Mehr Transparenz bei der Arztsuche: Das zumindest versprechen sich führende Krankenkassen von einem Internetportal, bei dem die Versicherten ihren Zahnarzt bewerten können. Auf dem Webportal www.weisse-liste.de stehen 40 Fragen zur Auswahl, zum Beispiel ob der Arzt gut über die anstehende Behandlung informiert hat, wie er mit Schmerzen des Patienten umgegangen ist und ob er über anfallende Zusatzkosten im ausreichenden Maße aufklärte. Bisher beteiligen sich die Branchenriesen AOK, Barmer GEK und Techniker Krankenkasse an der Aktion – sie repräsentieren circa 37 Millionen Kassenpatienten. Die Aktion ist auch unter dem Namen „Arztnavi“ bekannt und soll Versicherte bei der Arztsuche in ihrer Region unterstützen.

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Um eine Wertung abgeben zu können, müssen sich die Versicherten der teilnehmenden Krankenkassen mit den Daten ihrer Versichertenkarte einloggen – so soll die Wertung vor Manipulationen geschützt werden. Auch werden die Bewertungen anonymisiert, so dass bei einer negativen Bewertung kein Patient Sorge tragen muss, dass der Zahnarzt davon erfährt. Der umfangreiche Fragebogen umfasst Fragen in den Sparten "Praxis und Personal", "Arztkommunikation", "Behandlung" und "Gesamteindruck".

Mehr Transparenz für Zahnarztpatienten gefordert

Mit der Ergänzung um Zahnarztpraxen wird das bereits bestehende Angebot des Netzportals „Weisse Liste“ ausgebaut. Bereits seit Mai 2011 können dort Versicherte der teilnehmenden Krankenkassen Barmer GEK, AOK und Techniker Krankenkasse ihre Haus– und Fachärzte bewerten, die Zahnärzte fehlten jedoch bisher. Seit Eröffnung des Portales haben circa 150.000 Versicherte ihre Bewertung zu Allgemeinmedizinern und Fachärzten abgegeben.

Barmer GEK-Vizechef Rolf-Ulrich Schlenker betonte, dass gerade im Bereich der Zahnmedizin ein zusätzlicher Aufklärungsbedarf herrsche. „In puncto Transparenz steht dieser Versorgungsbereich noch ganz am Anfang“, sagte Schlenker. Auch die Verbraucherzentrale-Gesundheitsexpertin Ilona Köster-Steinebach argumentierte, dass das Verhältnis zwischen Zahnmedizinern und Patienten bei Weitem nicht so gut sei wie angenommen. So würden sich die Patienten schon aufgrund ihrer Lage im Behandlungsstuhl in der Defensive befinden. Viele Menschen hätten Angst vor einem Zahnarztbesuch und den damit verbundenen Kosten – deshalb würden auch soziale und finanzielle Aspekte bei der Evaluation von Zahnmedizinern zu berücksichtigen sein, sagte Köster-Steinebach.

Verhaltenes Echo bei Medizinern

Bei den Zahnärzten stieß der Vorstoß der Krankenkassen auf verhaltenes Echo. Dieter Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, zweifelte die Aussagefähigkeit des Bewertungsportales grundsätzlich an: "Vor der Frage, wo finde ich einen guten Arzt, steht oft die Frage: wie finde ich ein verlässliches Portal?" Auch könnten Patienten die medizinischen und hygienischen Aspekte einer Behandlung oftmals gar nicht einschätzen.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, begrüßte jedoch den Vorstoß der Kassen. Dem Hamburger Abendblatt sagte er: "Internetportale sind heute Realität. Die meisten sind nur elektronischer Schrott. Wenig aussagefähig über die echte Qualität, voller Beschimpfungen, Schmähungen, Unsachlichkeiten oder auch, genauso überflüssig, voll überschwenglichem Lob." Demgegenüber würden die Ärzte den Aufbau von seriösen Portalen, wie sie mittlerweile viele gesetzliche Krankenkassen in Form der "Arztnavis" anbieten, unterstützen.

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Hintergrundinformationen: Das Portal „Weisse Liste“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Bertelsmann Stiftung, des Verbraucherzentrale Bundesverbandes sowie von den Kassen AOK, Barmer GEK sowie der Techniker Krankenkasse. Die Bewertungen zu einem Mediziner können alle Menschen im Netz nachlesen, sobald mehr als zehn Bewertungen pro Arzt zusammengekommen sind. Die Branchenriesen haben andere Kassen aufgefordert, sich ebenfalls am Portal zu beteiligen.

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