Zwar haben die Unternehmen eine Ahnung davon, was InsurTech für sie bedeuten könnte. Aber sie begegnen dem Thema abwartend, zögernd. Zu sehr konzentriere man sich auf interne Themen wie die Infrastrukturen und unternehmensinterne Prozesse, als dass man sich einmal an die Entwicklung von Innovationen setze. Das ist das Fazit der aktuellen InsurTech-Studie von zeb, der Strategie- und Managementberatung.

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Die Befragung hatte zum Ziel, zu erkunden, wie deutsche Versicherungsunternehmen aktuelle InsurTech-Trends bewerten und wie sie beabsichtigen, darauf zu reagieren. Insgesamt haben sich über 120 Vorstände, Führungskräfte und Experten aus der Versicherungsbranche an der zeb-Studie beteiligt. Die Teilnehmerzahl bildet dabei, gemessen am Beitragsvolumen, mehr als 80 % des deutschen Versicherungsmarktes ab.

InsurTech-Potentiale erkannt, aber ungenutzt

Es gibt in der Branche durchaus ein Bewusstsein dafür, dass in Versicherungs-Start-Ups größte Potentiale und Chance liegen. Aber der Anstoß zu entsprechenden Maßnahmen oder Prozessen im eigenen Unternehmen blieb bisher aus, behauptet zeb. Die Chance, neue digitale Produkte oder Dienstleistungen am Versicherungsmarkt unterzubringen bliebe damit also weitgehend ungenutzt. Die Gefahr, die dieses Verhalten in sich birgt, ist aber, den Anschluss zu verpassen an neue InsurTech-Trends, so die Autoren der Befragung.

So wird zwar wird in der Branche allgemein anerkannt, dass Versicherungs-Start-Ups große Chancen bieten. Dennoch haben die wenigsten Unternehmen bisher Prozesse und Maßnahmen angestoßen, um neue digitale Produkte und Dienstleistungen am Versicherungsmarkt durchzusetzen. Nun wird von der Mehrheit erwartet, dass der klassische Vermittler gegenüber der InsurTech-Welle den Kürzeren ziehen wird. Zugleich wird gehofft, man könne das Geschäft fortan über andere Vertriebskanäle am Leben erhalten, so das Fazit der Befragung. Aber wie denn?

Dazu erklärte Dr. Matthias Uebing als verantwortlicher zeb-Partner für das Versicherungsgeschäft: „Die deutsche Assekuranz öffnet sich Schritt für Schritt neuen Geschäftsideen und Innovationen. Das geschieht aus unserer Sicht jedoch zu langsam. Die Branche muss lernen, wesentlich schneller und konsequenter auf die Bedürfnisse ihrer digital verwöhnten Kunden einzugehen.“

Chancen für die Branche

74 Prozent der Befragten stufen den InsurTech-Trend als relevant bzw. sehr relevant ein. 73 Prozent der Befragten erwarten, durch InsurTech-Geschäftsmodelle könnten sich Chancen für die etablierte Branche ergeben. Während die InsurTech-Studie von zeb also auf sehr großes Interesse der Branche stieß, gab aber nur die Hälfte der Versicherer (52 Prozent) an, den InsurTech-Markt genauer im Blick zu haben. Das Ergebnis zeigt also bezüglich der Bekanntheit von InsurTechs einen großen Nachholbedarf.

Die Kenntnis der Versicherer von Vergleichsportalen und digitale Maklern hingegen kann als sehr gut bezeichnet werden, doch auch hier tritt einmal mehr eine interessante Ambivalenz zu Tage: denn andere innovative Geschäftsmodelle, welche außerdem den Versicherer/Vermittler unterstützen statt ihm Hürden zu stellen, führen ein fast unbemerktes „Schattendasein“. Als Beispiel für derartige Schattengewächse wurden White-Label-Apps für Vermittler, Prozessunterstützungstools und Schadenmanagement genannt. Kurzum, von den aktuell mehr als fünfzig InsurTechs haben deutsche Versicherer gerade einmal von fünf Kenntnis erlangt.

Vermittler werden von der InsurTech-Welle begraben?

Auf Vermittler kommen keine so goldenen Zeiten zu, jedenfalls sehen 56 Prozent der Versicherer in der Veränderung einen Überhang an Risiken. Dazu ergänzt Jakob Baron, Manager bei zeb und Autor der Studie: „Versicherer gehen offenbar davon aus, dass klassische Vermittler gegenüber Aggregatoren und digitalen Maklern Kunden verlieren werden. Aus unserer Sicht sollten die Versicherer jedoch nicht zu sehr darauf vertrauen, dass das Geschäft künftig im selben Umfang über andere Kanäle kommt. Es gilt vielmehr, vor allem den eigenen Vertrieb zukunftsfest aufzustellen.“

Aber wie reagieren die Unternehmen? Sie haben haben bislang kaum Maßnahmen umgesetzt, um Chancen zu verwirklichen oder um Risiken abzufangen, die Haltung ist eher passiv, abwartend.

Und so haben nur 19 Prozent der Befragten geäußert, sie hätten InsurTech-Ideen adaptiert. 17 Prozent gaben ab, sie hätten nichts dagegen, mit InsurTechs zu kooperieren während drei Prozent Abwehrmaßnahmen dagegen errichtet haben. Aber beeindruckende 91 Prozent vertrauen trotz aller Zeichen weiterhin ihren bestehenden Geschäftsmodellen. Sie gaben an, Innovationen nur dann übernehmen zu wollen, wenn diese sich bereits am Markt durchgesetzt haben. Und so kommt es, dass mickrige neun Prozent der Versicherer sich als Innovationsführer wahrnehmen. Viel zu zögerlich, findet zeb.

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Kundenerlebnis in den Fokus nehmen

„Die Versicherer sind zu stark mit ihren internen Themen beschäftigt. Die Verbesserung des Kundenerlebnisses wird dabei fast kampflos den InsurTechs überlassen“, fasst Jakob Baron zusammen. Und Dr. Matthias Uebing ergänzt: „Es wird aktuell oft geschrieben, dass Versicherer sich neu erfinden und innovative Lösungen erarbeiten. Die Studie beweist jetzt das Gegenteil: Bis auf sehr wenige, große Versicherungskonzerne ist die Branche passiv und abwartend.“

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