Der Bund der Versicherten (BdV) hat sich gemeinsam mit Carsten Zielke von Zielke Research Consult die Solvency-II-Berichte der privaten Krankenversicherer analysiert. Die neuen Aufsichtsregeln verpflichten die Unternehmen, diese Berichte offen zu legen: Sie sollen Aufschluss darüber geben, wie sicher und stabil die Krankenversicherer aufgestellt sind. Doch für die Gegebenheiten des deutschen Marktes sind die Anforderungen nur bedingt tauglich, so ein Ergebnis der Studie. Am besten schnitten im Transparenz-Rating die Hallesche, Universa und Signal ab, deren Solvenzberichten die größte Transparenz und Aussagekraft zugestanden wurde.

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Neun Kennzahlen der Versicherer wurden hierbei verglichen:

  • die Transparenz der Solvenz-Berichte,
  • die Solvenz selbst,
  • Gewinnerwartung,
  • das Marktrisiko,
  • der Anteil an gehaltenen Staatsanleihen,
  • die Diversifizierung der Geldanlagen (Wie breit sind diese gestreut?),
  • die Risikomarge,
  • Anteil Überschussfonds (hohe Überschüsse werden als positiv bewertet, weil sie Prämiensteigerungen dämpfen) sowie
  • die zu erwartende Beitragsstabilität des Anbieters.

Wie gut der Versicherer bei den einzelnen Werten abschneidet, wollen Zielke und BdV mit einem einfachen Ampelsystem abbilden. Grün bedeutet: der Versicherer ist angemessen gut aufgestellt. Gelb hingegen: es gibt Verbesserungspotential. Ein rotes Licht soll dringenden Handlungsbedarf verbildlichen. Auf der Webseite des BdV sind die einzelnen Ergebnisse sowie ein Kommentar von Zielke zu jedem einzelnen Versicherer abrufbar.

PKV-Versicherer können mit Prämienanpassungen Solvenz sichern

„Die Solvenzberichte der PKV-Unternehmen haben ihre größte Stärke in Informationen zu den Kapitalanlagen und der Gewinneinschätzung“, so BdV-Vorstandssprecher und Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein. „Die Solvenz selbst ist von eher geringerem Interesse, da die Versicherer durch Beitragsanpassungen schnell auf schwierige Situationen reagieren können – und das tun sie ja auch regelmäßig zum Leidwesen der Versicherten.“

Die Berichte könnten zwar hilfreich sein, um einschätzen zu können, wie es um die kurzfristigen Erwartungen zu Beitragsanpassungen steht, berichtet der BdV per Pressetext. Für die Untersuchung hat Zielke hierzu Einschätzungen aus den Solvenzberichten abgeleitet, bei welchen Unternehmen Anpassungen zu erwarten sind. „Längerfristige Einschätzungen sind aber aus den Solvenzberichten nicht ableitbar“, so der Analyst.

Somit zeige sich, dass die Solvenzberichte nur bedingt die Fragen der Verbraucher abbilden, kritisiert der BdV. Bei der Entwicklung der Regeln habe der deutsche Markt aber überhaupt nicht im Fokus gestanden. „Die deutsche PKV ist im internationalen Vergleich ein echter Exot“, erläutert Kleinlein, weil die Versicherer eben mit Prämienanpassungen reagieren könnten.

Kein Unternehmen mit negativer Gewinnerwartung

Mehr Aussagekraft als der Solvenz sprechen die Analysten deshalb den Aussagen zu Kapitalanlagen und Gewinnerwartung zu. Hier zeigen sich deutliche Unterschiede zur Lebensversicherung, die der BdV zuvor ebenfalls getestet hatte. Zwar hätten die Mehrheit privaten Krankenversicherer (21 der 40 Versicherer) Probleme, eine aus Verbrauchersicht akzeptable Gewinnerwartung auszuweisen. Dennoch: kein Unternehmen weise eine negative Gewinnerwartung aus.

Der Durchschnitt der zu erwartenden Gewinne/Eigenmittel liege bei den privaten Krankenversicherern bei 71 Prozent, so das Ergebnis der Studie. Bei den Lebensversicherern hingegen nur bei acht Prozent: hier zeigen sich die PKV-Anbieter weit stabiler. Die höchsten Gewinne erwarten dabei die Unternehmen Württembergische, Vigo und die Mecklenburgische.

Überdurchschnittliche Beitragsanpassungen zu erwarten

Bezüglich langfristiger Prämienanpassungen haben die Solvenzberichte nur einen begrenzten Aussagewert, so die bereits oben angesprochene Kritik. Deshalb beschränkt sich die Studie auf Prognosen zu den kommenden fünf Jahren.

Negativ: Bei 16 Anbietern sehen BdV und Zielke die Tendenz zu einer Prämienanpassung innerhalb des kommenden 5-Jahres-Zeitraums, die über die "medizinische Inflation" hinausgehen. Gemeint sind hiermit Versicherer, die ihre Beiträge stärker anheben müssen, als dies die Kostenentwicklung im Gesundheitssystem infolge der demografischen Entwicklung und des Fortschritts bei den Medikamenten bedingen würde.

Mit einer roten Ampel hinsichtlich der Prämien-Stabilität ("dringender Handlungsbedarf") haben die Studienmacher entsprechend folgende Versicherer bewertet (in alphabetischer Reihenfolge): Axa, BBKK, Debeka, DKV, Deutscher Ring, Gothaer KV, Hallesche KV, HUK-Coburg, Inter, Liga KV, Münchener Verein, Nürnberger, Pax Familienfürsorge, Süddeutsche KV, Universa und Vigo.

Marktführer Debeka auch mit roter Ampel

Im Gesamtergebnis mit "Rot" und damit "dringendem Handlungsbedarf" wurde auch die Debeka bewertet, Marktführer bei den privaten Krankenversicherung mit 2,3 Millionen Verträgen. Auch bei den Koblenzern müsse mit überdurchschnittlichen Prämienanstiegen innerhalb der kommenden fünf Jahre gerechnet werden, so die Einschätzung.

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"Die Debeka zeigt einen niedrigen Überschußfonds, der im Verhältnis zur erfolgsabhängigen Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) eher durchschnittlich ist", kommtentiert Carsten Zielke. "Die RfB-Quote ist ebenfalls eher durchschnittlich. Damit scheinen Beitragsanpassungen wahrscheinlich. Die Kapitalanlage könnte diversifizierter sein, um nachhaltig ausreichende Erträge zu erzielen. Der SCFR-Bericht gibt nur Allgemeinheiten wieder."

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