Wer ist wo versichert?

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  1. Da sind zuerst einmal die gesetzlich Pflichtversicherten, die in die gesetzliche Krankenversicherung einzahlen.
  2. Beamte haben einen Beihilfeanspruch vom Bund oder Land.
  3. Arbeitnehmer mit einem Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze können ebenso wie Selbständige wählen, ob sie sich freiwillig in der GKV versichern oder doch in die PKV wechseln.

Zwei-Klassen-Gesellschaft schon allein in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)

Die GKV-Versicherten unterscheiden sich vornehmlich in zwei Gruppen: Versicherte nach dem Sachleistungsprinzip (Abrechnung per Krankenversicherungskarte) und Versicherte nach Kostenerstattungsprinzip („Privatversicherter“ in der GKV).

Beim Sachleistungsprinzip
erhält der Versicherte Leistungen ausschließlich gemäß § 12 des V. Sozialgesetzbuches. Dort heißt es wörtlich: „Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.“ [Hervorhebungen und Markierungen durch den Autor]. Da stellt sich die Frage, wie „wirtschaftlich“ das eigene Leben z. B. im Falle einer Krankheit denn vom Gesetzgeber bzw. der gesetzlichen Krankenversicherung eingestuft wird. Provokativ darf man sicher fragen, ab welchem Alter man „unwirtschaftlich“ ist, denn Rentner z. B. kosten ja nur … ?! Eine fiktive Antwort darauf gab das ZDF mit einem bereits im Januar 2007 gesendeten Doku-Fiction-Dreiteiler.

Das sich gesetzlich Krankenversicherte oft unüberbrückbaren Hürden gegenüber sehen, um ambulante medizinische Leistungen in Anspruch nehmen zu können, soll ein mir erst kürzlich zugetragener Sachverhalt schildern: Ein gesetzlich krankenversicherter Patient hatte sich im Januar 2014 bei seinem Hausarzt wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen vorgestellt. Der Hausarzt konnte ihm nicht helfen, er wurde daher zu einem Facharzt überwiesen. Mit dem Überweisungsschein in der Hand versuchte der Patient auf telefonischem Wege einen Termin beim betreffenden Facharzt zu ergattern. Nach mehrstündigen Versuchen war dies mit Erfolg gekrönt, der Patient erhielt einen Termin im Mai 2014, also in 4 Monaten!

Beim Facharzttermin im Mai 2014 stellte der Facharzt fest, dass eine ambulante Operation das Problem des Patienten sicher beheben würde. Ein Termin hierfür war schnell gefunden, die Operation stand für Ende August 2014 an, also diesmal bereits nach 3 Monaten.

Nachdem der Eingriff durchgeführt war stellte sich doch heraus, dass keine Besserung eintrat. Der Facharzt war nunmehr ratlos, er verwies den Patienten an eine Sprechstunde im Krankenhaus. Hier war der frühestmögliche Termin Anfang 2015, also in frühestens 5 Monaten! Auch andere Termine bei Fachärzten, welche der Patient bspw. für ein MRT und sonstige weitergehende Untersuchungen benötigte, waren nicht zu erlangen, zumindest nicht mehr im Jahr 2014. Naja, vielleicht regelt sich ja das Problem mit den Terminen auch auf die biologische Art und der Patient ist bis zu seinen weitergehenden Untersuchungen im Jahr 2015 bereits (wirtschaftlich) verstorben … !?

Übrigens: Im Kleinen unterscheidet sich die Gruppe der gesetzlich Krankenversicherten nach dem Sachleistungsprinzip nochmals. So zahlt die eine Gesetzliche Krankenkasse (GKV) z. B. Vorsorgeimpfungen (z. B. Heptitis-Schutzimpfungen), die andere GKV aber nicht. Die eine GKV zahlt teilweise auch Leistungen von bestimmten Naturheilkundlern, die andere aber nicht usw.

