Letztens habe ich auf Versicherungsbote einen interessanten Artikel zum Einkommen von Versicherungsmaklern gelesen. Die Überschrift lautete „Jeder vierte Versicherungsmakler hat Jahresgewinn von maximal 25.000 Euro“. Dass davon ein Versicherungsmakler nicht wirklich gut leben kann, dürfte klar sein.

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Dann eben Versicherungsberater gegen Honorar!

Nun gut, dachte ich mir, schau‘ ich doch mal, wie die Einkommenssituation bei Versicherungsberatern (nachfolgend Honorarberater genannt) aussieht. Schließlich fordert der Staat ja die Honorarberatung ganz ausdrücklich. Aber wenigstens lohnen muss es sich doch als Honorarberater, oder? Denn schließlich ist auch der Honorarberater letztlich ein Unternehmer. Zumindest sollte man ja wenigstens das verdienen, was ein Versicherungsmakler verdient, der nicht mehr von Abschlusskosten abhängig ist, eben z. B. wie der Versicherungsmakler Sebastian Claus.

Keine Lust auf Honorarberatung?

Als erstes habe ich versucht herauszufinden, wie viele Honorarberater denn schon ganz überzeugt als solche tätig sind. Großes Erstaunen: Laut Zahlen der DIHK vom 31.03.2014 (also relativ aktuell) gibt es im Versicherungsbereich gerade einmal 283 Honorarberater (PDF)?! Auf 165 Versicherungsmakler kommt also 1 einziger Versicherungsberater oder noch anders gesagt auf 862 Versicherungsvermittler kommt 1(!) einziger Versicherungsberater. Wieso?

Wo sind eigentlich die Honorarberater?

Gut dachte ich, schau‘ ich doch mal auf einer Homepage der Honorarberater vorbei. War aber auch komisch. Auf der Seite des VDH nach Mitgliedern gesucht – Fehlanzeige oder zu doof zum Suchen. Bei der HonorarKonzept GmbH gleiches Bild. Auf der Seite des BVVB (Bundesverband der Versicherungsberater e.V.) bin ich dann doch noch fündig geworden – da gab es dann tatsächlich Mitglieder, wenn auch teils mehrfach aufgezählt.

Kaum GmbHs

Nun wollte ich wissen, was denn diese Honorarberater verdienen. Anrufen und fragen? Bekommt man da ehrliche Antworten? Also mal nach GmbHs schauen, da kann man anschließend im Unternehmensregister zumindest einige Rückschlüsse ziehen. Wieder großes Erstaunen! Es gibt kaum GmbHs in der Liste des BVVB.

Nagen am Hungertuch?

Also neben BVVB auch Google bemüht und mühsam Honorarberater GmbHs und UGs aus dem Versicherungsbereich zusammengesucht und dann ins Unternehmensregister geschaut. Erstaunen wandelt sich in Entsetzen! Da finden sich dann mehrmals (!) Sätze wie „nicht durch Vermögenseinlagen gedeckter Verlustanteil…“ in fünf- oder gar sechsstelliger Höhe. Ebenfalls mehrmals findet sich die Position „nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“. Oder auch Eigenkapital „0“. Oder die Bilanzsumme besteht fast ausschließlich aus Verbindlichkeiten – was ja auch nicht erstrebenswert ist. Anderswo findet sich die Position „Ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital“ – fehlt das Geld dafür? Wieder andere waren wohl sehr fleißig, bekommen aber augenscheinlich ihre Rechnungen bei den Kunden nicht eingetrieben – zu erkennen an einer sich Jahr für Jahr immer weiter aufbauenden Position aus dem Umlaufvermögen bei fast identischen Umsätzen, ohne dass sich die tatsächlichen Habenpositionen ändern. In einem anderen Fall hatte ich schon gedacht, jetzt habe ich eine richtig tolle Honorarberater GmbH gefunden: über 2 Millionen! Dumm nur war, dass es sich um die Spalte „Verlustvortrag“ bei gleichzeitig (!) neuem Verlust in der Bilanz handelte. Schlussendlich fehlte bei vielen Honorarberater GmbHs bzw. UGs auch noch die Bilanz 2012, was gegen die gesetzlichen Offenlegungsvorschriften verstößt.

Ist die Zugehörigkeit zur sogenannten „Berater-Elite“ erstrebenswert?

Gerade einmal drei (!) Bilanzen der von mir untersuchten Honorarberater GmbHs bzw. UGs hatten gute Bilanzen. Alle diese drei Firmen waren laut deren (wirklich sehr professionellen) Homepages/Referenzlisten solche Unternehmen, die mittelständische und große Unternehmen beraten oder auch im Family Office Bereich (private Großvermögen), also eher im Anlagebereich tätig sind. Ich konnte bei den von mir untersuchten Bilanzen keine einzige gute Bilanz von einer Honorarberater GmbH bzw. UG finden, die auf ihrer Homepage behauptet, vornehmlich im „Versicherungs-Normalkunden-Bereich“ tätig zu sein. Angesichts der vorstehend genannten Zahlen frage ich mich, ob die von staatlicher Seite so vehement geforderte Zugehörigkeit zur „Berater-Elite“ aus finanzieller, also unternehmerischer Sichtweise überhaupt erstrebenswert ist.

