Auf Kaliforniens Straßen dürften bald auch selbstfahrende Autos von Apple zu sehen sein. Der Konzern hat von den Verkehrsbehörden des Bundesstaats eine Erlaubnis erhalten, drei umgebaute SUV Lexus auf öffentlichen Straßen zu testen. Das berichten übereinstimmend mehrere Medien, unter anderem Tagesschau.de und die Deutsche Presse-Agentur (dpa).

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Die Genehmigung wurde am Freitag letzter Woche von den Behörden öffentlich gemacht. Eine aktuelle Stellungnahme des Konzerns zu seinen Plänen mit autonom fahrenden PKW gibt es jedoch nicht. Apple ist keineswegs die erste Firma mit einer entsprechenden Lizenz: Andere Firmen erproben autonome Autos auf Kaliforniens Straßen schon länger. Unter den 30 Firmen, die eine Lizenz für autonomes Fahren vorzeigen können, sind auch deutsche Autobauer wie Daimler und Volkswagen sowie die Google-Tochter Waymo.

Viele unbestätigte Gerüchte

Apples Engagement bei selbstfahrenden Autos gilt seit Jahren als offenes Geheimnis. Im November 2016 hatte unter anderem der Sportwagen-Hersteller McLaren offiziell bestätigt, mit Apple über gemeinsame Projekte gesprochen zu haben. Diese seien jedoch ergebnislos verlaufen, sagte damals Mike Flewitt, Chef von McLaren Automotive, der Nachrichtenagentur Reuters.

Für Aufmerksamkeit sorgten mehrere Medienberichte, wonach Apple unter dem Codenamen „Project Titan“ an der Entwicklung selbstfahrender Elektro-Autos arbeite. Das New Yorker Wall Street Journal berichtete im September 2015, dass 1.800 Experten allein mit diesem Projekt beauftragt seien, und berief sich auf Insider. Laut Bloomberg wiederum sei das Projekt im Oktober 2016 eingestellt worden, hunderte Mitarbeiter hätten das Unternehmen verlassen oder seien versetzt worden. Eine offizielle Bestätigung für die Existenz des Projektes hat es durch Apple nie gegeben.

Teststrecken auch in Deutschland

Fest steht aber: Die Entwicklung selbst fahrender Autos ist auch dank anderer Hersteller weit fortgeschritten. In Deutschland experimentieren unter anderem Daimler und BMW seit Jahren mit der Technik (der Versicherungsbote berichtete). Seit 2015 werden auf der A9 in Bayern autonomes Fahren und vernetzte Autos getestet. Das entsprechende Pilotprojekt "Digitales Testfeld Autobahn" hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) angeschoben.

Im November 2016 hat das Bundesverkehrsministerium weitere 80 Millionen Euro für den Ausbau von Teststrecken bewilligt. Dafür werden die Straßen mit Sensoren ausgestattet, die mit den autonomen Fahrzeugen kommunizieren können: zum Beispiel eine Info geben, wenn sich vor ihnen ein Unfall ereignet hat.

Die Erfahrungen mit den Autobahntests seien positiv, berichtete Dobrindt im Herbst letzten Jahres vor Pressevertretern in Berlin. "Jetzt nehmen wir die komplexen Verkehrssituationen auf den Landstraßen und im Stadtverkehr in den Blick." Auf der A9 sind auch sogenannte Lkw-Platoons unterwegs, bei denen mehrere Trucks vom ersten Fahrzeug aus ferngesteuert werden.

Kfz-Haftpflicht: Produkthaftung für Entschädigung von Unfallopfern nicht geeignet

Die Möglichkeit, dass autonom fahrende Autos auf Deutschlands Straßen fahren, lässt auch Fragen nach dem Kfz-Haftpflicht-Schutz laut werden. Wer haftet, wenn ein autonomes Auto in einen Unfall verwickelt wird? Ist der Autofahrer überhaupt in die Verantwortung zu nehmen, wenn er den Wagen gar nicht selbst steuerte?

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) spricht sich dafür aus, an der Haftung des Fahrzeughalters festzuhalten. „Auch wenn der Wettlauf um die Technologieführerschaft beim automatisierten Fahren für erstaunliche Fortschritte sorgt, ist und bleibt der Fahrer auf absehbare Zeit die entscheidende Instanz“, erklärt Tibor S. Pataki, Leiter Kraftfahrtversicherung, Kfz-Technik und Statistik beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), in einem Gastbeitrag für den Versicherungsboten.

Eine Produkthaftung des Autoherstellers sei hingegen auch bei vollautomatischen Fahrsystemen nicht machbar, weil sie eine schnelle Entschädigung von Verkehrsopfern verhindere. Wird die Verantwortung vom Halter auf den Hersteller übertragen, müssten die Unfallopfer im schlimmsten Fall einen langen Rechtsstreit gegen den Autohersteller führen, um einen Defekt am PKW nachzuweisen, der den Unfall bewirkte – selbst, wenn das Opfer keinerlei Schuld trifft.

„In jedem Einzelfall müssten die Unfallopfer den Herstellern einen Produktfehler gerichtsfest nachweisen, und selbst dann bestünde eine Haftung nur unter bestimmten Voraussetzungen“, erklärt GDV-Experte Pataki, worin ein Nachteil der Produkthaftung bestehen würde. „Würden nach einem Autounfall also nicht mehr die bewährten Regeln der Halterhaftung und des Direktanspruchs gelten, wären die Unfallopfer massiv benachteiligt.“ Versicherer sollten demnach zunächst die Haftpflichtansprüche an einen Geschädigten ersetzen - dann aber den Autohersteller in Regress nehmen können, wenn Gutachter einen Fehler am Auto nachweisen.

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Im Grunde würde sich somit auch durch das autonome Fahren in Haftpflicht-Fragen nicht viel ändern. Denn schon heute lautet der Grundsatz: Erst entschädigt der Versicherer das Opfer, dann klärt er eine weitergehende Haftung aufgrund von Herstellungsfehlern. Zum Beispiel, wenn das Auto aufgrund eines Motorfehlers Feuer fängt und dadurch dritte Personen einen Schaden erleiden.

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