Beim Kostenerstattungsprinzip
sind GKV-Versicherte, die die Beiträge für die entsprechende Ergänzungsversicherung aufwenden können, erheblich besser gestellt, denn sie sind "quasi Privatpatient“. Der Arzt rechnet dann nicht über die Versichertenkarte ab, sondern direkt mit dem Versicherten. So wird der Patient dann auch vom Arzt behandelt – eben als Privatpatient, denn der Arzt kann ggf. mehr berechnen. Die Rechnung reicht der gesetzlich Versicherte dann trotzdem bei der GKV ein, zusätzliche aber auch bei der extra abzuschließenden privaten Ergänzungsversicherung. Die GKV zahlt sodann den gesetzlichen Anteil, die Ergänzungsversicherung entweder den ganzen Rest oder zumindest den Großteil davon. Letzteres gilt auch für solche Leistungen, die von der GKV gar nicht (mehr) erbracht werden.
Ein weiterer Effekt ist, dass gesetzlich Versicherte - die nach dem Kostenerstattungsprinzip versichert sind - stets Kontrolle darüber haben, was der Arzt eigentlich abrechnet.
Wie das leider noch wenig bekannte Kostenerstattungsprinzip der GKV genau funktioniert wissen z.B. Versicherungsmakler, die auch eine entsprechende Auswahl von Ergänzungstarifen verschiedener Gesellschaften vorhalten.

Selbständige und Arbeitnehmer oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze

Diese Gruppe kann wählen, ob sie sich gesetzlich oder privat versichert. In der gesetzlichen Versicherung handelt es sich dann um eine sogenannte freiwillige gesetzliche Versicherung; für Krankentagegeld sind Zusatzbeiträge zu entrichten. Es gelten für freiwillig gesetzlich Versicherte die gleichen Leistungen wie für gesetzlich Pflichtversicherte inklusive der schon bei den gesetzlich Pflichtversicherten beschriebenen Unterschiede.

Privatversicherte kennen ebenfalls erhebliche Unterschiede zwischen am Markt angebotenen Tarifen. Vor nicht allzu langer Zeit gab es gar solche „Billigtarife“, die schlechtere Leistungen als die gesetzliche Krankenversicherung beinhalteten. Andererseits gibt es aber auch Hochleistungstarife mit ganz hervorragenden Leistungen, allerdings zu entsprechenden Beiträgen. Und natürlich eine breite Mitte, die oft bessere Leistungen als die GKV hat. Privatversicherte machen in Deutschland ca. 10 % der Versicherten aus, decken aber 23 % der Arztkosten, da die Tarife zumeist nicht auf den einfachen Satz der ärztlichen Gebührenordnung (GOÄ) begrenzt sind. Allgemein üblich bei halbwegs guten Tarifen ist ein 3,5facher Satz. Es wird vermutet, dass nicht wenige Ärzte ihre Praxis ohne einen bestimmten Prozentsatz an Privatpatienten nicht aufrechterhalten könnten.

Beitragssteigerungen in der privaten Krankenversicherung (PKV)

Dies ist immer wieder ein Thema, gerade im Alter. Dazu müssen PKV-Versicherte wissen, dass sie mit einer PKV ein Leistungsversprechen gekauft haben. Der Versicherer kann also die einmal gekauften Leistungen nicht mehr streichen. Werden die Leistungen teurer, dann steigt folglich der Beitrag. Werden die Versicherten einer Tarifstruktur immer älter, ohne dass neue, junge Versicherte hinzukommen, erfährt die Beitragssteigerung eine Potenzierung, da immer mehr Ältere immer mehr Leistung zu immer höheren Preisen in Anspruch nehmen (müssen). Dies muss man ganz unbedingt wissen, bevor man in die PKV wechselt.

