Betroffen sind ca. 20.000 Lokführer. Für den Fall, dass die Lokführer aus gesundheitlichen Gründen ihren Berufs nicht mehr ausüben können, soll das letzte Gehalt bis zum Renteneintritt weiter gezahlt werden. Wir haben mal kurz nachgerechnet: eine Berufsunfähigkeitsversicherung könnte bei einem Durchschnittsgehalt eines Lokführers von 2700 Euro Brutto ca. 500 Euro Jahresbeitrag kosten. Rechnet man das für alle Lokführer zusammen, erhält man die stolze Summe von 10 Millionen Euro pro Jahr. Glücklich wären natürlich nicht nur die Lokführer. Auch die Versicherungsgesellschaft, die solch einen Gruppenvertrag abschliessen würde, wäre hier auf der Gewinnerseite. Angetrieben wird der Aufstand der Lokführer durch die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Sollte sie gewinnen, dann sollte sich ihr Chef Claus Weselky wenigstens eine Tipp-Geber-Provision für den größten Versicherungsdeal in der Geschichte seiner im Jahre 1867 gegründeten Gewerkschaft einhohlen.

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Aber das ist sicher nicht der Grund für Claus Weselky, er steht ganz anders unter Druck, er braucht einen Erfolg. Denn längst hat seine Gewerkschaft eine große Konkurrenz, die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Mit der EVG hat die Deutsche Bahn sowie sechs Privatbahnen einen Tarifvertrag abgeschlossen, und der hat es in sich. Bestandteil des Tarifvertrages mit der EVG ist ein lebenslanger Kündigungsschutz für alle bei der Bahn Beschäftigten; dies gilt jedoch nur die Lokführer im Nahverkehr. Das bringt die GDL in Zugzwang - sie muss Vergleichbares vorweisen. Ginge es nach der großen Koalition, dann hätte zukünftig auch nur noch die EVG etwas bei der Bahn zu sagen. Eine Gesetzesänderung ist bereits geplant. Dann soll es in einem Unternehmen nur einen Tarifpartner geben dürfen.

Weselky begründet seine Forderung nach einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit den vielen Suiziden, die Lokführer nicht verarbeiten können. Für Ulrich Weber, Personalchef der Bahn, sind die Forderungen der GDL nur „dreist“ und „unverschämt“. Laut Angaben von Weber sind bei der Bahn im letzten Jahr 150 Lokführer berufsunfähig geworden; 30 davon durch einen auf den Bahngleisen erlebten Suizid. Im Verhältnis zu den 20.000 Lokführern ist das weniger als ein Prozent. Für die Betroffenen bietet die Bahn alternative Stellen an. Das reicht der GDL nicht, denn oft sind die alternativen Stellen mit einem Umzug für die Betroffenen verbunden.

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Gibt es keine Einigung mit der GDL, kann schon ab 15. Januar mit einem flächendeckenden Streik der Lokführer gerechnet werden. Viele Bahnreisende werden sich mit Schrecken noch an das Jahr 2007 erinnern können: damals setzte die GDL erhebliche Lohnsteigerungen bei den Lokführern durch. Die Streiks wurden von einem wochenlangen Chaos bei den Zugverbindungen begleitet.

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