Erst nannte sie die Regierung "Grundrente", nun ist die "Respekt-Rente" daraus geworden – eine zusätzliche Rentenleistung für jene, die mindestens 35 Jahre an Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV) aufweisen, jedoch keine 45 vollen Beitragsjahre für eine Altersrente ohne Abschläge erreichen. Kommen doch, trotz langjähriger Einzahlungen, viele dieser Menschen bei niedrigem Einkommen nicht einmal auf das Niveau der Grundsicherung.

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Zwar muss der Staat das Grundsicherungsniveau garantieren und stockt in derartigen Fällen die Renten auf. Die Regierung empfand es aber als ungerecht, wenn langjährige Einzahler letztendlich genauso viel erhalten wie Menschen, die nur kurz oder sogar nie in die Rentenkassen einzahlten. Ändern soll das jene „Respekt-Rente“, die von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in einem Interview beworben wurde, wenn auch zunächst unkonkret (der Versicherungsbote berichtete). Laut einem Bericht der FAZ wurden jetzt weitere Pläne des Bundesarbeitsministers bekannt.

Mehr als bisher geplant: 25 Prozent statt 10 Prozent über der Grundsicherung

Folgt man dem kostenpflichtigen Bericht der Frankfurter Allgemeine (FAZ), gibt es überraschende Neuerungen. Setzte sich der Koalitionsvertrag doch eine Grundrente zum Ziel, die "10 Prozent über der Grundsicherung“ liegt. Jedoch gab Heil nun vor einer Arbeitsgruppe mit Vertretern der Länder, der Sozialpartner und der Rentenversicherung bekannt: Etwa 100 Euro mehr sollen für Geringverdiener aufgrund der neu einzuführenden Rente drin sein.

Das ist ein höherer Betrag, als bisher angekündigt. Ist doch für die Grundsicherung der Regelbedarf nach entsprechenden Regelbedarfsstufen maßgebend – ab dem 1. Januar 2019 gilt für Alleinstehende zum Beispiel ein Regelbedarf von 424,00 Euro und für Partner und Bedarfsgemeinschaften ein Regelbedarf von 382,00 Euro je Person. Sollte sich Heil nun mit seinen Plänen durchsetzen, liegt das „Plus“ durch die Respekt-Rente aber rund 25 Prozent über der Grundsicherung.

Zudem plane Heil laut Bericht, die zusätzliche Leistung über Steuern zu finanzieren. Damit kommt er einer zentralen Forderung von DRV-Präsidentin Gundula Roßbach entgegen. Drohte doch laut Roßbach aufgrund der neuen Rente eine unsachgemäße Vermischung von existenzsichernden Sozialleistungen und Zahlungen aus dem Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung. Aus diesem Grund mahnte Roßbach dringend an, die neue Grundrente aus Steuermitteln zu finanzieren, statt zusätzlich die Rentenkasse zu belasten (der Versicherungsbote berichtete). Anscheinend fand sie nun Gehör beim Bundesarbeitsminister, wie der Bericht der FAZ nahe legt.

Heil nannte auch Zahlen für zusätzliche Kosten, die aufgrund der neuen Rente nun durch die Steuerzahler zu schultern sind: Mit 130.000 Anspruchsberechtigten werde gerechnet, die zusätzlichen Kosten belaufen sich auf etwa 200 Millionen Euro.

„Respekt-Rente“ als unzulängliches Instrument gegen Altersarmut?

Helfen die Pläne aber tatsächlich auch gegen Altersarmut, wie Hubertus Heil in einem Interview mit dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) behauptete? Trotz höherer Beträge der neuen Rente melden Kritiker bereits ihre Zweifel an.

Grünen-Rentenpolitiker Markus Kurth zum Beispiel sieht in der „Respekt-Rente“ eine „Scheinlösung“, die all jenen Menschen nichts nutzt, die unterhalb der nötigen 35 Jahre an Beitragszeiten liegen. Betroffen sind zum Beispiel viele Frauen. Gelten doch insbesondere Erwerbsbiographien von Frauen bei Scheidung als Ursache eines erhöhten Armutsrisikos im Alter, wie zuletzt auch Gundula Roßbach darlegte. Menschen ohne die entsprechenden Mindestjahre für die neue Respekt-Rente gehen leer aus ... das Problem der Altersarmut betrifft sie wie eh und je.

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Auch Philipp Neumann von der „Morgenpost“ hält die Pläne der Bundesregierung schlicht für ungerecht, wie er in einem Kommentar argumentiert. So würden bedarfsorientierte Hilfen wie ein höheres Wohngeld wesentlich besser gegen Altersarmut schützen. Zumal eines ganz sicher gegen Altersarmut helfe: Höhere Löhne, so dass niemand trotz langjähriger Einzahlungen in die Rentenkasse auf Grundsicherung angewiesen sei. Diesbezüglich aber hatte bereits ver.di und der ARD-Rentenreport vorgerechnet, dass künftig auch Menschen mit mittleren Einkommen Altersarmut drohe, wenn das Rentenniveau weiter sinke (der Versicherungsbote berichtete).

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