Die Hanse Merkur als neuer Eigner kann sich nicht mehr lange gegenüber den Internetbesuchern im Hintergrund halten. Sie muss bald, geht es nach der EU-Versicherungsaufsicht Eiopa, auf Geld.de die Eigentumsverhältnisse gegenüber den Klick-Kunden offenlegen. Im Nachteilsfall hätte die Hanse Merkur zu teuer gekauft.

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Unister hat 40 Millionen Euro Schulden bei der Hanse Merkur

Das Leipziger Vergleichsportal Geld.de, eine relativ schöne Tochter des Internet-universellen Konzerns Unister („fluege.de“ und „ab-in-den-urlaub.de“) wurde kürzlich an die hamburgische Hanse Merkur verkauft, oder sagen wir übergeben. Denn nach Recherchen von „Handelsblatt“ Online (HB) aus dem Herbst 2014 schuldet Unister der Hanse Merkur rund 40 Millionen Euro (Versicherungsbote vom 9.10 2014).

Wie viel von den 40 Millionen Euro Schulden der Unister-Konzern mit dem Verkauf von Geld.de an den Hanse-Merkur-Konzern abgelten oder gar tilgen konnte, ist nicht bekannt. Tatsache ist aber, dass die Hanse Merkur bei Geld.de gegenüber den Kunden nicht mehr so frei schalten und walten kann, wie dies in der Vergangenheit auf Internetportalen möglich war. Die Gegnerin heißt Eiopa und ist die europäisch Versicherungsaufsicht. Diese hat im vergangenen Jahr einen Leitfaden für Vergleichsportale herausgegeben und in einem Bericht zusammengefasst.

Betrifft: Auch Finanztest und Finanztp.de

In ihrem Bericht, schrieb die Eiopa im Herbst 2013, gehe es darum, die „Transparenz, Einfachheit und Fairness“ beim Online-Vergleich von Versicherungs-Angeboten zu fördern. Die EU-Versicherungsaufsicht konzentriert sich dabei nach eigenen Angaben zunächst auf den „privaten Sektor“, also gewerbliche Portale. Dennoch seien ihre Wertmaßstäbe zur Transparenz auch auf nicht-kommerzielle Webseiten übertragbar, betont die Eiopa ausdrücklich.

Auch Organisationen wie Finanztest oder Portale wie Finanztip.de werden künftig wohl mehr Transparenz üben müssen. Denn die Kriterien der Eiopa sollen perspektivisch auf alle Arten von Produkttests und -tester oder ihre Portale übertragen werden.

Hanse Merkur muss auf Geld.de bald transparent informieren

Anbieter von Versicherungsvergleichen, so die Eiopa, sollen mögliche Interessenkonflikte transparent machen. Zum Beispiel etwaige Vertrags- oder Eigentumsbeziehungen zu den verglichenen Versicherern. Konkret: Geld.de müsste sodann, wenn der Eiopa-Katalog für Webportale umgesetzt ist, Fristen sind noch offen, über die Eigentümer-Eigenschaft der Hanse Merkur klar und deutlich informieren.

Eiopa: „Begründen/erklären Sie... “

Mit ihrem Leitfaden für Vergleichsportale geht die EIOPA noch tiefer, substanzieller an die Transparenz-Ziele der EU heran und verlangt außerdem Begründungen für werbliche Aussagen. Sie schreibt in Klartext. Beispiele: „Erklären Sie die Bedeutung der ,Empfehlung der Redaktion’", "Produkt der Woche", "beliebteste" oder "meist gekaufte“ Produkte und ihre Funktionen auf der Webseite einschließlich der Informationen, auf denen diese basieren“, formuliert die EIOPA. Diese gelte besonders, falls es sich um eine „Auswahl lediglich von Tochtergesellschaften“ handelt.

