Wäre die Fusion von der Provinzial Nordwest und Rheinland eine Romantikkomödie, dann wohl „Die Braut, die sich nicht traut“ der passende Titel. Schon viermal versuchten die Westfälischen Sparkassen, die beiden Versicherer zu vermählen: bisher erfolglos. Zwischenzeitlich wurde sogar über einen möglichen Verkauf der Provinzial Nordwest an die Allianz spekuliert, der dazu führte, dass sich der frühere Vorstand Ulrich Rüther mit einem Schraubenzieher selbst verletzte: Er habe dem hohen Druck an der Konzernspitze nicht mehr standgehalten, so seine Begründung (der Versicherungsbote berichtete). Es war der unrühmliche Höhepunkt eines langen Hick Hacks, wie es mit den westdeutschen Sparkassen-Töchtern weitergehen soll.

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Neue Anlaufspläne

Nun gibt es neue Pläne, die beiden Versicherer zusammenzubringen. Dies habe Liane Buchholz, Präsidentin des zuständigen Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe, am Mittwoch bei der Präsentation der Jahresbilanz 2017 bestätigt, so berichtet das „Handelsblatt“. Erste Gespräche über eine mögliche Fusion seien aufgenommen worden, aber diese noch ein „zartes Pflänzchen“, wird Buchholz zitiert, die auch den Aufsichtsrat der Provinzial Nordwest leitet. Sie sei sich aber sicher, dass sich in diesem Jahr noch etwas tun werde.

Akuter Handlungsbedarf besteht nicht. Beide Versicherer sind alleine gesund aufgestellt, zumindest gemessen an ihrer Größe. Dabei kommt den Versicherern zugute, dass sie in ihren Regionen gut verankert sind. Sie können potentielle Kunden nicht nur über die Sparkassenfilialen ansprechen, sondern zum Beispiel auch über Sportvereine und Feuerwehren, die sie vor Ort unterstützen. Dass die Anbieter auch das Verhältnis von Kosten und Brutto-Beiträgen im Blick haben, zeigt eine Combined Ratio, mit der sie besser abschneiden als der Marktschnitt von 95 Prozent (Rheinland: 89,1 Prozent; Nordwest: 88,7).

Sorgenkind: Lebensversicherung

Trotzdem haben beide Versicherer ein gemeinsames Sorgenkind: die Lebensversicherung. Hier rannten den Sparkassen-Töchtern auch 2017 die Kunden weg.

Im Schaden- und Unfallgeschäft sind beide im Soll: die Provinzial Rheinland erlöste nach vorläufigen Zahlen 2017 ein Plus bei den Bruttobeiträgen von 5,4 Prozent (auf 1,5 Milliarden Euro), die Provinzial Nordwest von 3,2 Prozent (auf 1,89 Milliarden Euro). Doch in der Leben-Sparte brachen die Prämien im Vorjahr deutlich ein. Hier musste die rheinländische Tochter ein Minus von 8,4 Prozent der Beitragssumme verkraften (auf 1,1 Milliarden Euro), bei der Provinzial Nordwest sanken die Prämien ebenfalls deutlich (von 1,97 Milliarden auf 1,41 Milliarden Euro).

Es ist vor allem auch das schwierige Altersvorsorge-Geschäft im Niedrigzins, die Stimmen nach einer Fusion laut werden lassen. So sollen doppelte Strukturen abgebaut und Kosten reduziert werden. Die Provinzial Rheinland hat sich bereits Anfang 2016 eine Sparprogramm namens „Plan P“ auferlegt, mit dem 25-30 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden sollen. Aus Sicht des verantwortlichen Sparkassen-Verbandes Westfalen-Lippe reicht das nicht.

Fusion scheiterte an Rechtsform

Bereits zum Jahresanfang 2018 hatte der Sparkassen-Verband Westfalen-Lippe in einer Stellungnahme verkündet, dass eine "ergebnisoffene Prüfung" über eine mögliche Fusion der beiden Versicherer stattfinde: auch mit der Option auf Scheitern. Denn dabei würden "Szenarien von einer Stand-alone-Lösung über Kooperationsmodelle bis hin zu einer Fusion" durchgespielt, hieß es in dem Statement.

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Der bislang letzte Versuch der beiden Gesellschaften, zusammenzufinden, war vor gut vier Jahren am Veto des Landschaftsverbandes Westfalen/Lippe (LWL) gescheitert. Der Verband fürchtete, dass Steuer-Rückforderungen in zweistelliger Millionenhöhe drohen, wenn die Provinzial Nordwest AG in eine Anstalt des öffentlichen Rechts zurückverwandelt wird. So hatten es die Rheinländer gewünscht: eine Einigkeit über die Rechtsform konnte nicht erzielt werden. Das Problem würde sich auch diesmal wieder stellen.

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