Versicherungsbote: "In der Berufsunfähigkeitsversicherung sorgen unklare und unverbindliche Verträge dafür, dass sowohl Vermittler als auch Verbraucher kaum die Qualität der Tarife einschätzen und vergleichen können". Zu diesem bitteren Fazit kommt die Beratungsgesellschaft PremiumCircle anhand einer eigenen Umfrage. Wie schätzen Sie die Ergebnisse der Umfrage ein?

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Philip Wenzel: Es ist eigentlich wie überall im Leben. Es ist ausreichend, wenn ich für mich eine Lösung finde. Einige Vermittler können die Qualität von Tarifen einschätzen und diese finden dann auch die passende Versicherungslösung für den Kunden.Aber wenn wir dieses Ergebnis mal so stehen lassen, dann sollte das Problem nicht nur produktseitig angegangen werden. Viel wichtiger wäre es, die Vermittler so gut zu schulen, damit sie mündig wären, eine sinnvolle Auswahl zu treffen.

Laut Statistischem Jahrbuch des GDV haben rund 12,9 Millionen Bundesbürger eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) abgeschlossen. Damit verfügt nur ein Bruchteil der Erwerbstätigen in Deutschland über einen entsprechenden Schutz – obwohl ihn selbst Verbraucherschützer für unverzichtbar halten. Was sind die Gründe für diese Zurückhaltung?

Innerhalb und außerhalb der Branche wird genügend dafür getan. Auch der Verbraucherschutz schreibt ja immer wieder, dass die Versicherer nie leisten würden. Wieso sollte ich also so eine Versicherung abschließen? Diejenigen, die sich dann doch dazu entscheiden, scheitern nochmal zu einem großen Teil am Preis oder der Gesundheitsprüfung.

Ich denke aber, dass die meisten Menschen verwirrt sind durch die gegensätzlichen Aussagen des Verbraucherschutzes und anderen. Wie kann etwas unverzichtbar sein, das mich im Leistungsfall im Stich lässt? Hier wäre es schön, wenn mehr differenziert würde. Um der guten Versicherer Willen, die es ja unbestritten gibt. Und da reichen ja schon ein paar aus, um gute Lösungen zu finden.

Wolfgang Schuldzinski, Chef der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, kritisierte bereits 2015, dass private Berufsunfähigkeits-Versicherer die entstandene Lücke nicht schließen können. Schuld sei neben den strengen Annahmerichtlinien auch die fehlende Qualifikation der Vermittler. Wie stehen Sie zu diesen Aussagen?

Ich weiß nicht, ob Herr Schuldzinski mich damit gemeint hat und auch nicht genau, wie er das gemeint hat. Wie oben schon gesagt, wäre sicherlich mehr geholfen, wenn ich schlauer würde, bevor die Produkte einfacher werden.

Hat die Versicherungswirtschaft beim Thema Arbeitskraftabsicherung versagt?

Das Spiel läuft ja noch. .. Sicherlich war die Fokussierung auf die BUV nicht unbedingt hilfreich, da weder Versicherer und noch weniger die Vermittler von diesem erreichten Standard abweichen möchten. Ich persönlich denke aber, dass der eine oder andere Kunde sicherlich durchaus bereit wäre, ein größeres Risiko selbst zu tragen. Ich selbst habe umgeschult, ohne erkennbar krank zu sein. Das würde ich im Krankheitsfall sicherlich auch tun, um meine Familie weiter ernähren zu können. Das sehen andere sicherlich ähnlich. Denn grundsätzlich ist eine Notlösung immer besser als keine Lösung.

Die zunehmende Berufsgruppen-Differenzierung in den letzten Jahren macht es Vermittlern immer schwerer Risikoberufe wie zum Beispiel Dachdecker abzusichern. Wie wird sich das Thema in Zukunft entwickeln?

Die Differenzierung lässt sich nicht mehr rückgängig machen, ohne dass der Staat hier eingreift. Vielleicht sind mal alle Akademiker versichert, sodass die Handwerker wieder eine interessante Zielgruppe für die BUV werden. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Ausweichprodukte noch stärker als Alternative beworben werden.

Wie kann man das Problem lösen, dass Risikoberufe nur schwer oder teuer Schutz finden?

Hier muss einfach mal neu gedacht werden. Klar ist, dass wir keine günstigere Lösung finden werden, die besser als die BUV leistet. Aber es gäbe die Möglichkeit, auch Handwerkern einen Schutz anzubieten, der vergleichbar, also auch unabhängig vom Auslöser leistet.

Welche Punkte gehören in eine Wunsch-BU?

Lässt sich pauschal nicht sagen. Das kommt immer auf den Kunden an.

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Die Fragen stellte Björn Bergfeld

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