In der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 drückte ein schwerer Wintersturm das Wasser der Nordsee über viele Stunden gegen die deutsche Küste und damit auch in die Elbmündung. In der Nacht überlagerte diese Flut den regulären Gezeitenhöchststand in Hamburg bis zu einem Wasserstand von 5,7 Meter über Normalnull. Das war zu viel für die damals noch unzulänglich ausgebauten Deiche: sie brachen an mehr als sechzig Stellen. Der Sturmflut fielen allein in Hamburg 318 Menschen zum Opfer, sie verursachte Schäden in heutigen Werten von rund 1,6 Mrd. €.

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Helmut Schmidt, Bundeskanzler a. D. und damaliger Hamburger Innensenator, erinnert sich: „Ich bin mit dem Hubschrauber über das überschwemmte Gebiet geflogen, um mir ein Bild zu machen. Da saßen Tausende auf den Dächern ihrer Lauben. Die, wenn wir nicht sofort handelten, ertrinken oder erfrieren würden. Es stand ungefähr ein Fünftel der Stadt unter Wasser. Es war uns klar, dass so etwas nie wieder passieren durfte. Deshalb hat Hamburg in den folgenden Jahren und Jahrzehnten massiv in Hochwasserschutz investiert.“

Die Sturmflut führte zu einer grundlegenden Neustrukturierung des Küstenschutzes. Die Hochwasserschutzlinie wurde teilweise begradigt, Deichanlagen wurden auf Grundlage neuer Erkenntnisse des Ingenieurbaus völlig neu errichtet, oder verstärkt und auf Hamburger Gebiet auf mindestens 8 Meter über Normalnull erhöht. Hamburg investierte in den Jahrzehnten nach der Flut in heutigen Werten rund 2,2 Mrd. € in Hochwasserschutz.

Diese Maßnahmen ersparten Hamburg nach einer Szenariorechnung von Munich Re Schäden in Höhe von rund 17,5 Mrd. €. Diese Summe ergibt sich unter bestimmten Annahmen durch Fortschreibung der Schäden von 1962 mit der Inflation sowie der Werteentwicklung auf die Jahre 1976, 1994, 1995 sowie 1999. In diesen vier Jahren wurde Hamburg von Sturmfluten getroffen, deren Wasserstände deutlich höher lagen als 1962, so dass ohne die seither erfolgten Schutzmaßnahmen mit Überflutungen zu rechnen gewesen wäre. So aber kam es bei keiner der vier Sturmfluten im Stadtgebiet zu nennenswerten Schäden, allerdings 1976 im Bereich des Hafens. Abzüglich der Baukosten beträgt der positive Nettoeffekt der Hochwasserschutzmaßnahmen für Hamburg seit 1962 damit rund 15 Mrd. €.

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Prof. Peter Höppe, Leiter der Georisikoforschung von Munich Re, sagt: „Das Beispiel Hamburg zeigt gut, wie wichtig Prävention gegen Naturkatastrophen ist.“ Allerdings sei effektive Prävention nur in Ländern möglich, die sich die Maßnahmen leisten könnten und die in gemäßigten Regionen lägen. Für die meisten Entwicklungsländer hingegen blieben Maßnahmen wie in Hamburg leider illusorisch. „Um hier zumindest das Schlimmste zu verhindern, wird es bei Naturkatastrophen weiter auf konzertierte Aktionen ankommen, bei Beteiligung der betroffenen und der industrialisierten Länder“, sagt Höppe.

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