Sie sind klein, sie sind rechteckig und mitunter ein echter Augenfang: Die Vorschaubilder bei Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Google Plus. Kaum größer als eine Briefmarke, werden sie beim Posten eines Links ganz automatisch auf der Timeline erstellt, wenn jemand das neue Video seiner Lieblingsband verlinkt, ein witziges Tierfoto teilt oder seinen Freunden einen interessanten Zeitungsartikel empfiehlt. Tatsächlich erhöhen solche Vorschaubilder die Chance, dass ein Beitrag angeklickt und gelesen wird. Hier gilt der alte Grundsatz: „Das Auge liest mit“.

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1800 Euro Strafe für einen Facebook-Link

Die Sache hat nur einen Haken. Darf man die Fotos, die automatisch jeden Link schmücken, überhaupt auf seiner Facebook-Seite teilen? Nach Auffassung von Frank Weiß, Rechtsanwalt für Marken-, Urheber- und Internetrecht, ist die Rechtslage eindeutig. „Besitzt man nicht die Rechte an einem Bild, darf dieses nur mit Einwilligung der Rechteinhaber weiterverbreitet werden“, sagte Weiß gegenüber Stern Online. Diese Regelung gelte auch für automatisch erstellte Vorschaubilder.

Tatsächlich hat nun die Berliner Kanzlei Pixel.Law erstmals einen Facebook-Nutzer wegen der Verwendung eines Vorschaubildes abgemahnt. Im konkreten Fall teilte ein Nutzer einen Link samt Vorschaubild auf seinem gewerblichen Profil, ohne dass er die Rechte am Bild besaß. Die Fotografin Gabi Schmidt sah darin einen Verstoß gegen das Urheberrecht – sie hatte das Foto auf der Plattform pixelio.de angeboten.

Nun fordert die Abmahnkanzlei von dem Facebook-Profilinhaber eine Schadenszahlung in Höhe von 1746,69 Euro. Der Betrag setzt sich wie folgt zusammen: Das entgangene Fotohonorar für die Fotografin wird mit 600 Euro veranschlagt. Hinzu kommt ein sogenannter „Verletzerzuschlag“ in gleicher Höhe plus 546,69 Euro Abmahnkosten. Besonders brisant: Die Fotoplattform pixelio wirbt mit dem Slogan „Deine kostenlose Bilddatenbank für lizenzfreie Fotos“. Für das Bild der klagenden Fotografin galt dies allerdings nicht.

Medienanwalt Weiß, der den Angeklagten vertritt, stuft die Forderung als zu hoch ein – 600 Euro für ein daumennagelgroßes Bild seien kaum zu rechtfertigen. Aber in der Sache habe der Kläger alle Trümpfe in der Hand. Sofern das Bild nicht „gemeinfrei“ sei, also keinem Urheberrecht unterliege, dürfe es auch nicht ohne fremde Einwilligung bei Facebook erscheinen. Ein wichtiger Grund hierfür ist der Tatbestand, dass Facebook-Profile als gewerbliche Seiten bewertet werden müssen, da sie oftmals für mehrere hundert bis tausend Freunde zugänglich sind. "Dass es sich bei der eigenen Facebook-Seite ausschließlich um eine private Seite handelt, ist ein Trugschluss", so Weiß.

Weitere Abmahnungen drohen

Blieben Facebook-User bisher unbehelligt, wenn sie fremde Vorschaubilder verwendet hatten, so könnte schon bald eine Abmahnwelle auf die Nutzer zurollen. Anwaltskanzleien, die auf Urheberrechtsverletzungen spezialisiert sind, durchforsten bereits mit einer speziellen Software das Internet nach Urheberrechtsverletzungen. Es ist ein lukratives Geschäft. Medienexperte Christian Solmecke schätzt, dass die Pinnwand eines durchschnittlichen Teenagers für Abmahnanwälte zwischen 10.000 und 15.000 Euro einbringen würde.

Die Seite allfacebook.de rät deshalb dazu, Links mit Vorschaubildern nur im geschlossenen persönlichen Profil zu verwenden und nicht öffentlich zu teilen. Das Recht in Deutschland hinke der aktuellen Entwicklung im Netz hinterher, kommentiert Rechtsanwalt Thomas Schwenke. "Praktisch können wir soziale Medien ohne Urheberrechtsverletzungen kaum nutzen. Und das machen sich die Abmahner nun zunutze".

Auf das Verlinken von Vorschaubildern, Galeriebildern und Stockfotoseiten sollten Facebook-User deshalb verzichten, wenn sie nicht die Rechte am Bild besitzen oder das Foto als allgemeinfrei veröffentlicht wurde. Im Zweifelsfall kann man beim Teilen von fremden Beiträgen mit einem Klick auf „Vorschaubild entfernen“ für Sicherheit sorgen.

Steht ein Gerichtsentscheid zu Social-Media-Vorschaubildern noch aus?

Doch ist die Rechtslage für die Nutzung von Vorschaubildern wirklich eindeutig? Wie verzwickt die juristische Bewertung sein könnte, zeigt eine Diskussion auf dem Social Media Recht Blog. Dort wird debattiert, welches Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) auf die Abmahnung von Vorschaubildern anzuwenden ist – ob etwa das sogenannte Thumbnail-Urteil vom 29.04.2010 auch für den aktuellen Rechtsstreit gilt.

Demnach hätte ein Rechteinhaber keine Chance auf Unterlassungs- oder gar Schadensersatzanspruch, wenn er sein Foto auf einer beliebigen Webseite veröffentlicht, aber es zugleich versäumt, ein Abgreifen des Fotos als Vorschaubild per Webbefehl zu unterbinden - derart, dass keine Suchmaschinen darauf zugreifen können (Aktenzeichen: I ZR 69/08). Im Urteil heißt es:

“…hat sich die Klägerin mit dem Einstellen der Abbildungen ihrer Werke in das Internet, ohne diese gegen das Auffinden durch Suchmaschinen zu sichern, mit der Wiedergabe ihrer Werke in Vorschaubildern der Suchmaschine der Beklagten einverstanden erklärt.”

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Es spricht jedoch einiges dafür, dass ein Urteilsspruch in oberster Instanz für die Verwendung von Vorschaubildern noch aussteht. Viele Rechtsfragen sind nach wie vor ungeklärt. Hier macht Blogbetreiberin Nina Diercks den Facebook-Nutzern Mut: In der Vergangenheit hätten die BGH-Richter oftmals überraschend pragmatisch entschieden, folglich im Sinne der User.

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