Die geplante Finanztransaktionssteuer wird nach den Worten von EU-Kommissar Algirdas Semeta deutlich kleiner ausfallen als ursprünglich vorgesehen. Für bestimmte Finanzprodukte könnte ein geringerer Steuersatz gelten, sagte Semeta am Dienstag vor EU-Abgeordneten laut einem Bericht von Reuters. Als Beispiele nannte der litauische Ökonom Staatsanleihen und Pensionsfonds. Die EU-Kommission sei offen, für diese beiden Geldanlagen einen niedrigeren Steuersatz einzuführen.

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Erfolgreiche Lobbyarbeit der Finanzindustrie

Damit knickt die EU vor der massiven Lobbyarbeit ein, mit der Banken und Finanzindustrie Druck auf das europäische Parlament ausübten. Seit Bekanntwerden der Pläne sind die Geldhäuser mit zahlreichen Studien und Stellungnahmen an die Öffentlichkeit getreten, um die Steuer zu verhindern – teils mit absurden Berechnungen.

So präsentierte etwa Goldman Sachs einen geheimen „Research Report", wonach sogenannte Repo-Geschäfte unerlässlich für die Liquiditätsbeschaffung der Finanzinstitute seien und nicht besteuert werden sollten. Repos sind jedoch selbst ein hochspekulatives Finanzprodukt. Dabei werden Wertpapiere für ein paar Stunden und über Nacht an einen Kreditgeber verkauft, mit der Verpflichtung sie danach wieder zurückzukaufen. Repos haben vor allem die Funktion, Banken schnell mit Millionengeldern zu versorgen – nachdem diese sich mit Derivategeschäften verzockt haben.

Die Finanztransaktionssteuer sollte genau solche kurzfristigen Zockereien eindämmen, da sie zur Destabilisierung der Finanzmärkte beitragen. Dennoch war die Studie von Goldman Sachs Anlass für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundesbankpräsident Jens Weidmann, grundsätzliche Zweifel an der Finanzmarktsteuer anzumelden (der Versicherungsbote berichtete). Die Gegner der Finanzmarktsteuer können nun zumindest einen Teilerfolg verbuchen, sollte die Tax tatsächlich abgerüstet werden.

Deutlich niedrigere Steuereinnahmen aus Finanzmarktsteuer zu erwarten

Eine Folge der Sonderregelungen wären deutlich niedrigere Einnahmen für Deutschland und die beteiligten EU-Staaten. Statt zehn Milliarden Euro würde die Steuer nur eine Milliarde in den deutschen Haushalt spülen. Ziel der Steuer war es eigentlich, neben der Eindämmung von Finanzmarktrisiken auch die Banken an den massiven Kosten der Finanzkrise zu beteiligen.

Peer Steinbrück fordert rasche Einführung der Steuer

SPD-Bundeskanzlerkandidat Peer Steinbrück hat am Dienstag eine rasche Einführung der Finanzmarktsteuer gefordert. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk sagte Steinbrück, die Einnahmen könnten für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa genutzt werden. Die dafür vorgesehenen Mittel von 6 Milliarden Euro hält der SPD-Politiker für zu niedrig.

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Steinbrück bezeichnete die aktuelle Jugendarbeitslosigkeit in Europa als "Sprengstoff" und bezifferte den finanziellen Bedarf für die Bekämpfung auf mindestens 20 Milliarden Euro. In einigen Krisenstaaten Europas wie Griechenland oder Portugal herrscht derzeit eine Jugendarbeitslosigkeit von über 50 Prozent.

Reuters

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