Die Versicherungs-Vermittlungs-Richtlinie (IMD2) drohte zuletzt eine endlose Geschichte zu werden. Vorschläge wurden vorgelegt, verworfen und wieder vorgelegt, bis selbst Brancheninsider kaum sagen konnten, wie der aktuelle Stand in Brüssel ist. Aber nun könnte Bewegung in die Sache kommen. Als letztes der drei beteiligten Gremien hat der EU-Ministerrat Ende letzter Woche einen neuen Arbeitsentwurf vorgestellt, wie die Versicherungspraxis zukünftig reguliert werden soll (hier in englischer Sprache einsehbar). Zuvor hatten sich schon die EU-Kommission und das Parlament positioniert.

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EU-Staaten sollen selbst über Provisionsverbot entscheiden

Der EU-Ministerrat ist das Gremium der Fachminister aller EU-Staaten. Deshalb übt man sich traditionell in Zurückhaltung, wenn es darum geht, Befugnisse der einzelnen Länderparlamente an die EU zu delegieren. Bei der Versicherungsreform ist das nicht anders. Wie Versicherungsjournal Online berichtet, plädiert der Rat dafür, möglichst viele Befugnisse in der Verantwortung der Nationalstaaten zu belassen.

So sollen die EU-Staaten selbst entscheiden dürfen, ob sie ein Provisionsverbot verhängen und in welchem Umfang die Provisionen offengelegt werden. Hier kommt der EU-Rat der Versicherungsbranche entgegen, war doch im Erstentwurf der EU-Kommission ein europaweites Provisionsverbot vorgeschlagen wurden. Die Bundesregierung hat bei Verabschiedung des Lebensversicherungsreformgesetzes bereits durchblicken lassen, dass man derzeit kein Verbot von Provisionen anstrebt. Auch das EU-Parlament hatte gegen eine europaweite Regelung plädiert.

Ebenfalls bei der Weiterbildung sollen die Nationalstaaten freie Hand haben. Zwar bleibt eine Pflicht zur Weiterbildung weiterhin bindend. Das Ratspapier schreibe jedoch keine bestimmte Zahl an Stunden vor, die für die Weiterbildung aufgewandt werden müssen, berichtet das Versicherungsjournal. Auch die konkreten Inhalte der Weiterbildung sowie die Ausgestaltung des Qualifikationsprofils bleiben den Mitgliedsstaaten weitestgehend selbst überlassen.

Eine Aufweichung der Regelungen gibt es bei kombinierten Produkten, den sogenannten „Packed Retail Insurance-based Investment Products“, kurz PRIIPs. Bei Paketlösungen müssen die Kosten und Risiken für die einzelnen Bestandteile nicht mehr separat ausgewiesen werden, wenn ein einzelner Fond dieses Pakets nicht frei auf dem Markt erhältlich ist. In diesem Fall wäre es ausreichend, die Kosten des Gesamtpakets zu nennen. Wegen dieser Ausnahme sieht sich die EU gezwungen, eine gesonderte PRIIP-Richtlinie zu schaffen, die mit IMD II harmonisiert werden muss – damit die Anbieter Kostentransparenz bei Cross-Selling-Produkten umgehen können?

IMD II wird in IDD umbenannt

Zudem soll die Richtlinie zukünftig nicht mehr unter dem Namen IMD II diskutiert werden. Statt „Insurance Mediation Directive“ (IMD) wird sie zukünftig unter dem Banner „Insurance Distribution Directive“ (IDD) geführt. Das verwundert: stand früher die Vermittlung (Mediation) von Versicherungsprodukten im Fokus, wird dies nun durch „Verkauf“ (Distribution) ersetzt.

“Der Logik des Papiers nach dürften somit künftig alle, die dem Kunden etwa zu einer Lebensversicherung verhelfen, als „Verkäufer“ bezeichnet werden“, kommentiert procontra Online. „So gesehen auch Honorarberater, weil die EU künftig die gesamte Versicherungsvermittlung als Verkauf bezeichnet.“ Diese begriffliche Grobschlächtigkeit ist seltsam, da sich etwa der deutsche Gesetzgeber zuletzt bemüht hat, Beratung und Verkauf stärker voneinander zu scheiden – zum Beispiel durch die Neuregelung der Honorarberatung. Schließlich soll auch der Kunde wissen, ob er für eine Beratung zahlt oder Provisionen Anreize für die Vermittlung eines bestimmten Produktes schaffen.

Doch die Neudefinition hat einen Grund: die IDD soll zukünftig für alle Sparten und Vertriebswege gelten und nicht nur ausschließlich für die Versicherungsvermittlung, somit etwa auch für besagte Versicherungsanlage-Produkte (PRIIPS) und Bonifikationen.

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Im weiteren Verlauf werden nun EU-Parlament, Kommission und Rat über die Standpunkte abstimmen, so dass im ersten Quartal 2015 die fertige Richtlinie vorliegen könnte. Änderungen an den Vorschlägen sind folglich noch möglich. Mit einem Inkrafttreten von IDD und der Übersetzung in nationales Recht wird nicht vor 2017 gerechnet.

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