Die Ergo gründet eine eigene IT-Gesellschaft mit Sitz in Berlin und einer Niederlassung in Warschau. „Ergo Digital IT“ soll das neue Software-Haus heißen und bis zu 100 Mitarbeiter beschäftigen. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung am Dienstag und beruft sich auf Tomasz Smaczny, neuer IT-Chef des Versicherers.

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Dabei hat die Ergo auch die Konkurrenz durch Fin- und Insurtechs im Blick. Der Schwerpunkt von Ergo Digital soll auf der Entwicklung von kundennahen Anwendungen liegen, berichtet Versicherungskorrespondent Herbert Fromme. „Agile“ und schnelle Apps also, die dem Kunden das Tagesgeschäft im Kontakt mit dem Versicherer erleichtern: Apps für die Schadensmeldung, digitale Kundenordner, Telematik-Systeme für die Autoversicherung. Bisher habe das Unternehmen aber erst sechs Mitarbeiter und soll nun schnell ausgebaut werden.

Start-up-Feeling in Berlin und Warschau

Auffallend ist die Distanz der neuen Gesellschaft zum Mutterkonzern, die ihren Sitz in Düsseldorf hat. Doch nicht ohne Grund: Smaczny erhoffe sich schnellere Ergebnisse als bisher bei der Entwicklung neuer Anwendungen und wolle sich auf die Entwickler-Szene in Berlin stützen, berichtet Fromme. Mit 2,1 Milliarden Euro Risikokapital avancierte Berlin im Jahr 2015 europaweit zum Investorenliebling Nummer eins in der Digitalbranche, so eine Studie des "Instituts für Strategieentwicklung" (IFSE).

Auch der Standort Warschau ist nur auf den ersten Blick abwegig. Warschau ist eine der am schnellsten wachsenden Städte in der europäischen Union. Die polnische Metropole lockt nicht nur mit preiswerten Büroflächen im Zentrum – auch zahlreiche Start-ups und Entwickler haben sich hier bereits angesiedelt. Ende 2015 bezifferte der Gewerbedienstleister Colliers International das Angebot an Büroflächen auf über viereinhalb Millionen Quadratmeter.

Der Boom in Warschau dürfte dem gebürtigen Polen Smaczny kaum entgangen sein. Dabei wirbt die Stadt mit ihrem Gründerflair bewusst um große Konzerne. “Warschau versucht, große Markenkonzerne mit kleinen Start-ups in Kontakt zu bringen, um Programme zu starten, bei denen sie an einem Tisch sitzen und die Probleme angehen“, wird Vize-Bürgermeister Michal Olszewski von „Euronews“ zitiert. Die Hauptgründe, sich in Warschau anzusiedeln, seien „der gute Zugang zum Markt, gut ausgebildetes Personal und die gute Infrastruktur in der Stadt, die auch die Lebensqualität steigert.” Bei der diesjährigen Expo in Hannover war Polen Partnerland der Messe.

Globale Ausrichtung

Dass die Ergo in Sachen "Digital" Nachholbedarf hat, steht außer Frage. Seit seiner Gründung im Jahr 1997, als die Munich Re ihre Töchter Victoria und Hamburg-Mannheimer fusionierte, wird der Versicherer von Technikproblemen heimgesucht (der Versicherungsbote berichtete). Denn neu war zwar der Name, nicht jedoch die IT: Die unterschiedlichen Kernprogramme, mit denen Verträge und Kundendaten verwaltet werden, sind zum Teil schon über 50 Jahre alt. Die damals gängigen Rechner, groß wie eine Waschmaschine, konnten kaum mehr als 17.000 Wörter speichern.

„Ergo Digital“ soll nun Itergo, den bereits etablierten IT-Dienstleister des Düsseldorfer Versicherers mit mehr als 1.400 Mitarbeitern, ergänzen und auf die internationalen Märkte ausgerichtet sein. Aktuell ist Ergo in mehr als 30 Staaten aktiv. Während bei den Kernprogrammen in den verschiedenen Ländern die jeweiligen Vorschriften beachtet werden müssten, soll "Ergo Digital" erlauben, kleine Anwendungen schnell in die jeweiligen Zielmärkte zu exportieren - ohne Neuprogrammierungen.

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"Wir entwickeln die IT der Ergo auf globaler Ebene", wird Smaczny in der Süddeutschen zitiert. "Dazu gehört Itergo ebenso wie die anderen IT-Gesellschaften in den Ländern, in denen wir arbeiten, und jetzt auch Ergo Digital."

Süddeutsche Zeitung

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