Die BU-"Beitragsfalle" als finanzielles Risiko

Kalkuliert ein Anbieter von Berufsunfähigkeitsversicherungen schlecht, können Prämien wesentlich teurer werden, ohne dass sich das Leistungsvolumen ändert. Grund ist der Abstand zwischen dem Nettobeitrag, den ein Kunde meist ab Beginn seines Vertrags zahlt, und dem möglichen Bruttobeitrag für die Zukunft.

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Der Hintergrund: Neuverträge in der BU-Versicherung werden oft mit günstigen Nettoprämien beworben: So sollen die Kunden mit niedrigen Prämien angelockt werden. Doch dieser günstige Beitrag ist dem Kunden keineswegs garantiert. Entwickeln sich die Überschüsse ungünstig wie im jetzigen Niedrigzins-Umfeld oder hat der Versicherer schlecht kalkuliert, kann die Prämie bis auf den rechtlich möglichen Bruttobeitrag steigen. Der "Spread" zwischen Netto- und Bruttoprämie zeigt somit ein finanzielles Risiko an, das ernst genommen werden sollte.

Kunden der WWK Lebensversicherung können zum Beispiel ein Lied davon singen: Gerieten sie doch zu Beginn des vorigen Jahres in eine solche "Beitragsfalle". Um bis zu 40 Prozent verteuerten sich ihre Prämien (der Versicherungsbote berichtete). Die Frage, wie sicher und stabil Nettoprämien von BU-Versicherungen sind, ist also für Kunden äußerst relevant.

Umfrage mit vier Antwortmöglichkeiten

Das Infinma Institut für Finanz-Markt-Analyse GmbH aus Köln wollte es nun genau wissen – und startete eine Umfrage zur Stabilität der BU-Prämien. Dabei ging das Beratungsunternehmen äußerst einfach vor und setzte auf die Freiwilligkeit jener BU-Versicherer, die Gutes zu vermelden haben. So schickte das Institut seit Beginn des Jahres einen Fragebogen an die Versicherungsunternehmen. Die Gesellschaften sollten hierbei nichts anderes tun, als durch Ankreuzen eines Feldes auszuschließen, dass es in den letzten Jahren eine Erhöhung der Nettoprämien gab. Die Antwortmöglichkeit bezog sich dabei auf die Anwartschaftsphase und damit die Phase der Beitragszahlungen des Kunden vor Eintritt des Leistungsfalls. Die Unternehmen sollten also bestätigen, Nettoprämien für Kunden in der Anwartschaftsphase innerhalb der vorgegebenen Zeiträume nicht erhöht zu haben.

Unterschreitet jedoch ein Versicherer den kürzesten der abgefragten Zeiträume aufgrund einer Verteuerung der Prämien während der letzten Jahre, kann er im Grunde gar nicht auf den Fragebogen antworten. Denn zur Auswahl standen nur vier mögliche Zeiträume. Eine Erhöhung der Nettoprämie sollte ausgeschlossen werden:

  • In den letzten 10 Jahren
  • In den letzten 15 Jahren
  • In den letzten 20 Jahren
  • In mehr als den letzten 20 Jahren

Die Formulierung des Instituts bezog sich hierbei auf Anpassungen an der Überschussbeteiligung. Derartige Anpassungen, die eine Erhöhung der Prämie nach sich ziehen, durften nicht erfolgt sein. Zwei fundamentale Kennzahlen flossen in die vorgegebene Antwort ein, um den Sachverhalt zu konkretisieren – weder der Sofortgewinnanteil noch der Bonussatz durften im vorgegebenen Zeitraum reduziert worden sein. Der Sofortgewinnanteil (oder auch Verrechnungsgewinnanteil) ist jener Anteil des Gewinns eines Versicherers, der dem Kunden für günstigere Nettoprämien bereits zugerechnet wird. Reduziert sich dieser Anteil in Reaktion auf sinkende Überschüsse, steigen die Beiträge zum Nachteil des Kunden. Auch der Bonussatz ist ein Posten der Überschussbeteiligung, der durch Reduzierung zu steigenden Prämien führt. Die Umfrage erfolgte also unter der Prämisse: Mit Kreuz bestätigen die Unternehmen zugleich eine solide Preiskalkulation.

Folgendes sollte mit einem Kreuz für den entsprechenden Zeitraum bestätigt werden: Die Gesellschaft ... bestätigt, in den letzten ... Jahren wurden in der Selbständigen Berufsunfähigkeitsversicherung der 3. Schicht (Private Vorsorge) während der Anwartschaftsphase keine Anpassungen an der Überschussbeteiligung vorgenommen, die zu einer Erhöhung der Nettoprämie (Zahlprämie) geführt hätten. Weder der Sofortgewinnanteil noch der Bonussatz wurden reduziert.

