Die Verbraucherkommission Baden-Württemberg forderte in einer Pressemitteilung im Oktober ein Bundesgesetz, das einen Rahmen für Vergleichsrechner im Internet schafft. Deren Forderung: „eine vollständige Transparenz der Portale, die beanspruchen, Transparenz im Markt der Versicherungen, der Strom-, Gas- oder Handytarife oder der Finanz- und Altersvorsorgeprodukte zu schaffen“. Die Kernforderungen der Kommission:

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  • Vor einem Produktvergleich informiert das Portal über am Vergleich teilnehmende und nicht teilnehmende Anbieter.
  • Ebenfalls vor dem Start informiert das Portal über sein Geschäftsmodell und die Provisionen, die es für Vertragsabschlüsse erhält.
  • Das Portal listet auch Tarife, die man nicht über das Portal abschließen kann, für die es also keine Maklerprovision erhält.
  • Die Vergleichsrechner unterlassen Werbung mit einem kostenlosen Vergleich, denn die Kosten (Maklerprovisionen) sind im Preis für die Police enthalten.

YouGov: Menschen glauben Maschinen inzwischen mehr als anderen Menschen

Laut einer Studie der Meinungsforscher von YouGov halten 55 Prozent der Nutzer Online-Portale für unabhängiger als ihren Bankmann oder die Versicherungsfrau am Wohnzimmertisch. Laut YouGov haben Verbraucher bei den Portalen das Gefühl, dass sie ihnen mehr Kontrolle über ihre Kaufentscheidung ermöglichen. Wenn das so stimmt, dann glaubten die Käufer schon jetzt einer Maschine mehr als dem Menschen, der ihnen als Verkäufer im wirklich wahren Leben in einem realen Laden gegenübersteht.

Jeder Zweite denkt, dass er durch Plattformen wie Check24 oder Verivox günstigere Preise und Konditionen erhält als bei den Anbietern direkt. Knapp die Hälfte der von YouGov befragten Verbraucher sagen, dass Vergleichsportale ihnen klarmachen, worauf sie beim Kauf von Finanz- und Versicherungsprodukten achten müssen. Viele Portale finanzieren sich über Provisionen und bewerten nur diejenigen Anbieter, die ihnen Provisionen zahlen.

Grüne Bundestagsfraktion will Transparenz bei Portalen

Nicht ersichtlich seien für die Verbraucher die Kriterien für Algorithmen, die hinter der Nutzeroberfläche am Bildschirm anhand voreingestellter Präferenzen der Kunden die günstigsten auf dem Markt Produkte herausfiltern. Wie kann man Kunden-Vergleichsportale transparenter machen? Was trägt die Bundesregierung hierzu bei? Das wollen Bündnis 90/Die Grünen von der Regierung erfahren. Die Grüne Bundestagsfraktion kommt in ihrer Kleinen Anfrage an die Exekutive zu dem Schluss, dass Vergleichsportale aller Art und aller Branchen, etwa bei Reise-, Dienstleistungs- oder Versicherungsvermittlung nicht transparent sind.

Die Grünen fragen, wie die Bundesregierung bei wenig verbraucherfreundlichen Portalen gegensteuern will. Eine neutrale Verbraucherinformation sei meist nicht das Geschäftsziel der Portale, auch wenn viele Verbraucher dies annehmen. Problematisch werde es, wenn suggeriert wird, dass es sich um neutrale Verbraucherinformation handle, jedoch wie im Falle einer Stiftung-Warentest-Untersuchung „nur vier von elf Stromtarifrechnern“ verlässliche Zahlen zu Stromkosten liefern.

Gekaufte Bewertungen

Außerdem würden neben Bewertungskriterien der Portalanbieter immer öfter auch persönliche Erfahrungen von bestehenden Kunden Produktratings einbezogen, so genannte user-generated reviews. Die quantitative Forschung habe gezeigt, dass den Bewertungen anderer Verbraucher einen hohen Stellenwert beimessen. Laut TNS Infratest verlassen sich 80 Prozent der Internet-Shopper auf die positiven Bewertungen anderer Kunden.

Dies wüssten auch die Anbieter der Portale zu missbrauchen: durch gekaufte positive Bewertungen können negative Bewertungen ausgeglichen und das Ranking verbessert werden; der Kleinen anfrage der Grünen zufolge eine gängige Methode im App Marketing. Für Verbraucherinnen und Verbraucher seien echte und gefälschte Kommentare und Bewertungen nicht zu unterscheiden.

Zahlungsbereitschaft des Kunden kann man messen

Verunsichert würden Verbraucher auch durch ständige Preissprünge im Internet , so genannten dynamischen Preisen: Auf Basis von Big Data lasse sich die Zahlungsbereitschaft und das Kaufverhalten einzelner Verbraucher zunehmend präzise vorhersagen. Es werde von den Portalen versucht zu ermitteln, welches der höchstmögliche Preis ist, den einzelne Konsumenten für bestimmte Produkte bereit sind zu bezahlen. Dies führe dazu, dass es schon jetzt passieren könne, dass zwei Verbraucher beim selben Anbieter, zum selben Zeitpunkt dasselbe Produkt zu unterschiedlichen Preisen angeboten bekommen.

Vor allem Nutzer teurerer Apple-Geräte werde oft ein höherer Preis angeboten als etwa einem Windows-PC-Nutzer. Beweisbar ist die vorstehende These noch nicht, aber es gibt Anhaltspunkte für Preisaufschläge bei Nutzern teurerer Endgeräte. Weil die Geräte mit der Suchanfrage auch ihren Standort und ihre Marke und Modellversion übermitteln. Aus diesem großen Datenschatz statt Datenschutz ließen sich Algorithmen (analytische Befehls- und Prüfketen) erstellen, die die Preise nutzerabhängig gestalten.

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Übersehen haben die Grünen in ihrer Kleinen Anfrage an die Regierung ein Argument: Dass nämlich die EU-Versicherungsaufsicht bereits Daumenschrauben für intransparente Portale plant. Der Versicherungsbote berichtete.

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