Wenn Kassenpatienten gegen Ende eines Abrechnungsquartals krank werden, besteht die Gefahr, dass sie schlechter einen Arzttermin oder bestimmte Leistungen erhalten. Das zeigt eine aktuelle Forschungsarbeit des Hamburg Center for Health Economics (HCHE). Für die nicht repräsentative Untersuchung werteten die Forscher ambulante Abrechnungsdaten aus den Jahren 2013 und 2014 aus: Dabei handelt es sich um die 30 am häufigsten abgerechneten Gebührenpositionen.

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Weniger mengenbegrenzte Behandlungen am Quartalsende

Untersucht wurden in der Studie Leistungen, die nach dem sogenannten Globalbudget vergütet werden: je nach Fachrichtung 50 bis 90 Prozent aller Kassenleistungen. Stark vereinfacht sind das solche Leistungen, bei denen ein Arzt „bestraft“ wird, wenn er sie innerhalb eines Quartals zu oft verschreibt. Sie werden nur so lange voll erstattet, bis die sogenannten Regelleistungsvolumina ausgeschöpft sind. Verschreibt sie der Arzt darüber hinaus, wird die Vergütung gekürzt.

Tatsächlich werden Leistungen nach dem Globalbudget gerade gegen Ende eines Quartals vielfach seltener von Ärzten verschrieben, berichten die Studienautoren um Professor Mathias Kifmann. In den letzten vier Wochen vor Quartalsende brechen die Zahlen regelrecht ein, und zwar über alle Fachrichtungen hinweg. Die deutlichsten Effekte würden sich bei Hautärzten, Augenärzten und Gynäkologen zeigen.

Große Arztpraxen und Praxisgemeinschaften würden hingegen weniger stark auf Auswirkungen des Globalbudgets reagieren, speziell, wenn mehrere Fachrichtungen vertreten sind. Diese könnten besser damit umgehen, wenn das Budget gegen Ende des Quartals eingeschränkt werde.

Mehr Zulauf zu Bereitschaftsdiensten

„Das ambulante Vergütungssystem führt dazu, dass weniger Behandlungen am Quartalsende stattfinden und es einen sprunghaften Anstieg am Quartalsanfang gibt“, erklärt Mathias Kifmann. Die Folge: Wer am Quartalsende keinen Termin beim niedergelassenen Arzt bekomme, gehe unter Umständen zum ärztlichen Bereitschaftsdienst. Drei bis vier Wochen vor Quartalsende erhöhe sich der Zulauf bei den Bereitschaftsdiensten um 19 Prozentpunkte, zwei Wochen vor Quartalsende flache sich der Anstieg auf knapp 11 Prozentpunkte ab.

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Für Behandlungen wie Impfungen, Vorsorge und ambulante Operationen, die unabhängig von Pauschalen und Globalbudgets erstattet werden, konnten hingegen über alle Fachrichtungen hinweg keine quartalsbedingten Effekte beobachtet werden, berichten die Studienmache. Mit einer Ausnahme: Allgemeinmediziner würden auch bei diesen Leistungen weniger verschreiben. "Wir gehen daher davon aus, dass Hausärzte ihre Praxentätigkeit zum Ende des Quartals einschränken", erklärt Kifman.

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