Doch kann man sich nicht ständig behaupten: „Gerade in der IT-Branche und insbesondere im Bezug auf das Internet wird es aber für die „Kleinen“ immer schwieriger zu bestehen. Die heutige Mentalität „im Internet ist alles umsonst“ ist weit verbreitet. Die Kosten der Software und Hardware, die rasante Entwicklung der Technik, auf die man reagieren muss, gesetzliche Auflagen zu Datensicherheit und immer wieder die Gefahr, dass die ganz Großen nur ein wenig mehr Geld in die Hand nehmen müssen um einen zu vernichten, wenn sie das nur wollen – all das ist leider die Realität“, meint Höltring.

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Möchten Versicherer die Internetgiganten nicht als Konkurrenz begreifen, bietet Google Kooperationsmodelle. Mit dem Projekt „Google Protect“ werden Nutzern Policen vorgeschlagen, die zur Lebenssituation passen. Beispielsweise nutzt man die Suchmaschine, um das nächste Urlaubsziel zu finden und schon blendet der Konzern Werbung für Reiserücktrittsversicherer ein. Laut Handelsblatt kooperiert bereits Axa mit Google. Der Haken: Wer nicht bei Google Protect mitspielt, könnte für die Nutzer von der Bildfläche verschwinden. „Wir brauchen paneuropäische Versicherungen, um gegen die Internetgiganten eine Chance zu haben“, schlägt Allianz-Chef Michael Diekmann im Handelsblatt vor.

Von anderen Branchen lernen

Vergleichs- und Bewertungsportale anderer Branchen mussten sich den Herausforderungen der Digitalisierung bereits stellen. Birgit Aust, Geschäftsführerin der Touristik Vertriebsgesellschaft (TVG), erkennt dabei Parallelen zur Versicherungsbranche: „Die Touristikveranstalter haben in den vergangenen Jahren zunächst nur zaghaft den e-commerce-Bereich vorangetrieben, aus Rücksicht auf den stationären Vertrieb, der mit mindestens 80 Prozent des Gesamtbuchungsaufkommens den größten Umsatzanteil ausmacht. Diese Vorgehensweise hat Portalen (expedia, opodo, ab-in-den-urlaub, etc.) die Möglichkeit gegeben im Online-Bereich die Vorherrschaft zu erreichen, da hier keine Bindung oder Verpflichtung an die Reisebüros bestand. Ähnlich wie in der Versicherungsbranche von einem Makler, werden hier alle Produkte angeboten. Jedoch mit einem gravierenden Unterschied für die teilnehmenden Veranstalter: Wenn die Provisionen nicht stimmen, werden die Produkte einfach nicht angezeigt und somit ist für den Kunden das Produkt nicht mehr sichtbar. Im stationären Vertrieb gelingt eine so konsequente Steuerung in der Regel nicht, da gerade bei den bekannten Großveranstaltern der Kundendruck zu groß ist.“

Birgit Aust hat „das Reisebüro der Zukunft“ entwickelt und erfolgreich an realen Standorten umgesetzt. Da gehen digitales und „reales“ Leben Hand in Hand – zum Beispiel ohne Kataloge, dafür multimedial. Sie sieht in diesem Modell auch Ansätze für Versicherungsagenturen: „Ich bin davon überzeugt, dass in der Versicherungsbranche die multimediale Welt ebenso eingesetzt werden kann wie in unseren Reisebüros. Gerade ein „trockenes Thema“ kann mit bewegten Bildern und Filmen ganz anders verkauft werden als in einem Text. Situationen oder Vorfälle sind aus meiner Sicht viel besser zu verdeutlichen und der Endverbraucher erkennt sich schneller wieder. Auch die Kundenbetreuung für den einzelnen Berater wäre aus meiner Sicht z. B. durch eine Betreuungsapp sehr effektiv und hilfreich.“ Eine solche App könnte beispielsweise Erinnerungen zu Laufzeiten, Angebote von Umstellungen auf neue Tarife bzw. Anbieter, Geburtstagsgrüße, Einladung zu Kundenabenden, etc. unterstützen.

Für die Versicherungsbranche gibt es durchaus Chancen, weiterhin „oben“ zu rangieren – wenn sie sich entsprechend bemühen. Denn: „Solange die Versicherungsunternehmen nicht wissen, wie viele Kunden sie online gewinnen, wie viele Kunden sie durch negative Kommentare in den Bewertungsportalen verlieren oder wie viele Kunden sie indirekt durch an den Außendienst weitergeleitete Leads hinzu bekommen, wird das Internet für die Versicherungswirtschaft weiterhin nicht den Stellenwert erlangen, den dieser Vertriebskanal heute schon für viele andere Branchen hat“, mahnt Stefan Raake. Besonders in den Bereichen Verständlichkeit, Mitbestimmung und Benutzerfreundlichkeit gibt es leichte Spielbälle, die zur Führung verhelfen können.

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*DE:BUG, Alles Werbung: Google gegen den Rest, 16.2.2009
** Studie der AMC Finanzmarkt GmbH und vom „Institut für Verständlichkeit“ Communication Lab: Verständlichkeit in der Assekuranz, 2. Auflage 2013. Eine 3. Neuauflage war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung für Dezember 2014 geplant. Dann stehen FAQ und E-Mail-Kommunikation der Versicherer im Fokus.


Text: Gemeinsames Themenspecial von AMC & Versicherungsbote, von Desirée Schubert, verantwortlich für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der AMC Finanzmarkt GmbH und Hanna Behn, Redaktion Versicherungsbote.
Dieser Beitrag stammt aus dem aktuellen Versicherungsbote Fachmagazin vom 28. Oktober 2014. Die nächste Ausgabe erscheint am 12. Mai.

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