Gerade für Lebensversicherer gilt, dass neue Garantiemodelle auch neue Lösungswege für Risikomanagement mit sich bringen müssen. So lautet ein wesentliches Fazit des Messekongresses. Rund 160 Teilnehmer diskutierten die aktuellen Herausforderungen und Lösungen in 25 Vorträgen und Fachforen. Prof. Dr. Thomas Hartung, Inhaber der Professur für Versicherungswirtschaft an der Universität der Bundeswehr München, leitete die Veranstaltung in Berlin.

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Unklare Finanzierung der Garantien hemmt Solvency II-Einführung - führere Regelungen möglich

Die Lebens- und Krankenversicherer sind in der Krise, das untermauert aktuell auch das Analysehaus Bain & Company. Vor allem die Niedrigzinspolitik der EU schlägt den Lebensversicherern auf das Gemüt. 2013 senkten viele Anbieter den Garantiezins auf ihre Produkte. Die Tarife waren damit für Kunden weniger attraktiv. Fehlende Neuregelungen über die Beteiligung an Bewertungsreserven für Kunden mit auslaufenden Verträgen gefährden zudem die Langfristigkeit des deutschen Garantiesystems: Die Unternehmen müssen kürzere Anlagehorizonte an den Kapitalmärkten wählen.

Die Einführung von Solvency II verzögert sich aufgrund unklarer Finanzierungsoptionen für solch langfristige Garantien. Zwar soll die Regelung frühestens 2015 gelten, doch könnten Anforderungen an Risikomanagement und Berichtspflichten eher eingeführt werden. Die BaFin zieht dahingehend auch eine nationale Lösung ab 2014 in Betracht, sollte es auf europäischer Ebene nicht zügig genug vorangehen - etwa in Form einer vorgezogenen ORSA-Umsetzung. Das heißt, Versicherungsunternehmen hätten selbst über eigenes Risiko und Solvabilität zu urteilen.

“Ein mehr an Garantie hilft weder Kunde noch Unternehmen“

Justus Lücke, Aktuar und Leiter des Kompetenzteams Aktuariat bei den Versicherungsforen Leipzig, sprach sich im Zusammenhang mit der privaten Altersvorsorge für neue Garantiemodelle aus: „Eine wesentliche Kundenanforderung ist die Garantie. Doch ein mehr an Garantie hilft weder dem Kunden noch dem Unternehmen, es müssen andere Garantien her.“ Der Kunde nehme für transparente Garantien gegebenenfalls auch Optionen des Versicherungsunternehmens in Kauf, so Lücke weiter, mit denen der Versicherer sein Risiko aus den Garantien senken könnte.

Neue Wege für Kapitalanlagen präsentierte Dr. Gerd Weidenfeld, Leiter der Abteilung Corporate Finance bei der Gothaer Versicherung. Investitionen in erneuerbare Energien versprechen hohe Renditen, denn die Stromabnahme kann als garantiert gelten, Risiken wie etwa Rohstoffpreisschwankungen wären nicht vorhanden und der Betrieb der Anlagen selbst sei risikoarm.

Eine Möglichkeit, der Berichtsrichtlinie IFRS 4 Phase II zu begegnen, zeigte Roman Sauer von der Allianz SE auf: Reserveschwankungen, welche auf zukünftigen Ertragserwartungen basieren, sollten nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesen werden, sondern nur in der Bilanz.

Grundsätzlich könnten mathematische Modelle nur begrenzt Antworten auf die aktuellen Fragestellungen geben. Sie stellen oft lediglich eine Annäherung an die Wirklichkeit dar, erklärte Debeka-Vorstand Roland Weber. Die Stabilität eines Versicherungsunternehmens lässt sich nicht an der Solvabilitätsbilanz zu Marktwerten messen, das zeigten die Ergebnisse verschiedener QIS-Studien und deren Übertragung auf andere Bilanzstichtage, so Weber.

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Die Vorgaben aus Solvency II und das angespannte Kapitalmarktumfeld machen einmal mehr deutlich, dass die Versicherer ihre Geschäftsmodelle anpassen müssen. Die Anforderungen an die Steuerung des Unternehmens und das eigene Risikomanagement steigen damit stetig.

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