Katharina Höhn: Wir gehen vom Leitbild eines professionellen Vermittlers und Maklers aus, der selbst entscheidet, welche Bildungsmaßnahme zur gegebenen Zeit für ihn zielführend ist. Er oder sie sollte sich in jedem Jahr die Frage stellen: Welche Kompetenzen habe ich heute, wo habe ich berufliche Erfolge erzielt, in welche Felder könnte ich mich inhaltlich hinein entwickeln? Das gleiche gilt natürlich für jeden Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin in der Versicherungswirtschaft.

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Es ist auch gut zu wissen, welcher Lerntyp man ist – ob man gerne in der Gemeinschaft mit anderen lernt, also in klassischen Seminarformen, oder ob man eher ein Selbstlerner ist, der sich konzentriert im „stillen Kämmerlein“ mit Themen beschäftigt. Es ist auch gut auszuloten, wie aufgeschlossen man gegenüber online-Lernformen ist wie etwa den verbreiteten Webinaren. Die Lernart hängt natürlich stark vom Inhalt ab. Wenn man einen Entwicklungsschub für sich selbst wünscht, dann sollte man sich tatsächlich Gedanken über eine umfangreichere Bildungsmaßnahme mit Abschluss machen. Solche Investitionen haben immer eine hohe Rendite, und die gesetzlichen Weiterbildungsvorgaben spielen dann bei solchen Überlegungen keine Rolle mehr.

Eine größere Herausforderung kann es sein, bei der Vielzahl an Angeboten den passenden Bildungsdienstleister zu finden. Ein Qualitätsmerkmal guter Bildungsanbieter ist es auch, bei der Auswahl der zur persönlichen Situation passenden Weiterbildung umfassend zu beraten. Unser Tipp: Auf der gut beraten-Homepage sind alle Bildungsdienstleister gelistet, die ein gut beraten-Siegel haben.

Reichen Ihrer Meinung nach 15 Stunden Weiterbildung im Jahr aus? Aus unserer Sicht ist das wenig - Themen wie komplexer werdende Produkte, neue Gesetze sowie der digitale Wandel lassen erworbenes Wissen schnell veralten. Wie ist Ihre Einschätzung hierzu?

Der Gesetzgeber hat eine Zahl von 15 Stunden bewusst als Untergrenze eingezogen. Für manche Tätigkeiten wird diese Stundenzahl sicherlich ausreichend sein. Wir sehen, dass die Unternehmen mit der Weiterbildung ihrer Angestellten verantwortungsvoll umgehen und deren Weiterbildungsaktivitäten bedarfsgerecht planen.

Für die vielen professionell agierenden Vermittler und Makler gehen wir nach wie vor davon aus, dass mindestens 30 Stunden im Jahr der angemessenere Anspruch ist. Das erklärt sich schon allein durch die vielen und schnellen Anpassungen bei Produkten, Technik und Regulatorik – von einer Weiterentwicklung in Richtung digitaler Zukunft ganz zu schweigen. Jeder Kontoinhaber bei gut beraten bekommt eine vorbereitete Erklärung mit Kontoauszug bei erreichten 15 Stunden, und darüber hinaus bei erreichten 30 Stunden ein zusätzliches Zertifikat. Damit möchten wir das hohe Engagement der Vermittler und Makler bei der Weiterbildung honorieren und weiter fördern.

Versicherungsvermittler haben uns gegenüber kritisiert, dass sie hohe Qualifikationsanforderungen erfüllen müssen, andere hingegen nicht. Weder Verbraucherschützer müssen nachweisen, dass sie kompetent in Sachen Versicherungen sind, noch Call-Center-Mitarbeiter großer Onlinemakler, Verbraucherverbände oder Tippgeber. Herrscht hier eine Ungleichbehandlung vor? Wenn ja: Sollte dagegen vorgegangen werden?

Immer dann, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Call-Centern zum Versicherungsschutz beraten, also vertrieblich tätig sind, unterliegen sie auch der genannten Weiterbildungspflicht. Die Umsetzung dieser Anforderung muss das Unternehmen gegenüber der Aufsicht nachweisen. Tippgeber vermitteln heute den Kontakt zum Vermittler und sind daher nicht vertrieblich tätig im Sinne der gesetzgeberischen Definition.

Grundsätzlich sind wir als Bildungsverband der Auffassung, dass jeder, der unter die gesetzgeberische Definition des „Versicherungsvertriebs“ fällt, die gleichen Qualifikationsanforderungen einschließlich des Nachweises erfüllen muss. Das gilt auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Verbraucherzentralen, wenn sie zum Versicherungsschutz beraten.

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Die Fragen stellten Björn Bergfeld und Mirko Wenig

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