Wer berät Versicherungs-Normalkunden und kann davon leben?

Versicherungsmakler beraten oft genug den sprichwörtlichen „Otto-Normalbürger“. Viele Versicherungsmakler können davon mehr schlecht als recht leben. Aber diese Versicherungsmakler sind für ihre Kunden da und es gibt sie in (noch) ausreichender Anzahl. Viele der „Otto-Normalbürger-Kunden“ sind froh, dass sie sich wenigstens die wichtigsten Versicherungen leisten können, weil gerade Versicherungsmakler bei der Auswahl entsprechend preiswerter und leistungsstarker Produkte (z. B. Haftpflicht-, Hausrat-, Wohngebäude-, Kfz- und Unfallversicherung, aber auch Berufsunfähigkeits- und Risikolebensversicherung usw.) helfen und auch im Schadenfall für die Kunden da sind – ganz ohne zusätzliches Honorar.

Überlebenswahrscheinlichkeit als Versicherungsberater im Otto-Normalbürger Bereich

Man darf sich angesichts dieser Zahlen fragen, ob man als Honorarberater im Bereich von normalen oder wenig verdienenden Kunden überhaupt überlebensfähig ist oder wie viele es sein werden. Die Hälfte der registrierten Honorarberater? Sind es so viele? Das wären dann rund 150. Es wird auch keinen extremen Anstieg von Honorarberatern geben, solange nicht Voraussetzungen geschaffen werden, dass auch ganz normale Kunden nicht nur zu einem Honorarberater wollen, sondern sich diesen auch leisten können. Folglich sind es derzeit allein die Versicherungsvermittler (gleich welcher Couleur), die wenigstens eine gewisse Beratungsdichte in der Bevölkerung sicherstellen. Genau das schafft aber der Staat gerade ab. Die Konsequenzen werden haarsträubend sein.

Umfrage nutzen!

Die staatliche Abschaffung von Provisionen und Courtagen erfolgt schleichend. Ein weiterer Schritt dazu ist das kurz vor Beschluss stehende sogenannte Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG). Ich empfehle daher allen Versicherungsvermittlern an einer Umfrage des Verlages Versicherungsbote teilzunehmen, denn Versicherungsbote will die Ergebnisse dieser Umfrage wohl an die zuständigen Ministerien senden. Die Umfrage finden Sie hier.

Kein Plädoyer gegen Honorarberatung

Ehe ich falsch verstanden werde – dies ist kein Plädoyer gegen die Honorarberatung. Die Mitte ist der Fall, nämlich ein friedliches nebeneinander von Honorarberatung und Vermittlung gegen Provision bzw. Courtage. Man sollte Verbrauchern schon zusprechen, dass diese selbst entscheiden können, ob sie gegen Honorar oder Provision beraten werden wollen – und zwar von Fall zu Fall. Dazu gehört aber eben auch, dass Honorarberatern die Beratung gegen Provision offen steht und Versicherungsvermittlern die Beratung gegen Honorar – bei Letzteren auch dann, wenn die Beratung nicht im Zusammenhang mit einer Vermittlung steht. Der Gesetzgeber müsste m. E. im Weiteren sicherstellen, dass unter dieser Prämisse jede Versicherungsgesellschaft verpflichtet ist, Geschäft von Honorarberatern und Versicherungsmaklern anzunehmen, wenn es deren üblichen Annahmerichtlinien entspricht – denn dies ist der Wunsch des Kunden und nicht etwa der Wunsch des Honorarberaters oder Versicherungsmaklers. Es muss folglich eine deutliche Trennung zwischen Produkt und Betreuung geben. Dies ist - denke ich - der wahre Schlüssel zu verbraucherfreundlicher Versicherungsvermittlung/-betreuung.

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Aufforderung zur Offenlegung und viele Fragen

Ehe jetzt alle Honorarberater im Versicherungsbereich laut anfangen zu schreien, dass dies so alles gar nicht stimmt – outet Euch besser! Die Versicherungsmakler haben bereits „die Hosen heruntergelassen“ und zugegeben, dass viele von ihrer Arbeit eigentlich nur schlecht oder fast gar nicht leben können. Geht es Honorarberatern im Versicherungsbereich ähnlich? Stehen Honorarberater unter Preisdruck? Wünschen sich Honorarberater eine Gebührenordnung ähnlich Rechtsanwälten und Notaren? Werden die Rechnungen der Honorarberater von den Kunden immer bezahlt? Wünschen sich gerade Honorarberater im Versicherungsbereich, dass diese in bestimmten Bereichen auch gegen Courtage beraten dürfen, so z. B. bei Produkten, die nicht als Nettoprodukte erhältlich sind? Wünschen sich Versicherungsberater Zwischenstellen, die bei Versicherern Nettoprodukte als Masse einkaufen und diese mit einer Service-Fee belegen, die dem Kunden von der Zwischenstelle in Rechnung gestellt und dann gegenüber den Honorarberatern abgerechnet wird? Was müsste geschehen, um die Honorarberatung auch im Versicherungsbereich finanziell attraktiver zu machen? Wie sieht es finanziell bei den Honorarberatern aus

fragt sich Ihr
Freddy Morgengrauen

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