Viel Resonanz nach kurzer Zeit

Was aber kam bei der Umfrage heraus? Erstaunlicherweise gab es viel Resonanz, da viele Versicherer tatsächlich antworteten. Schon dies ist ein gutes Zeichen –denn die Art des "Fragens" durch den Fragebogen muss ja jene von vorn herein abschrecken, die Prämien erhöhten (Stichwort WWK Lebensversicherung). Neben der hohen Zahl an Rücksendungen deuten aber auch die gegebenen Antworten auf eine hohe Preisstabilität am BU-Markt. So darf Dr. Jörg Schulz, Geschäftsführer bei infinma, auch als Zwischenfazit der noch laufenden Studie verkünden: "Die überwiegende Mehrheit der BU-Anbieter zeigt sich sehr stabil bezüglich der Nettoprämien im Bestand. Das zeugt von einer grundsätzlich soliden und verantwortungsvollen Kalkulation.“

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21 Gesellschaften mit "maximaler Beitragsstabilität"

Positiv überraschend ist auch die hohe Zahl jener BU-Anbieter, die laut eigener Auskunft seit mehr als zwanzig Jahren keine Beitragsanpassung mehr vornehmen mussten. Folgende Anbieter weisen nach jetzigem Stand der laufenden Umfrage diese maximale Beitragsstabilität auf (in alphabetischer Reihenfolge):

  • Aachen­Mün­che­ner Lebens­ver­si­che­rung AG
  • Allianz Lebensversicherungs-AG
  • Axa Lebens­ver­si­che­rung AG
  • Basler Lebensversicherungs-AG
  • Bayern-Versicherung Lebensversicherung AG
  • Condor Lebensversicherungs-AG (die Angaben beziehen sich auf die Berufsunfähigfkeits-Zusatzversicherung)
  • Continentale Lebensversicherung AG
  • Dialog Lebensversicherungs-AG
  • Gothaer Lebensversicherung AG
  • Hannoversche Lebensversicherung AG (für die Risiko-Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung)
  • HDI Lebensversicherung AG
  • HUK-Coburg Lebensversicherung AG
  • InterRisk Lebensversicherungs-AG
  • LV1871 Lebensversicherung von 1871 a. G. München
  • myLife Lebensversicherung AG
  • Nürnberger Lebensversicherung AG (für die Risiko-Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung)
  • Stuttgarter Lebensversicherung a.G. (für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung)
  • SV SparkassenVersicherung Lebensversicherung AG
  • Swiss Life AG Niederlassung für Deutschland
  • Volkswohl Bund Lebensversicherung a. G.
  • Zurich Deutscher Herold Lebensversicherung AG (für die Risiko-Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung)

...weitere elf Gesellschaften mit "langjähriger Beitragsstabilität"

Darüber hinaus konnten elf Anbieter immerhin für langjährige Beitragsstabilität ausgezeichnet werden, weil es entweder seit Produkteinführung oder weil es mindestens in den letzten zehn Jahren keine Anpassung der BU-Prämien gab. Ihnen wurde eine "langjährige Beitragsstabilität" bescheinigt:

  • Barmenia Lebensversicherung a. G. (keine Anpassung der BU-Prämien seit Produkteinführung in 2005)
  • Debeka Lebensversicherung a.G. (keine Anpassung der BU-Prämien seit Produkteinführung in 2000)
  • DEVK Allgemeine Lebensversicherungs AG (keine Anpassung der BU-Prämien in den letzten 15 Jahren)
  • DEVK Deutsche Eisenbahn Versicherung, VVaG (keine Anpassung der BU-Prämien in den letzten 15 Jahren)
  • Europa Lebensversicherung AG (keine Anpassung der BU-Prämien seit Produkteinführung in 2012)
  • Inter Lebensversicherung AG (keine Anpassung der BU-Prämien in den letzten 10 Jahren)
  • Öffentliche Lebensversicherung Berlin Brandenburg AG (keine Anpassung der BU-Prämien in den letzten 10 Jahren)
  • Öffentliche Versicherung Braunschweig (keine Anpassung der BU-Prämien seit Produkteinführung in 2007 für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung)
  • Provinzial Rheinland Lebensversicherung AG (keine Anpassung der BU-Prämien seit Produkteinführung in 2007)
  • Saarland Lebensversicherung AG (keine Anpassung der BU-Prämien seit Produkteinführung in 2012)
  • Süddeutsche Lebensversicherung a. G. (keine Anpassung der BU-Prämien seit 15 Jahren)

In dieser Liste als zwölfter Anbieter aufgezählt wird auch die Targo Lebensversicherung AG. Jedoch ergeben die Informationen nur: keine Anpassung des Bonussatzes seit Produkteinführung in 2004. Ob das auch für die Nettoprämie gilt, ist leider nicht ersichtlich.

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Studieninformationen sowie die Listen der Anbieter mit „maximaler Beitragsstabilität“ sowie mit "langjährige Beitragsstabilität" können auf den Seiten des Beratungsinstituts abgerufen werden. Wichtig ist hierzu der Hinweis: Die Liste ist keineswegs vollständig, sondern wird stets ergänzt, sobald angeschriebene Gesellschaften weitere Fragebogen zurücksenden.

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