Bedeutende Unterschiede GKV / PKV

Merke: In die PKV - und dort in einen guten Tarif – wechselt man nur dann, wenn man bereit ist, für eine hervorragende Leistung inklusive Leistungsgarantie und entsprechender ärztlicher Behandlung inkl. hochwertiger Heil- und Hilfsmittel den entsprechenden Beitrag inklusive Beitragssteigerungen zu zahlen. Im Gegensatz dazu: In der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es kein Leistungsversprechen. Dort werden Leistungen gekürzt oder ganz gestrichen, wenn diese aufgrund Kostensteigerung nicht mehr dem gesetzlich vorgegebenem „Wirtschaftlichkeitsgebot“ genügen. Auch Leben rettende Neuentwicklungen werden trotz Verfügbarkeit erst dann eingeführt, wenn sie dem „Wirtschaftlichkeitsgebot“ genügen.

Beamte - Wer uns regiert zahlt weniger und hat bessere Leistungen

Beamte sind den gesetzlichen Sozialversicherungssystemen vollständig entzogen. Sie zahlen weder in die gesetzliche Rentenversicherung, noch in die gesetzliche Arbeitslosenversicherung und auch nicht in die gesetzliche Krankenversicherung ein. Die Anzahl der Beamten und Richter, welche hier ähnlich wie Beamte gestellt sind, in Deutschland lag Mitte 2012 übrigens bei rund 1,7 Millionen. Beamte sind in der Regel privat versichert, da sie einen Beihilfeanspruch vom Bund oder Land besitzen und die Restkosten über einen Restkostentarif (sogenannte Beihilfetarife) in der PKV absichern.

Warum sich am Beamten-Sonderstatus kaum etwas ändern wird

Ein Großteil der Bundestagsabgeordneten besteht aus Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes. Dies stellt ein Problem dar, denn Beamte sind „Diener“ des Staatsapparates und nicht etwa Interessenvertreter des Volkes. In den Bundestag gehören m.E. aber ausschließlich Interessenvertreter des Volkes. Die Beamten dagegen haben diesen Interessenvertretern zu „dienen“, denn genau dafür sind sie eigentlich verbeamtet und gehören deshalb gerade nicht in den Bundestag. Damit sich etwas ändert müsste aber Artikel 137 Grundgesetz wie folgt korrigiert werden:

[Hervorhebungen, Streichungen und Unterstreichungen durch den Autor]

Solange aber Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes als größte Gruppe im Bundestag vertreten sind, ist eine solche Art der „Selbstkastration“ kaum zu erwarten. Entscheiden können dies nur die Bürger und Bürgerinnen selbst, z.B. indem sie in den nächsten Bundestag eben keine Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes wählen. Nur dann sind Änderungen ggf. möglich.

Ein gangbarer Weg im Sinne des Sozialversicherungsgedanken

Was wäre, wenn alle Bürger in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert wären? Ganz einfach, dann hätte die GKV bedeutend mehr Einnahmen und die Grundversorgung für Jedermann wäre auch auf längere Sicht zu stabilen Beiträgen gewährleistet! Dies ändert nichts daran, dass „Besserverdienende“ sich über den Weg von Zusatzversicherungen bessere Leistungen „dazukaufen“ könnten und es somit zumindest bei einer Zweiklassenmedizin bleibt. Aber auch die Besserverdienenden und Beamten müssten dann erst einmal in die GKV einzahlen und damit zum Gemeinwohl, zu stabilen Beiträgen und einer stabilen Grundversorgung beitragen. Und das müsste sich dafür m.E. ändern:

