Für viele ist es ein Anachronismus: das sogenannte Provisionsabgabeverbot im Versicherungsvertrieb. Nirgendwo sonst in Europa gibt es ein solches Verbot, nur in Deutschland. Es wurde zu einer Zeit eingeführt, als der Kugelschreiber noch nicht erfunden war und die Versicherungsaufsicht durch das Reichsaufsichtsamt gewährleistet wurde: in den 30er Jahren. Damals wurde der Stummfilm gerade vom Tonfilm abgelöst. Manche Branchenbeobachter nennen das Provisionsabgabeverbot als einen Grund, weshalb es Insurtechs auf dem deutschen Versicherungsmarkt besonders schwer haben.

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Fakt ist: Das Provisionsabgabeverbot gilt weiterhin. Als die europäische Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD in deutsches Recht gegossen wurde, hat der Gesetzgeber am 29.7.2017 eine Regel in das Versicherungsaufsichtsgesetz (§ 48b VAG) aufgenommen, dass es Versicherern und Vermittlern weiterhin verbietet, ihre Provision mit dem Kunden zu teilen oder anderweitig ein Geschenk in Aussicht zu stellen, wenn sie Versicherungen abschließen. In einem zweiten Gesetzesschritt wurde am 23.2.2018 dieses Verbot auch in § 34d Abs. 1 S.5 der Gewerbeordnung (GewO) verankert.

Die Wettbewerbszentrale wacht mit darüber, dass keiner gegen das Abgabeverbot verstößt. Denn die Missachtung dieser Marktverhaltensregel stellt auch einen Wettbewerbsverstoß dar. Mit einer Ausnahme: Es gibt eine Art Bagatellgrenze. Maximal 15 Euro pro Versicherungsverhältnis und Kalenderjahr dürfen an den Kunden weitergegeben werden.

Zwei Versicherer geben Unterlassungserklärungen ab

Nun hat die Wettbewerbszentrale zwei Versicherer abgemahnt, weil sie die Grenze von 15 Euro überschritten haben. Beide Versicherer verpflichteten sich mit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, in Zukunft auf Geschenke oberhalb der vom Gesetzgeber vorgesehenen Wertgrenze von 15 Euro zu verzichten, so berichtet die Wettbewerbszentrale in einem Pressetext.

Im ersten Fall hatte ein Versicherer einen Einkaufsgutschein über 25 Euro versprochen, wenn der Kunde eine Motorradversicherung abschließt. Damit konnten die Bike-Fahrer dann in einem Spezialgeschäft für Motorradhelme und Spezialkleidung einkaufen. Im zweiten Fall warb ein Versicherer mit einem Einkaufsgutschein von 50 Euro bei einem großen Online-Versand, wenn der Kunde eine Risikolebensversicherung abschloss. Um welche Gesellschaften es sich konkret handelte, teilte die Wettbewerbszentrale nicht mit.

Die Wettbewerbszentrale wies auf eine Besonderheit hin. So prüfe die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) derzeit, ob das neue Gesetz derart ausgelegt werden kann, dass bei mehrjährigen Versicherungsverträgen eine Addition der zugelassenen Prämie von 15 Euro erlaubt ist. In diesem Fall sollen die Unterlassungserklärungen noch einmal überprüft werden.

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„Die jahrelang diskutierten und dann vom Gesetzgeber ganz bewusst eingeführten Wertgrenzen für Sondervergütungen müssen eingehalten werden“, kommentierte Rechtsanwalt Peter Breun-Goerke, bei der Wettbewerbszentrale zuständig für den Bereich Finanzmarkt, diese beiden Fälle. „Nur wenn sich alle an diese Regeln halten, kann mit gleichen Chancen um den Versicherungskunden geworben werden“, so Breun-Goerke weiter.

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