Das Institut für Finanzwirtschaft der Hochschule Ludwigshafen hat die Bilanzen der zwölf wichtigsten Lebensversicherer Deutschlands für 2015 geprüft und miteinander verglichen. Unter die Lupe genommen wurden fünf Kennziffern, in denen jeweils maximal 200 Punkte erreicht werden konnten: aufgegliedert nach Vergangenheitsindikatoren (Rohüberschuss, laufende Durchschnittsverzinsung, Betriebskostenquote) und Zukunftsindikatoren (Bewertungsreserve und Überschuss-Reservefaktor 2015). Federführend bei der Studie war der Betriebswirtschafts-Professor Hermann Weinmann.

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Sieger und Verlierer des Lebensversicherungs-Bilanztestes

Dabei zeigte der Test, dass große Unterschiede zwischen den Versicherern klaffen. Die betriebswirtschaftliche Leistung der Allianz Leben und der Debeka wurde als „sehr stark“ klassifiziert – beide erreichten jeweils 800 von 1.000 möglichen Punkten. Anders hingegen die Ergo Leben und Provinzial Nordwest, welche beide nur 400 Punkte erreichen konnten und mit „schwach“ bewertet wurden. Die Studie wird am Donnerstag in der „Zeitschrift für Versicherungswesen“ publiziert.

„Die Spanne beispielsweise bei den Ergebnissen zeigt ein riesiges Gefälle“, zitiert das Handelsblatt vorab den Studienleiter Weinmann. Die Allianz Leben konnte etwa einen Unternehmensgewinn von 578 Millionen Euro erzielen, auch die Axa erreicht immer noch 112,5 Millionen.

Anders die kriselnde Ergo Leben: lediglich 6 Millionen Euro Gewinn fielen hier im Vorjahr an. Die R+V verzichtete 2015 gar gänzlich auf Gewinnausschüttungen. Weil die R+V aber die Kunden eine hohe laufende Durschnittsverzinsung (3,8 Prozent) und gute Betriebskostenquote (7,0 Prozent der Beiträge und 1,7 Prozent des Gesamtergebnisses) ausweist, konnte sich der Versicherer sogar auf dem zweiten Rang platzieren.

Während einige Versicherer mit dem aktuellen Niedrigzins an den Kapitalmärkten gut umgehen können, zeigt sich bei anderen ein sehr fataler Eindruck. Aber: „Die Zeiten haben sich geändert, alle müssen etwas tun“, sagt Hermann dem Handelsblatt.

Run-off-Modelle gewinnen an Popularität

Kein Wunder, dass so mancher Anbieter in der Lebensversicherung ein Problem sehen – und sich am liebsten von „Altlasten“ trennen wollen. Speziell die hochverzinsten Altverträge aus den 90ern belasten die Bilanzen, als die Versicherer ihren Kunden noch einen Garantiezins von 3,5 bis vier Prozent versprachen. Diese Verträge müssen nun mit viel Eigenkapital abgesichert werden.

Das prominenteste Beispiel: Im April war bekannt geworden, dass die Ergo 6 Millionen Verträge in eine Abwicklungsplattform überführen will. Hier werden die Bestände regelrecht verwest. Zwar können die Bestandskunden ihre Verträge weiterführen. Aber Neugeschäft ist in diesen Tarifen nicht mehr geplant: Man lässt die bestehenden Lebensversicherungen einfach auslaufen. Der Versicherer hat zudem ein umfassendes Sanierungsprogramm angestoßen.

Doch auch die bilanzstarken Lebensversicherer sind von solchen Gedankenspielen nicht befreit. So hält sich in der Allianz das Gerücht, ein Teil der Altverträge könnte schon bald in ein Run-off überführt werden (der Versicherungsbote berichtete). Konzern-Chef Oliver Bäte dementiert zwar: in Europa und speziell Deutschland würden keine Altverträge abgewickelt, man setze stattdessen auf Rückversicherungs-Lösungen zur Absicherung alter Garantien. Aber Allianz-Finanzvorstand Wemmer hatte im kleinen Kreis bereits Zweifel geäußert, ob die klassische Lebensversicherung noch tragbar sei, wenn das derzeitige Zinstief anhalte.

Ranking: Betriebswirtschaftliches Ergebnis + Rohüberschuss

  1. Debeka Leben (Verbrauchernote „sehr gut“ (1,3), Betriebswirtschaftliches Ergebnis "sehr stark" (800 von 1.000 Punkten)
  2. R+V Leben (Verbrauchernote "gut" (2,0), betriebswirtschaftliches Ergebnis "stark" (650 von 1.000 Punkten)
  3. Allianz Leben (Verbrauchernote „gut“ (2,3), betriebswirtschaftliches Ergebnis "sehr stark" (800 von 1.000 Punkten)
  4. Alte Leipziger Leben (Verbrauchernote „gut“ (2,3), Betriebswirtschaftliches Ergebnis "stark" (700 von 1.000 Punkten)
  5. Axa Leben (Verbrauchernote „gut“ (2,3), Betriebswirtschaftl. Ergebnis „stark“, 750 von 1.000 Punkten)
  6. Cosmos Leben (Verbrauchernote „befriedigend“ (2,7), Betriebswirtschaftl. Ergebnis Note „steigerungsfähig“, 600 von 1.000 Punkten)
  7. Zurich Deutscher Herold (Verbrauchernote „befriedigend“ (2,7), Betriebswirtschaft. Ergebnis Note „steigerungsfähig“, 550 von 1.000 Punkten)
  8. Bayern-Versicherung (Verbrauchernote „befriedigend“ (3,0), Betriebswirtschaftl. Note „steigerungsfähig“, 550 von 1.000 Punkten)
  9. Generali Leben (Verbrauchernote „befriedigend“ (3,0), Betriebswirtschaftl. Ergebnis Note „steigerungsfähig“, 450 von 1.000 Punkten)
  10. Aachen Münchener Leben (Verbrauchernote „befriedigend“ (3,3), Betriebswirtschaftl. Ergebnis Note „steigerungsfähig“, 450 von 1.000 Punkten)
  11. Ergo Leben (Verbrauchernote „befriedigend“ (3,3), Betriebswirtschaftl. Ergebnis Note „schwach“, 400 von 1.000 Punkten)
  12. Provinzial Leben (Verbrauchernote „ausreichend“ (3,7), Betriebswirtschaftl. Ergebnis Note „schwach“, 400 von 1.000 Punkten)

Aus den untersuchten Ergebnissen haben die Ludwigshafener Forscher eine „Verbrauchernote“ abgeleitet und daraus ein Ranking gebildet. Die Verbrauchernote setzt sich zusammen aus dem Betriebswirtschaftlichen Ergebnis 2015 und der Partizipationsquote der Versicherungsnehmer am Rohüberschuss 2015.

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Der Rohüberschuss berücksichtigt neben der Nettoverzinsung noch das Risiko- und das übrige Ergebnis. Hiermit soll die Profitabilität eines Versicherers abgebildet werden. Das Handelsblatt präsentiert alle Detailergebnisse in einer umfangreichen Klickstrecke.

Zeitschrift für Versicherungswesen / Handelsblatt

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