Allgemein

  • Die Vielzahl der gesetzlichen Krankenversicherer wird abgeschafft und wie früher eine Einheitskasse geschaffen. Derzeit gibt es 131(!) gesetzliche Krankenkassen (Stand: 01.07.2014). Das bedeutet u. a. 131 Vorstandsgehälter, verschiedene Systeme und viele andere Kostentreiber. Wohlgemerkt, wir reden hier nicht über den freien Markt, sondern über ein staatliches Versorgungssystem! Seit wann benötigt ein staatliches Versorgungssystem Wettbewerb?
  • Sämtliche Vorstände und Angestellten der zu schaffenden gesetzlichen Einheitskasse sind weder verbeamtet noch im öffentlichen Dienst; sie erhalten vielmehr Arbeitsverträge, Bezahlung und Urlaubstage, wie sie in der freien Wirtschaft üblich sind. Die Gesamtbezüge sämtlicher Vorstände und Angestellten sind derart zu deckeln, dass sie die Angemessenheit angesichts der Arbeit für eine staatliche Stelle nicht überschreiten.
  • Jeder muss sich im Grundtarif der neu zu schaffenden gesetzlichen Krankenversicherung versichern (Pflichtversicherung).
  • Die Leistungen der neu zu schaffenden gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen mindestens den Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse, die nach heutigem Stand die besten Leistungen zur Verfügung stellt. Dies ist dann der Grundtarif.
  • Die Gesetzliche Krankenkasse bietet ausschließlich den Grundtarif an. Zusatztarife dürfen nicht angeboten werden. Diese sind Sache des freien Marktes und der freien Kalkulation. Kooperationen zwischen der gesetzlichen Krankenkasse und Anbietern des freien Marktes sind nicht zulässig.
  • Auch Beamte, Selbständige, Freiberufler etc. müssen sich im vorgenannten Grundtarif einer gesetzlichen Krankenversicherung versichern.
  • Die Beitragsbemessungsgrenze entfällt. Wer viel verdient soll auch mehr für das Gemeinwohl aufwenden.
  • Jede ausgegebene Gesundheitskarte (früher Krankenkarte) ist mit biometrischen Prüfkriterien auszustatten, um Missbrauch vorzubeugen.
  • Der Versicherte erhält vom Heilbehandler stets eine Kopie der Abrechnung, die der Heilbehandler an die Krankenkasse sendet. Ein Verzicht darauf ist nicht möglich.
Im Besonderen
  • Die PKV Vollversicherung wird abgeschafft.
  • Bisherige Privatversicherte und Beamte müssen innerhalb eines zu bestimmenden Zeitraumes in den Pflichtversicherungstarif der gesetzlichen Krankenversicherung wechseln.
  • Die privaten Krankenversicherer haben diesen Versicherten ein Umstellungsangebot unter Berücksichtigung der bisher angesparten Altersrückstellung zu unterbreiten. Das Umstellungsangebot erfolgt ähnlich den Ergänzungstarifen für GKV-Versicherte nach Kostenerstattungsprinzip. Dies in verschiedenen Varianten: nur ambulant, nur stationär, ambulant und dental, ambulant und stationär, stationär und dental sowie ambulant, stationär und dental. In jedem Falle ist dem bisher privat Versicherten seine bisher angesammelte Altersrückstellung in Euro mitzuteilen, damit er diese Altersrückstellung anderen Versicherern zur Angebotserstellung mitteilen kann.
  • Will der Privatversicherte in diesem Zuge zu einem anderen Versicherer wechseln, weil dieser ihm ggf. ein besseres Angebot unterbreitet, so ist dies möglich. Die Altersrückstellung ist vom Vorversicherer an den Versicherer zu übertragen, für den der Versicherte sich entscheidet.

So oder so ähnlich könnte Deutschland zum tatsächlichen Sozialversicherungs-Gedanken in der gesetzlichen Krankenversicherung zurück finden. Grob gesehen ist der vorstehend beschriebene Systemwechsel natürlich auch für die gesetzliche Rentenversicherung denkbar, um auch hier wieder dem eigentlichen Sozialversicherungs-Gedanken zu genügen.

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Bis dahin können wissende Versicherungsvermittler und –berater nur dafür sorgen, dass gesetzlich Versicherten und auch solchen Versicherten, die die Wahl zwischen GKV und PKV haben, die Möglichkeiten des Kostenerstattungsprinzips näher gebracht werden …

findet Ihr
Freddy Morgengrauen

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