Der Versicherungsjurist Hans-Peter Schwintowski lehrt und forscht an der Humboldt-Universität zu Berlin.Das IDD-Gesetz der Bundesregierung ist verfassungswidrig – zu dieser Einschätzung kommt eine rechtswissenschaftliche Stellungnahme, die der Jurist Hans-Peter Schwintowski von der Humboldt Universität zu Berlin im Auftrag des Bundesverbandes Finanzdienstleistung (AfW) erstellt hat. Demnach greifen die Pläne zur Umsetzung der EU-Vertriebsrichtlinie IDD unverhältnismäßig stark in den Markt ein, wie der Verband in einer Pressemeldung berichtet.

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Provisionsbindung als verfassungswidrigen Eingriff in den Markt beurteilt

Wichtigster Kritikpunkt der Stellungnahme ist die laut IDD-Gesetzentwurf angestrebte Provisionsbindung. Versicherungsmaklern soll es künftig verboten sein, für Dienste ein Honorar direkt vom Kunden zu verlangen. Dies sieht eine Neuregelung in § 34d Abs. 1 S. 6 der Gewerbeordnung (GewO) vor. Wird der Gesetzentwurf der Bundesregierung wie geplant umgesetzt, dürfen sich die Makler nur noch von den Versicherern vergüten lassen.

Laut Schwintowskis Stellungnahme würde ein solches Honorarverbot die Beratungsfreiheit der Makler erheblich einschränken und auch zu Lasten der Verbraucher gehen. „Das totale Verbot, Honorarvereinbarungen mit den Verbrauchern zu schließen, ist der schwerstmögliche Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Versicherungsmakler“, heißt es in dem Papier. Und weiter: "Dadurch wird der Versicherungsmakler gezwungen, seine eigenen Kunden bei gewünschter Honorarberatung an Wettbewerber abzugeben."

Zugleich könnte der Versicherungsmakler nicht mehr im bestmöglichen Interesse der Verbraucher beraten, weil er bestimmte Produkte, die eine Honorarvereinbarung voraussetzen (z.B. manche Nettoprodukte), nicht in seine Vermittlung aufnehmen dürfe. Die volle Wahlfreiheit der Kunden und des Maklers auf die Art und Weise der Vergütung müsse erhalten bleiben, fordert der Berliner Professor.

IDD-Gesetz schwächt Honorarberatung

Damit nicht genug. Wenn der Gesetzgeber mit dem IDD-Entwurf die Honorarberatung stärken will, um eine größere Unabhängigkeit der Vermittler von den Produktgebern zu erreichen, so erreicht er nach Einschätzung von Schwintowski mit dem Annahmeverbot für Makler genau das Gegenteil. Der Grund: Es gibt schlicht zu wenige Honorarberater, die das Honorarberatungsmodell erfolgreich am Markt etablieren könnten.

Kaum mehr als 300 Honorarberater sind laut Vermittlerregister der Industrie- und Handelskammern registriert, eine breite Marktdurchdringung lässt sich damit nicht erzielen. Dem entgegen wären die circa 45.000 Versicherungsmakler in der Lage, „die Honorarberatung in Deutschland flächendeckend durchzusetzen“, heißt es in der Stellungnahme. Fazit: „Der Eingriff in das Berufsrecht der Versicherungsmakler, mit Verbrauchern Honorarvereinbarungen zu schließen, ist weder erforderlich, noch geeignet.“

"Aus alledem folgt, dass der Gesetzgeber nicht die Honorarberatung, sondern offenbar den Vertriebsweg (Versicherungsberater) stärken will", schlussfolgert Schwintowski in der Stellungnahme. "Würde der Gesetzgeber tatsächlich die Honorarberatung stärken wollen, so müsste er den Versicherungsmakler den Zugang zum Honorarmarkt auf gesichertem gesetzlichen Fundament auch weiterhin erlauben". Unter anderem fordert der Leipziger Maklerpool Invers eine Honorarordnung für Versicherungsmakler statt eines Verbotes.

"Schlechterstellung des Berufszweiges entgegentreten"

Unterstützt hat das Rechtsgutachten -neben dem AfW - der Versicherer Standard Life, der Maklerpool maxpool sowie die Honorarberatungs-Plattform Honorarkonzept. Die Beteiligten hoffen, dass das Gesetz nun im Sinne der Makler geändert wird, bevor es endgültig in Kraft tritt.

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Christian Nuschele, Head of Sales Germany & Austria der Standard Life: „Es ist wichtig, dass sich die Makler, Verbände und Maklerversicherer dafür stark machen, dass es in den finalen Verhandlungen noch einmal zu positiven Änderungen im Sinne der unabhängigen Makler kommt". Und maxpool-Chef Drewes ergänzt: „Als Maklerpool ist es uns wichtig, einer offensichtlich verfassungswidrigen und praxisuntauglichen Schlechterstellung unseres Berufszweiges entgegenzutreten. Wir hoffen sehr auf eine verfassungskonforme und verbraucherfreundliche Nachjustierung des Gesetzes.“

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