Geld.de klar als Tochtergesellschaft der Hanse Merkur zu benennen

Im Falle von Geld.de wäre konkret von einer Tochtergesellschaft der Hanse Merkur auszugehen, die, aktuell gemeldeten Eigentumsverhältnisse unterstellt, klar und deutlich anzugeben wäre. Im Folgenden aufgestellt weitere Kriterien der Eiopa für verbrauchergerechte Webportale, wie sie aus dem „Best-Practice-Ansatz“ des Eiopa-Leitfadens hervorgehen:

Transparenz

Allgemeine Kundeninformationen zur Website selbst (Zweck, Eigentum, Überwachung, Kontakt, Datenschutz) sollen leicht erkennbar sein. Ferner sollen Beschwerde- und Kontaktaufnahme möglichst „klar und einfach“ zu finden sein. Dies gelte auch für eventuelle Mediations-Möglichkeiten, die so genannte Alternative Dispute Resolution (ADR).

Marktabdeckung

Die Portale sollen die Zahl der verglichenen Produkte je Versicherungs-Sparte nennen. Ebenso die Zahl und Namen der geprüften Versicherer samt Marktabdeckung aller verglichenen Anbieter. Ferner seien Vergleichskriterien offenzulegen und die Auswahl der Versicherer zu begründen.

Ranglisten

Bei der Darstellung von Ranglisten ist gemäß Eiopa eine „konsequente Auflistung der Produkteigenschaften zu gewährleisten“, ferner „klar und detailliert mit den wichtigsten Merkmalen der Produkte zu begründen“. Hierzu gehörten ganz besonders Einschränkungen des Versicherungsschutzes. Hierzu zählt die EU-Versicherungsaufsicht: „Selbstbehalte, Schwelle, Grenzen, Ausschlüsse“. All dies sei standardisiertdarzustellen. Preis-Ranglisten sollen nicht das einzige Vergleichskriterium sein.

Die Eiopa strebt Ergebnisse von Vergleichen als eine „ausgewogenen Liste“ an. Sie schreibt: „Verbessern Sie die Liste, wenn notwendig“. In diesem Zusammenhang nennt die Eiopa eine Grundregel: „Je komplexer ein Produkt, desto mehr Kriterien (außer Preis) sind zu berücksichtigen“.

Darstellung von Informationen

Produkte seien mit ihren „wichtigsten Merkmalen und Eigenschaften sowie Einschränkungen“ darzustellen. Auch sollten Zukunftsprogosen über die Gültigkeit („Validität“) der Darstellung gegeben werden. Insgesamt soll die Darstellung „einheitlich und für die Komplexität von Produkten geeignet“ sein; in einer „klaren und einfachen Sprache“. Preisangaben sollen Endpreise sein, ohne versteckte Zusatzkosten oder Gebühren. In Ausnahmefällen sollen Zusatzkosten deutlich erklärt werden.

Aktualität

Vergleichsportale sollen nur aktuelle Informationen veröffentlichen, einschließlich des Datums der letzten Aktualisierung der Angaben für den Kunden.

Soweit die EU-Versicherungsaufsicht Eiopa. Auch wenn es sich bei dem neuen Leitfaden (noch?) nicht um verbindliche Qualitäts-Kriterien handelt, so verblüfft doch, wie tief und konkret die Aufseher in die Materie gehen. Statt Umschreibungen der Sachverhalte werden die Leser (perspektivisch auf Check24 oder auch Finanztipde & Co quasi persönlich angesprochen. Sätze wie: „Erklären sie [dem Kunden] die Bedeutung …“ sind an Klarheit nicht zu übertreffen und wenig interpretierbar.

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To-do-Liste für Hanse Merkur

Ohne jede Spekulation dürfte dieser Katalog analog zunehmender Marktmacht der Portale und zunehmender Regulierung schrittweise bald zur konkreten To-do-Liste für Vergleichsanbieter werden. Oder für Regulierer. Im Falle von Geld.de wird sich die Hanse Merkur auf zunehmend einzuhaltende Transparenzgebote, nein Pflichten, einstellen müssen.

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