Geschlossene Fonds: Riskante Geldanlagen

Geschlossene Fonds gelten als chancenreich, bergen zum Teil aber auch enorme Risiken. Verpflichten sich Anleger doch zu einer langjährigen Investition mit dem Status einer unternehmerischen Beteiligung. Rückgaberechte oder ordentliche Kündigungsrechte des Anlegers sind ausgeschlossen, zudem drohen spezielle Haftungsrisiken oder droht der Totalverlust der investierten Gelder. Besonders Kleinanleger und Anleger mit wenig Finanzwissen werden immer wieder vor Investitionen in geschlossene Fonds gewarnt. Erschwerend kommen schlechte Ergebnisse vieler dieser Fonds hinzu – Verbraucherschützer von test.de bescheinigten der Branche eine „schlimme Bilanz“. Von 1.139 geschlossenen Fonds, die seit 1972 aufgelegt wurden, erlitten fast sieben von zehn (69 Prozent) teils herbe Verluste.

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Das hielt in der Vergangenheit aber Banken und ihre Anlageberater nicht davon ab, Anlegern und sogar Kleinanlegern solche Geldanlagen im großen Stil zu empfehlen, zum Beispiel für die Altersvorsorge. Über Risiken wurde häufig nur unzureichend aufgeklärt. Das Problem wird schon an der Tatsache ersichtlich, dass ausgerechnet Sparkassen immer wieder zu Schadenersatz und Rückabwicklung der Beteiligungen aufgrund von Falschberatung verurteilt werden (der Versicherungsbote berichtete). Galten sie doch lange als Banken für den "kleinen" Sparer und boten auch in der jüngeren Vergangenheit gezielt "Finanz-Checks für den kleinen Mann", wie ein Artikel der Süddeutschen darlegt. Und doch erhofften sich Sparkassen das große Geschäft mit den geschlossenen Fonds und achteten nicht auf einen bedarfsgerechten Zielmarkt – wie verlorene Prozesse aufgrund von Falschberatung zeigen.

Sparkasse Frankfurt hat Risiken sowie Provisionen "nicht ordnungsgemäß dargestellt"

Auch ein jüngstes Urteil zu geschlossenen Fonds betrifft eine Sparkasse, gefällt am 3.05.2019 vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 19 U 143/18). Hingewiesen wird auf das Urteil durch die Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann – Spezialisten für juristische Auseinandersetzungen zu diesen Beteiligungen. Die Kanzlei erstritt für den geschädigten Anleger eines Schiffsfonds Schadensersatz sowie die Rückabwicklung der Beteiligung.

So habe die Frankfurter Sparkasse sowohl die bestehenden Risiken und Nachteile als auch tatsächlich anfallende Provisionen nicht ordnungsgemäß dargestellt und offengelegt, wie die Kanzlei das Urteil zusammenfasst. Erst in Berufung urteilte freilich ein Gericht zugunsten des Anlegers – zunächst hatte das Landgericht Frankfurt am Main die Klage des Mannes noch abgewiesen.

Wesentlicher Knackpunkt für den jetzigen Erfolg ist eine unwirksame Klausel auf der Beitrittserklärung. Laut Kanzlei verweisen die Urteilsgründe hierbei auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 10. Januar 2019 (Az. III ZR 109/17). Deswegen lohnt es, zur Darstellung der Rechtslage auch dieses noch recht „frische“ Urteil des Bundesgerichtshofs zu Rate zu ziehen.

Fonds-Anbieter haben strenge Informations- und Aufklärungspflichten

Vorauszusetzen ist für beide Urteile zugunsten der Geschädigten: Wer Anleger zu Geldanlagen wie geschlossenen Fonds berät, muss strenge Informations- und Aufklärungspflichten erfüllen. So muss in der Regel eine rechtzeitige, richtige und sorgfältige sowie verständliche und vollständige Beratung mündlich geleistet werden.

Unter bestimmten Bedingungen jedoch kann auch eine Einlösung der Informationspflichten über die Emissionsprospekte geschehen. Für diesen Fall jedoch gelten strenge Voraussetzungen: Die mündliche Beratungspflicht entfällt nämlich erst dann, wenn der Berater davon ausgehen darf, dass der Kunde die Prospekte gelesen und zudem verstanden hat. Deswegen müssen Prospekte zeitig genug übergeben werden. Auch muss erfragt werden, ob ein Anleger überhaupt zum Verstehen komplexer finanzieller Sachverhalte in der Lage ist.

