Ein rein digitaler privater Krankenversicherer, der seine Policen online betreibt? Dieses ehrgeizige Projekt treibt das Startup Ottonova voran. Offenbar mit Erfolg, wie das Portal gründerszene.de berichtete. Die Münchener haben demnach bereits zwanzig Millionen Euro von Geldgebern einsammeln können. Einen entsprechenden Betrag habe Firmengründer Roman Rittweger auf Nachfrage bestätigt.

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Ottonova hat finanzkräftige Unterstützer

An den Start gegangen ist Ottonova Ende 2015. Und der Versicherer in Wartestellung konnte recht zeitig auf geldkräftige Unterstützer bauen. Unter anderem steckt Finanzinvestor Dieter von Holtzbrinck hohe Summen in das Insurtech. Dessen Gründer-Firma Holtzbrinck Ventures hat derzeit nach eigenen Angaben europaweit 735 Millionen Euro an Risikokapital investiert, um hoffnungsvolle Startups aufzubauen.

Nachdem Ottonova bereits in einer ersten Finanzierungsrunde fünf Millionen Euro einsammeln konnte, kamen Anfang März weitere finanzkräftige Geldgeber hinzu. Unter anderem pumpten Tengelmann Ventures, Vorwerk Ventures und STS Ventures von Onvista-Gründer Stephan Schubert weitere Millionen in das Startup, wie die Süddeutsche Zeitung vor einer Woche berichtete. So verfügt das Insurtech nun über besagtes Kapital von zwanzig Millionen Euro.

Geld reicht noch nicht

Doch für die eigenen hochgesteckten Ziele reicht das Geld noch nicht. Wer eine Krankenversicherung gründen will, der braucht dafür eine entsprechende Lizenz von der deutschen Finanzaufsichtsbehörde BaFin. Und diese schaut im Sinne der Kunden sehr genau darauf, dass ein angehender Versicherer auch langfristig flüssig bleibt.

Die nun eingesammelten 20 Millionen Euro seien nicht genug, erklärt Rittweger gegenüber gründerszene.de: „Damit sind wir für das nächste Jahr durchfinanziert, aber die Bafin will, dass wir für die kommenden drei Jahre Geld haben.“ Es fehle also noch ein zweistelliger Millionenbetrag. Dieser soll durch eine neue Finanzierungsrunde im Sommer zustande kommen.

Deutlich erschwert wird das Projekt „Gründung eines Krankenversicherers“ durch den niedrigen Zins an den Kapitalmärkten. Dieser macht es schwieriger, den Rechnungszins zu erwirtschaften: Der Versicherer muss einen vergleichsweise hohen Anteil der Beiträge für den Aufbau der Altersrückstellungen aufbringen. Da das Unternehmen allerdings ausschließlich online arbeiten möchte, könnte es niedrigere Kosten als die Konkurrenz haben.

Beratungsintensive Sparte – Zielgruppe Besserverdiener

Die Geschäftsidee, eine Krankenvollversicherung ausschließlich im Netz anzubieten, dürfte auch Kritiker auf den Plan rufen. So handelt es sich bei der PKV um eine sehr beratungsintensive Sparte - Fehler bei der Antragstellung, etwa falsch ausgefüllte Gesundheitsfragen, gefährden den Versicherungsschutz des Kunden. Werden die Anträge fehlerhaft ausgefüllt, kann die Versicherung ihre Leistung später anteilig kürzen oder sogar ganz verweigern.

Doch als Hauptzielgruppe fässt Ottonova ohnehin Berufszweige ins Auge, die sich mit komplexen Verträgen auskennen könnten. Gründerszene.de nennt als Beispiel Anwälte, Wirtschaftsprüfer und Berater. Also generell Besserverdiener. Diese sollen dann hauptsächlich per Smartphone-App mit ihrem privaten Krankenversicherer kommunizieren.

US-Vorbild Oscar: Existenznöte für den App-Krankenversicherer

Vorbild für Ottonova ist der US-Versicherer Oscar, der ebenfalls hauptsächlich online Kranken-Policen per App vermittelt. Das New Yorker Unternehmen war 2012 mit großen Zielen angetreten: Als „Uber der Krankenversicherung“ wurde es in Medien bejubelt, man wollte in kurzer Zeit eine Million Neukunden erreichen. Doch der Versicherer hatte zuletzt mit Problemen zu kämpfen.

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Seit Oscar 2012 startete, hat das Unternehmen laut einem Bericht von Bloomberg Millionen Dollar verbrannt, allein mehr als 204 Millionen Dollar in 2016. Aus einigen US-Bundesstaaten musste sich der Versicherer komplett zurückziehen, nachdem das Geschäft nicht wie erwartet lief. Und nun bedroht auch noch das Ende von Obamacare die eigene Existenz. Ende 2016 zählte Oscar laut Bloomberg US-weit rund 145.000 Mitglieder: auf einem weit größeren Krankenversicherungsmarkt als in Deutschland. Allerdings richtete sich deren Angebot an eine weniger finanzkräftige Zielgruppe.

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