Tage gestehen die Vermittler als Maximum den Versicherern durchschnittlich zu, errechnet man den Mittelwert für verschiedene auslösende Ursachen der Berufsunfähigkeit (Prüfungsdauer für Krebs, Prüfungsdauer für Erkrankungen des Bewegungsapparats, Prüfungsdauer für Herz- Kreislauferkrankungen …). Einzig für die Überprüfung psychischer Krankheiten wurden den Versicherern immerhin 57 Tage zugestanden.

Die Grafik veranschaulicht unrealistische Vorstellungen der Vermittler darüber, wie lange eine Leistungsprüfung der Versicherer für einen BU-Fall dauern „darf“. Das Kästchen gibt die Zeitspanne an, die Vermittler für wünschenswert erachten. Der Balken die tatsächliche Dauer, bis über einen BU-Leistungsanspruch entschieden wurde.@Franke und Bornberg

Einige Vermittler gestanden den Versicherern in der Umfrage für bestimmte Leistungsprüfungen sogar nur 30 Tage oder weniger zu, wie die Rating-Experten ausführen. Eine Erwartungshaltung, die keineswegs realistisch ist. Denn die Studie zur BU-Leistungsregulierung ergab: 183 Tage dauerte die Leistungsprüfung in 2017 durchschnittlich. Das ergab eine Auswertung von Leistungsfällen für sechs Versicherer (mit einer BU-Marktabdeckung von über 60 Prozent) – mindestens 125 Fälle je Versicherer wurden für diese BU-Studie ausgewertet.

Zeit der Bearbeitung: Vom Fachurteil abhängig

Studienergebnisse deuten allerdings auf einen oft nur begrenzten Einfluss der Versicherer auf diese Bearbeitungszeiten, denn Wartezeiten auf ärztliche Unterlagen oder Gutachten müssen bedacht werden. Das Problem wird durch eine Zahl anschaulich: Für Gutachten fallen durchschnittlich 104 Tage als Durchlaufzeit an – von der Beauftragung des Gutachtens bis zum Eingang beim Versicherer. Zwar würde diese lange Wartezeit laut Agentur nur eine bestimmte Zahl an Fällen betreffen, da für nur sieben Prozent der Leistungsprüfungen Gutachter notwendig seien. Das Warten auf ärztliche Unterlagen ist aber ebenfalls ein wichtiger Grund der Verzögerungen.

Keineswegs nehmen die Versicherer diese Verzögerungen passiv hin – helfen sollen Möglichkeiten der Digitalisierung sowie eine bessere fallbezogene Abstimmung. Dazu aber sei auch die Kooperation der Ärzte notwendig. Konkretere Ergebnisse zu diesem Problem lässt die angekündigte Studie zur BU-Leistungsregulierung erwarten. Jedoch zeichnet sich schon jetzt ab: Einflussmöglichkeiten der Versicherer stoßen an ihre Grenzen.

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Die Netto-Bearbeitungszeit der Versicherer für eine BU-Leistungsprüfung ist also wesentlich geringer als die Zeit, die eine Prüfung in der Summe aller notwendigen Prozesse in Anspruch nimmt. Aus diesem Grund nutzen die Experten von Franke und Bornberg ihre aktuelle Pressemeldung zur Vermittlerumfrage auch für einen Appell: Versicherer wie auch Vermittler wären gut beraten, Anspruchstellern bei der Regulierungsdauer frühzeitig realistische Vorstellungen zu vermitteln. So könnte man den allzu optimistischen Erwartungen vorbeugen und dadurch Enttäuschungen verhindern.

Vermittler wollen in Prüfprozess involviert werden

Ein weiteres Ergebnis der Vermittler-Umfrage mutet zunächst paradox an, wenn man die BU-Leistungsstudie dagegen hält. Denn auf die Frage, wie ein Versicherer den Kunden beim Ausfüllen des Leistungsantrags am besten unterstützen könne, entschieden sich immerhin 74,32 Prozent der Vermittler (bei möglicher Mehrfachnennung) für eine Antwort, die recht deutlich Rang eins der vorgegebenen Antworten einnimmt: „Der Versicherungsvermittler wird benachrichtigt und involviert“.

Beim Ausfüllen eines Leistungsantrags könne die Benachrichtigung des „Versicherungsvermittlers“ am besten „unterstützen“. Jedoch: Vermittler greifen laut Agentur nur selten in die Leistungsregulierung ein.@Franke und Bornberg

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Aufhorchen lässt das Ergebnis deshalb, weil zugleich die Studie zur BU-Leistungsregulierung ergeben hat: In der Praxis bringen sich Vermittler nur selten für die Leistungsregulierung ein. Die Vermittlerumfrage wollte dieser Erkenntnis nun auf den Grund gehen und nutzte den Studien-Befund für eine gesonderte Fragestellung.

Leistungsregulierung: Kein aktives Eingreifen aufgrund von Haftungsrisiken

So wollte man von den Vermittlern durch die Umfrage beantwortet wissen, warum Vermittler nicht in die Leistungsregulierung einbezogen werden wollen. Auch hier gibt es einen deutlichen Sieger bei den Antworten: 74,66 Prozent nennen Haftungsrisiken als Grund. Auch gestehen die Umfrageteilnehmer zu, dass Experten für Versicherungen keine Experten für medizinische Fragen sind – denn 66,52 Prozent geben außerdem an, es fehle die erforderliche Fachkenntnis.

Wichtigster Grund, warum Vermittler nicht in die Leistungsregulierung einbezogen werden wollen: Haftungsrisiken.@Franke und Bornberg

Vermittler-Wunsch nach persönlicher Anteilnahme?

Warum aber dann der Wunsch, dennoch informiert und "involviert" zu werden unter dem Aspekt der Unterstützung? Wenngleich sich die konkrete Frage auf den "Leistungsantrag" bezieht, kann vielleicht dennoch ein Lob der Rating-Experten das Rätsel hinter dem scheinbar paradoxen Befund auflösen und das "Involviert-Sein" in einem anderen Sinne auslegen. Denn obwohl die Experten ausführen, dass sich Vermittler nicht in die Regulierungspraxis einbringen, loben sie dennoch: Drei von vier Vermittlern seien laut Umfrageergebnis bereit, ihre Kunden in dieser schwierigen Phase einer BU-Prüfung "zu begleiten".

Bedenkt man in diesem Kontext noch, dass Beistand in schwierigen Zeiten viele Formen der Teil- und Anteilnahme kennt, könnte hier persönlicher Kontakt zwischen dem Vermittler und dem Kunden auch den Wunsch nach persönlichem Beistand in einer schwierigen Phase bedeuten – und sei es, indem man dem Kunden seine Anteilnahme mitteilt und für Rückfragen zur Verfügung steht. Persönlicher Kundenkontakt führt demgemäß auch zu persönlicher Anteilnahme im Schadenfall.

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Hintergrund:

Ausgewählte Ergebnisse der Vermittlerumfrage Arbeitskraftabsicherung 2019 präsentiert die Ratingagentur Franke und Bornberg aktuell auf ihrer Webseite. Die Rating-Experten nutzen die Präsentation aber auch, um über einen "Faktencheck" auf eine noch nicht veröffentlichte Studie zur BU-Leistungsregulierung neugierig zu machen. Diese BU-Leistungspraxisstudie von Franke und Bornberg erscheint „in Kürze“, wie auf den Seiten der Agentur zu lesen ist.

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