BGH-Urteil macht Schluss mit den Klauseln

Der Hintergrund dieser Bestimmung wird am Urteil des Bundesgerichtshofs ersichtlich: Einen 172 Seiten starken Prospekt bekam der klagende Mann ausgehändigt, am 12. März 2010. Nur vier Tage später unterzeichnete der – nach eigener Aussage beruflich stark eingebundene – Anleger die Beteiligung an einem geschlossenen Fonds, der sich freilich zu seinem Nachteil entwickelte. Aus diesem Grund klagte der Anleger auf Schadenersatz und Rückabwicklung der Beteiligung. Jedoch: Gerichtliche Vorinstanzen gaben dem Mann für diesen Punkt nicht Recht, verwiesen stattdessen auf eine Beitrittserklärung. Laut letztinstanzlichem Urteil des BGH ist die Erklärung allerdings unwirksam.

Der Trick mit der Klausel

Denn die Erklärung enthielt eine Klausel mit dem Wortlaut: "Ich habe den Beteiligungsprospekt nebst Anlagen (…) erhalten, den Inhalt insbesondere des Kapitels 05 (Risiken der Beteiligung) des Verkaufsprospekts vollinhaltlich zur Kenntnis genommen und stimme dem Inhalt der Verträge ausdrücklich zu." Durch eine vorformulierte Klausel der Erklärung wollte sich der Anbieter somit für seine Informationspflichten von vorne herein absichern – unterschrieb ihm doch der Kunde, er hätte den Prospekt gelesen und verstanden. Stets wäre also der gängige Weg der Aufklärung über die Prospekte durch Unterschrift des Kunden bestätigt.

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Eine Sichtweise, der sogar Gerichte wie das Oberlandesgerichts Celle in Vorinstanz folgten. Der Bundesgerichtshof urteilte aber: Ein solches Urteil hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand und ist aufzuheben. Stattdessen ist in diesem Punkt dem geschädigten Anleger Recht zu geben. Denn eine vorformulierte Bestätigung des Anlegers, die Risikohinweise in einem Emissionsprospekt zur Kenntnis genommen zu haben, verbietet Paragraph 309 Nr. 12 Halbsatz 1 Buchstabe b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Klausel verschlechtert Beweisposition des Kunden

Der Bundesgerichtshof bewertete damit die Erklärung des Anbieters nach Maßgaben für die Gestaltung allgemeiner Geschäftsbedingungen. Diese sind laut Paragraph 309 unter anderem unwirksam, wenn Geschäftsbedingungen die Beweislast zum Nachteil eines anderen Vertragsteils ändern. Und eine vorformulierte Klausel in Verträgen, mit der ein Kunde stets durch Unterschrift zugleich ein Verstehen der Prospekte zugestehen soll, ist eine solch unwirksame Änderung.

Das Gericht ging bei dieser Begründung von einer weiten Interpretation der Beweislastumkehr aus. Denn aus Sicht des Gerichts ist jeder Versuch unwirksam, die Beweisposition des Kunden anhand der Geschäftsbedingungen zu verschlechtern. Entscheidend ist demnach, „ob die Klausel im Streitfall mögliche Beweiswirkung zu Ungunsten des Kunden entfaltet“. Und ein solcher Fall liegt stets vor, sobald Anleger über eine vorformulierte Klausel der Beitrittspapiere auch eine Kenntnisnahme der Prospektinhalte einräumen sollen.

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Anbieter der Fonds können Pflichten nicht mehr „abwälzen“

Im Kontext dieses Urteils muss auch bedacht werden: In der Vergangenheit dienten umständliche und äußerst umfangreiche Emissionsprospekte auch oft dazu, Risiken eher zu verschleiern, statt Kunden darüber aufzuklären. So stellt aus Sicht der Fachkanzlei auch eine vorformulierte Klausel einen „Versuch der Bank“ dar, die „Pflicht zur ordnungsgemäßen Beratung auf die reine Übergabe des Emissionsprospektes abzuwälzen“. Eine Sichtweise, die nun in die Rechtssprechung Eingang gefunden hat. Das zeigt bereits die Tatsache: Schnell wurde das Urteil des Bundesgerichtshofs für die Urteilsgründe eines vergleichbaren Falls aufgenommen.

Denn auch der Anleger, der nun einen Erfolg vor dem Oberlandesgericht Frankfurt errang, bekam aus Sicht des Gerichts zu spät den Emissionsprospekt ausgehändigt. Auch in diesem Fall berief sich die beklagte Sparkasse jedoch – zunächst mit Erfolg – auf eine vergleichbare Klausel der unterschriebenen Beitrittserklärung. Das Urteil zugunsten des klagenden Anlegers macht nun jedoch deutlich: Kein Anbieter wird sich in Zukunft weiter auf die unwirksame Klausel berufen können.

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