Eigentlich hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ein Stehplatzverbot in Stadien ausgeschlossen. Doch die Fanprojekte sind alarmiert, wenn heute in Berlin Vertreter von Politik, dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zu einem Sicherheitsgipfel zusammentreffen.

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Denn das Nein des CSU-Politikers zu einer Abschaffung von Stehplätzen gilt nur vorerst – für die Zukunft hält sich Friedrich alle Optionen offen. „Die Stehplätze stehen derzeit nicht zur Disposition. Dass dies so bleibt, haben die Fans selbst in der Hand“, sagte Friedrich vor dem Gipfel. Sollte es weitere Fanausschreitungen geben, „dann wird man auch über diese strikteren Maßnahmen nachdenken müssen“.

Treffen ohne Fanvertretungen

Dass über die Sicherheit in deutschen Stadien geredet werden muss, ist nicht zu bestreiten. Mehrfach warfen Ultras in den letzten Spielzeiten Böller und Gegenstände auf das Spielfeld und erzwangen Spielunterbrechungen. Beim Relegationsspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Herta BSC stürmten Fans schon vor dem Schlußpfiff auf den Platz, so dass die Partie kurz vor dem Abbruch stand. Einige Spieler von Hertha BSC klagten sogar über Todesangst. Gewaltbereite Anhänger von Vereinen wie Eintracht Frankfurt oder Hansa Rostock sorgen immer wieder für Negativschlagzeilen.

Da verwundert es, dass die wichtigsten Ansprechpartner für Politik und Fußballverbände –Fans und ihre Interessengruppen– am heutigen Dienstag gar nicht ins Innenministerium geladen wurden, um über die Zukunft in den deutschen Stadien mitzudiskutieren. Folglich befürchten die Fanvertretungen, dass neue Sicherheitsstandards über ihre Köpfe hinweg entschieden werden. Und dass die Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen drastischer ausfällt als notwendig.

Strengere Einlasskontrollen, mehr Geisterspiele, der Einsatz von Spürhunden, ein Ausbau der Videoüberwachung – Dies sind nur einige der Maßnahmen, die heute zur Diskussion stehen. Politiker forderten vor dem Beginn des Treffens bereits ein härteres Durchgreifen gegen Bengalos und Feuertechnik. „Die Zeiten für einen Kuschelkurs mit den Fußballchaoten sind vorbei“, sagte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) der Rheinischen Post.

Hingegen warnen mehrere Fanorganisationen in einer gemeinsamen Presseerklärung vor einer „pauschalen Diskriminierung der Fans und Verstärkung der Kollektivstrafen“. Dabei müssen selbst die Fanvertreter zugeben, dass nun die Zeit zum Handeln gekommen ist. „Die öffentliche Gleichsetzung von Pyrotechnik und Platzstürmungen mit Gewalttaten setzt den DFB zunehmend unter Druck und Handlungszwang“. Auch die Vereine sehen sich zum Handeln gezwungen: Als Drohmittel der Politik dient, dass sie die Kosten für Polizeieinsätze bei Risikospielen zukünftig selbst tragen müssen.

Dialog mit Fans gefordert

Bei allen Widersprüchen zwischen Vereinen, Politik und Fanvertretungen sind jedoch auch versöhnliche Töne zu hören. So betont Hans-Peter Friedrich, dass die Vereine auf die Fans zugehen müssen. „Der wichtigste Vorschlag wird sein, dass die Vereine den Dialog mit den Fans suchen müssen, dass sie Fanarbeit verstärken, aber auch Sicherheitsvorschriften beachten müssen, zum Beispiel Einlasskontrollen für die Stadien verstärken“, sagte der CSU-Politiker im ARD-Morgenmagazin.

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Politiker wie der Thüringer Innenminister Jörg Geibert (CDU) fordern zudem mehr Geld für Fanprojekte. Künftig sollte ein Prozent der Einnahmen aus dem Verkauf der Fernsehrechte in die Fan-Arbeit investiert werden, sagte Geibert gegenüber MDR THÜRINGEN. "Das wäre eine gute Sache und könne die Sicherheit in den Stadien wirksam erhöhen" Derzeit stehen für Projekte der Fußballvereine von 1. bis 3. Liga rund 3 Millionen Euro zur Verfügung. Die Summe würde sich verdreifachen, wenn Geiberts Vorschlag umgesetzt wird.

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