Stephen Voss: Der Arbeitsplatz wird viel fachorientierter werden und mehr zur Orchestrierung der einzelnen automatisierten Geschäftsvorfälle dienen. Der einzelne Mitarbeiter trägt mehr Verantwortung für den Prozess hinter einem Vorfall. Denn einfache Prozessschritte wie das Erfassen und Kategorisieren von Daten, vormals manuell, werden durch regelbasierte Systeme auf strukturierten Datenmasken erfolgen und, falls sinnvoll, durch künstliche Intelligenz, die den Inhalt der Information bewertet, ergänzt. Das bedeutet, für eine einfache Adressänderung oder den Wechsel der Bankverbindung braucht es schon lange keinen hoch qualifizierten Versicherungsmitarbeiter mehr. Und die - vor allem in den späten Zweitausendern eingeführten - „Service-Center“ mit „angelernten“ günstigeren Service Mitarbeitern werden durch die zunehmende Automation an der Kundenschnittstelle auch reduziert werden.

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Wie wird sich die Personalstruktur der Zukunft verändern?

Einfache aber vormals manuell aufwendige Schritte in der Wertschöpfungskette eines Versicherers werden durch automatisierte Lösungen ersetzt. Dies setzt Ressourcen frei, die im besten Fall für qualifizierte Aufgaben oder die qualitative Bewertung von Geschäftsvorfällen eingesetzt werden können. Einfaches Erfassen von Briefpost, das Kategorisieren von Geschäftsvorfällen und das Übertragen in multiple Systeme entfällt zum größten Teil. Das heißt, die eigene Personalstruktur wird sich zu einem System von Spezialisten und Organisatoren wandeln, angereichert um IT-Ressourcen, welche die Schnittstellen etablieren und weiterentwickeln.

Welche Herausforderung haben dabei die Versicherer als Arbeitgeber?

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Die größte Herausforderung in einer digitalen Welt für einen Versicherer wird darin bestehen, die notwendigen Talente und Fachkräfte für sich zu begeistern und langfristig zu halten. Erfolgreiche Absolventen eines bekannten IT-Lehrstuhls für angewandte Technologie und Datensysteme wählen in der Regel eher das agile Web-App-Entwicklungsunternehmen für moderne Shop-in-Shop Systeme auf Basis moderner KI, APIs und Microservices als Arbeitgeber, als einen traditionsreichen Versicherer, bei dem Bestandssysteme entwickelt werden sollen. Hierauf muss die Versicherungswirtschaft ganz klar Antworten finden und an Attraktivität gewinnen. Und da ist es auch egal, ob Versicherungskaufmann oder IT-Entwickler. Beide werden gebraucht, beide benötigen attraktive Anreize und nur beide zusammen entfalten ihr ganzes Potential. Sowas nennt man Synergie.

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