Nachdem die Rentenreform von Union und SPD am 8. November 2018 schon durch den Bundestag gewinkt wurde, passierte es am Freitag auch den Bundesrat: das neue Rentenpaket der Bundesregierung. Bis zum Jahr 2025 werden somit nun sowohl das Rentenniveau als auch der Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung festgeschrieben:

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  • Das Rentenniveau als Verhältnis zwischen a) einer Rente nach 45 Jahren Berufstätigkeit bei Durchschnittsverdienst sowie b) einem aktuellen Durchschnittsverdienst darf bis 2025 nicht auf einen Prozentsatz unter 48 Prozent sinken.
  • Auch darf der Brutto-Beitrag, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam zur Rentenversicherung zahlen müssen, 20 Prozent nicht übersteigen. Zur Einhaltung dieser Beitragssatzobergrenze leistet der Bund von 2022 bis 2025 Sonderzahlungen in Höhe von zunächst 500 Millionen Euro jährlich an die allgemeine Rentenversicherung.

Rentenrechtliche Anerkennung der Erziehungsleistung verbessert

Zugleich gilt: Erziehungsleistung von Müttern und Vätern, die vor 1992 geborene Kinder erzogen haben, werden nun in der Rente umfassender anerkannt als bisher. Für diese Erziehungsleistung wird nun ohne Einschränkung ein zusätzlicher halber persönlicher Entgeltpunkt pro Kind bei der Rente gutgeschrieben (was der Anerkennung eines weiteren halben Kindererziehungsjahres in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht).

Entlastung von Geringverdienern sowie Besserstellung von Frührentnern

Durch das Gesetz entlastet werden zudem Geringverdiener, denn die Obergrenze der Beitragsentlastung wurde von 850 Euro auf 1.300 Euro monatlich angehoben. Die vollen Beiträge zur Sozialversicherung müssen somit erst ab 1.300 Euro gezahlt werden.

Frührentner, die krankheitsbedingt vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheiden oder nur noch eingeschränkt erwerbstätig sind, profitieren außerdem von einer Anhebung der Zurechnungszeit. Mit anderen Worten: Sie werden so gestellt, als hätten sie länger in die Rentenkasse eingezahlt.

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Endet nach jetziger Rechtslage die Zurechnungszeit von Frührentnern, die Entgeltpunkte für fehlende Beitragsleistungen aufgrund der Krankheit sichert, noch mit 62 Jahren und drei Monaten, wird sie schrittweise erst auf 65 Jahre und acht Monate angehoben und dann vom Jahr 2020 bis zum Jahr 2031 schrittweise auf das vollendete 67. Lebensjahr verlängert. Ziel ist, die Betroffenen so zu stellen, als ob sie entsprechend ihrem bisherigen Erwerbsleben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze weitergearbeitet hätten.

Rentengesetz als "Durchbruch" oder nur fahrlässig "erkaufte Zeit"?

Sehr unterschiedlich bewertet wird die Wirkung der Rentenreform. Während SPD-Chefin Andrea Nahles im Vorfeld von einem „wirklichen Durchbruch“ in sozialpolitischen Fragen sprach, meldete sich auch Kritik an dem Gesetz.

So kritisieren Marcel Fratzscher und Johannes Geyer, leitende Wissenschaftler am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin, in einem Beitrag der Süddeutschen: Ohne wirkliche und auch unbequeme Reformen könne das Rentenniveau kaum dauerhaft stabilisiert werden. Zumal selbst das bis 2025 festgeschriebene Rentenniveau von 48 Prozent weder großzügig noch auskömmlich wäre – über die Hälfte der Menschen, die kurz vor der Rente stehen, würden ihren Lebensstandard zum Teil deutlich einschränken müssen (der Versicherungsbote berichtete).

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Ähnlich sieht es der ehemaliger Vorsitzende der „Wirtschaftsweisen“ und Namensgeber der sogenannten „Rürup-Kommission“ Bert Rürup: Die große Koalition erkaufe sich Zeit, um nichts zu tun. Eine dauerhafte Sicherung des Rentenniveaus bis 2040 bei 48 Prozent, wie von Bundesfinanzminister Olaf Scholz vorgeschlagen, wäre kaum zu finanzieren. Auch löse die jetzige Gesetzgebung nicht das Problem vieler durchbrochener Erwerbsbiographien mit Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit und prekärer Solo-Selbständigkeit.

Ein Problem, das bereits greift: wenn immer mehr Arbeitnehmer wegen gebrochener Erwerbsbiografien nicht die 45 Jahre Beitragszahlung erreichen, liegt die tatsächliche Rentenerwartung real für viele Rentner sogar deutlich unter dem jetzt festgeschriebenen Rentenniveau, wie Ver.di-Chef Frank Bsirske zu bedenken gibt (der Spiegel berichtete).

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