211 Versicherungen haben sich zum Verhaltenskodex des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bekannt. Die überarbeiteten Verhaltensregeln für den Versicherungsvertrieb sollen eine kundenorientiertere Beratung sichern, nachdem in den vergangenen Jahren mehrere Skandale den Ruf der Branche beschädigten. „Für manchen Knick in der Beliebtheitsskala sind wir selbst verantwortlich“, sagte GDV-Präsident Alexander Erdland selbstkritisch auf dem Versicherungstag in Berlin und gelobte Besserung. Doch bei der Einhaltung des Kodex gibt es offenbar Defizite, wie der Tagesspiegel am Samstag berichtet.

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Wirtschaftsprüfer werden nicht hinzugezogen

Nach Tagesspiegel-Informationen haben bisher erst wenige Versicherungen die Regeln intern umgesetzt. Vor allem mangle es an der Bereitschaft, die eingeleiteten Maßnahmen von unabhängigen Wirtschaftsprüfern evaluieren zu lassen. Eine externe Prüfung ist aber verbindlich vorgeschrieben. In einem ersten Schritt soll zunächst die Angemessenheit der eingeleiteten Maßnahmen geprüft werden, in einem zweiten Schritt schließlich, ob die Regeln auch tatsächlich wirken. Viele Versicherungen seien aber noch gar nicht tätig geworden.

Zu den Anbietern, die wenigstens die Angemessenheit der eingeleiteten Maßnahmen haben prüfen lassen, zählen die Branchen-Riesen Allianz und Ergo. Besonders die Munich-Re-Tochter sei nach dem Budapester Sex-Skandal um einen Imagewandel bemüht. „Wir von der Ergo haben sehr aktiv daran mitgewirkt, dass der Kodex zustande kommt, und wir sind ganz vorne mit dabei“, sagte Ergo-Chef Torsten Oletzky dem Tagesspiegel. Noch in diesem Jahr wolle man auch die Wirksamkeit der Regeln prüfen. „Versicherungen sind Vertrauensprodukte, deshalb muss man hier besonders sensibel sein“, mahnt der Ergo-Chef.

Frist bis April 2015

Aber die Versicherer haben noch etwas Zeit, ihre Versäumnisse nachzuholen. Erste Prüfergebnisse müssen vier Monate nach Abschluss des vollen Geschäftsjahres vorgelegt werden, in dem die Anbieter dem Kodex beigetreten sind. Für viele Versicherer endet dieses Frist im April 2015.

Andere sehen die Imagekampagne der Versicherer kritischer. “Dass bislang kaum ein Unternehmen das Testat des Wirtschaftsprüfers hat, lässt befürchten, dass der Vertriebskodex eine Luftnummer ist“, sagt Axel Kleinlein, Chef der Verbraucherorganisation BDV. Es habe in der Beratung bisher kaum Verbesserungen gegeben, kritisiert Kleinlein.

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Ein weiterer Kritikpunkt ist der Umstand, dass der Kodex ohne Rücksprache mit Versicherungsmaklern und ihren Interessenverbänden ausgearbeitet worden ist. Deshalb stellt sich gerade für ungebundene Vermittler die Frage, ob sie sich den Regeln ohne Bedenken verpflichten können – sind sie doch Interessenvertreter ihrer Kunden und nicht der Versicherungsgesellschaften. Alternative Kodizes vorgelegt haben mittlerweile die Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler (IGVM), der Bundesverband Finanzdienstleistung (AFW) sowie der Versicherungsbote Verlag.

Tagesspiegel

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