Die Privatbank Donner & Reuschel wird sich schon bald vor Gericht verantworten müssen. Die Marktwächter Finanzen haben Klage gegen das Bankhaus eingereicht, wie die bei den Verbraucherzentralen angesiedelte Watchdog-Organisation in einem Pressetext berichtet.

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Die Bank hatte Riester-Kunden vor die Tür gesetzt, was nach Ansicht der Verbraucherschützer aber nicht rechtens ist. Die Klage ist vor dem Landgericht Hamburg unter dem Aktenzeichen 416 HKO 196/17 anhängig, wie eine Sprecherin der Marktwächter Finanzen gegenüber dem Versicherungsboten berichtete.

Riester-Policen „stören die Geschäftsgrundlage“

Das Bankhaus Donner & Reuschel ist eine Signal-Iduna-Tochter, die sich auf wohlhabende Kunden spezialisiert hat. Die Bank hat laut eines Berichtes des Magazins „Capital“ zwischen 2002 und 2009 rund 1.300 Riester-Verträge vermittelt. Doch erfolgreich war man damit nicht: Zuletzt seien nur 134 Kunden übrig geblieben, eine überschaubare Zahl.

Schon im Jahr 2016 hatte die Bank den Vertrieb der Altersvorsorge-Verträge gestoppt. Doch nun wollte man sich auch von den verbleibenden Kunden trennen. Ihnen bot man an, in eine andere Riester-Vorsorge der Firmenmutter Signal Iduna zu wechseln. Wer das nicht wollte, erhielt die außerordentliche Kündigung seines Vertrages. Und damit rief man auch die Finanzmarktwächter auf dem Plan, denn Riester-Verträge dürfen nur in Ausnahmefällen gekündigt werden.

Besonders sauer stößt den Marktwächtern die Begründung auf, weshalb man sich von den Sparern außerordentlich trennen wollte. Die Bank hatte nach eigenen Angaben ihre IT umgestellt und mit der neuen Technik Probleme, die Riester-Pläne abzubilden. Kurzerhand berief sich die Bank auf Paragraph 313 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dort ist festgeschrieben, dass ein Vertragspartner aufgrund „Störung der Geschäftsgrundlage“ einseitig von einem Vertrag zurücktreten kann, wenn sich Annahmen eines Vertrages zum Nachteil einer Partei verändert haben und eine Fortführung unzumutbar geworden ist (siehe Kästchen).

Das Bankhaus berief sich auf § 313 BGB, um die Kündigung der Riester-Renten zu rechtfertigen. Quelle: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

“Solche Kündigungen sind nicht hinnehmbar“

Zwar blieben bei Donner & Reuschel letztendlich nur 16 Bankkunden übrig, die das Angebot nicht annehmen und ihre Verträge umdecken lassen wollten. Dennoch sehen es die Marktwächter als wichtig an, gegen die Kündigungen zu intervenieren. Man fürchtet einen Türöffner-Effekt, so dass andere Riester-Anbieter dem Beispiel des Geldhauses folgen könnten. Mit verheerenden Folgen für die Sparer: Schon eine selbst veranlasste Umstellung der IT-Systeme würde demnach als Begründung ausreichen, um Riester-Kunden aus ihren Verträgen zu werfen.

„Eine Änderung der IT-Landschaft, die die Bank selbst veranlasst hat, kann unserer Ansicht nach eine Kündigung wegen „Störung der Geschäftsgrundlage“ nach § 313 BGB nicht begründen“, erklärt Benjamin Wick, Referent Marktwächter Finanzen bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Wenn die Bank damit durchkommt, zerstört das das Vertrauen in die staatlich geförderte Altersvorsorge. Wird ein Riester-Vertrag gekündigt, verliert der betroffene Verbraucher nicht nur die künftige Verzinsung seiner Spareinlage, sondern vor allem die staatlichen Zulagen. Solche Kündigungen sind nicht hinnehmbar.“

Angst vor Kündigungsjoker § 313 BGB

Die Experten des Marktwächter-Teams sind alarmiert: Sie fürchten, dass sich Paragraph 313 BGB zu einer Art Kündigungsjoker entwickeln könnte, der es Banken und Versicherungen erlaubt, Altersvorsorgesparer unter fadenscheinigen Argumenten loszuwerden. „Wir wollen mit unserer Klage das Verhalten des Anbieters im Interesse der Verbraucher gerichtlich überprüfen lassen“, so Benjamin Wick. Im aktuellen Niedrigzins-Umfeld betreffe das nicht nur Riester-Policen, sondern auch andere Anlageprodukte. So haben die Marktwächter bereits im Juli die Aachener Bausparkasse verklagt, die hochverzinste Bausparverträge ebenfalls mit Verweis auf § 313 BGB gekündigt hatte.

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Tatsächlich ist zu befürchten, dass sich Anbieter komplett von ihrer Riester-Sparte trennen wollen. Denn im aktuellen Niedrigzins lohnt sich Riester auch für immer mehr Versicherer kaum noch. Erst jüngst haben erneut fünf Gesellschaften ihr Neugeschäft mit Riester-Verträgen komplett eingestellt, so berichtet "Euro am Sonntag", darunter bekannte Namen wie die Nürnberger, Inter und Öffentliche Braunschweig. Grund seien die fehlende Nachfrage, ein höherer Verwaltungsaufwand durch neue Aufsichtsregeln sowie Sorgen um die Zukunft der Riester-Rente (der Versicherungsbote berichtete).

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