Auch den Bausparkassen machen die Niedrigzinsen am Kapitalmarkt zu schaffen, so dass sie Probleme haben, Zusagen aus besseren Zeiten zu bedienen. Also setzen sie ihren Kunden die Pistole auf die Brust und versuchen seit einiger Zeit, Sparer mit gut verzinsten Verträgen loszuwerden.

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Rechtliche Bewertung nicht eindeutig

Über die rechtliche Bewertung des Vorgangs gibt es unterschiedliche Meinungen. Gängige Rechtspraxis ist es, dass sogenannte übersparte Bausparverträge gekündigt werden – Verträge also, bei denen die Summe von angespartem Guthaben und Zinsbonus die Bausparsumme übersteigt. Damit ist der eigentliche Zweck des Bausparens, ein Darlehensanspruch, in diesen Vertragsfällen nicht mehr möglich. Die rechtliche Kündigungssperre entfällt und die Sparer müssen einseitige Aufkündigungen des Vertrages akzeptieren.

Wie aber verhält es sich mit zuteilungsreifen Verträgen, bei denen nur ein bestimmter Prozentsatz der vereinbarten Bausparsumme angespart wurde? Die Bausparkassen sehen sich im Recht. Auch bei zuteilungsreifen Verträgen werde der originäre Zweck eines Bausparguthabens - die Aufnahme eines Darlehens - nicht erfüllt. Verzichte der Kunde mehr als zehn Jahre lang auf seinen Darlehensanspruch, könne die Bausparkasse zum Schutz der Bausparergemeinschaft das Vertragsverhältnis kündigen, so ein Urteil des Landgerichtes Mainz (AZ.: 5 O 1/14).

Wer ist eigentlich Darlehensnehmer

Dabei verweisen sie auf ein gesetzliches Kündigungsrecht nach Paragraph 489 BG. Ein Darlehensnehmer (als den solchen verstehen sich die Bausparkassen) darf demnach einen Kredit nach Ablauf von zehn Jahren kündigen.

Bislang hatten die Gerichte noch nicht abschließend geklärt, ob den nun die Bausparkasse oder der Anleger der Darlehensnehmer ist. Folglich war auch fraglich, ob derartige Verträge einseitig augekündigt werden dürfen. Aktuell „handeln die Bausparkassen in einer Grauzone, solange der BGH für diese Praxis kein grünes Licht gegeben hat“, erklärt Hartmut Schwarz, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bremen.

Badenia verliert Rechtsstreit um Kündigung

Nun hat das Landgericht Karlsruhe ein Urteil gegen eine Bausparkasse ausgesprochen und erklärte die Kündigung eines seit 2002 zuteilungsreifen Bausparvertrages für unwirksam (Az.: 7 O 126/15). Ein Ehepaar hatte 1991 einen Bausparvertrag abgeschlossen. Obwohl der Vertrag bereits seit 2002 zuteilungsreif ist, sparte das Ehepaar weiter und erhielt einen Guthabenszins von 2,5 Prozent. Die Badenia kündigte im Februar deshalb den Vertrag. Daraufhin reichte das Ehepaar Klage ein.

Laut Gericht stehe der Bausparkasse nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (ABB) kein Kündigungsrecht zu. Auch aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB Paragraf 489 Abs. 1 Nr. 2) lasse sich demnach kein Kündigungsrecht der Bausparkasse ableiten, berichtet die Stuttgarter Zeitung. Dieser Paragraph sei, so die Richter, nicht auf das Bausparen anwendbar.

Kündigung nur bei komplett besparten Verträgen möglich

Kündigungen seitens der Bausparkasse seien nur dann möglich, wenn der Bausparer kein Anrecht mehr auf ein Darlehen hat, weil er den Vertrag komplett bespart hat, erklärt Rechtsanwalt Klaus Hünlein. Der rechtliche Vertreter des Ehepaars sagte der Stuttgarter Zeitung weiter: „Nur dann darf die Bausparkasse mit einer Frist von sechs Monaten den Vertrag beenden“

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Derweil will die Bausparkasse Badenia in Berufung gehen und beharrt dabei klammert sich das Unternehmen weiterhin an den besagten BGB-Paragrafen 489. Komplett besparte Verträge habe die Badenia inzwischen komplett gekündigt. Für eine finale Klärung der Rechtslage bedarf es irgendwann den Richterspruch des BGH. Doch insgesamt könnte diese Entscheidung den rund 200.000 Kunden, deren Verträge bereits gekündigt wurden, zu passe kommen. Sollte das BGH gegen die Bausparkassen entscheiden, könnten entsprechende Kündigungen für unwirksam erklärt werden.

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