Die Eurokrise ist global: In einer aktuellen Prognose für das Jahr 2012 argumentieren Experten der Weltbank, dass sich Entwicklungs- und Schwellenländer auf ein langsameres Wirtschaftswachstum einstellen müssen, da sich die Eurokrise weltweit negativ auf die Konjunktur auswirken könnte. Dies geht aus dem aktuellen Weltbank-Bericht Global Economic Prospects (GEP) 2012 hervor, der am Mittwoch in Peking vorgestellt wurde. Das Wachstum der Weltwirtschaft wird nun für 2012 mit 2,5 Prozent veranschlagt, im Jahr 2013 soll die weltweite Konjunktur um 3,1 Prozent wachsen.

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Weltwirtschaft zeigt Krisensymptome

In der Studie haben die Weltbank-Ökonomen ihre bisherigen Erwartungen für 2012 drastisch nach unten korrigiert. Für Industriestaaten („High-income-countries“) prognostizieren sie in diesem Jahr ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent, für Entwicklungs- und Schwellenländer („developing countries“) von 5,4 Prozent. Noch im Juni 2011 waren die Experten von einem deutlich höheren Wirtschaftswachstum ausgegangen (Entwicklungsländer + 6,2 Prozent, High-Income-Staaten + 2,7 Prozent). Doch die Lage habe sich zugespitzt, erste Zeichen einer Krise seien sinkende Rohstoffpreise sowie versiegende Warenströme. „Die Weltwirtschaft hat eine bedrohliche Phase erreicht“, schreibt Andrew Burns, Hauptautor des aktuellen Weltbankberichtes.

Am deutlichsten fiel die Korrektur der Zahlen zuungunsten des Euroraumes aus. War die Prognose im Juni 2011 mit einem Konjunkturplus von 1,8 Prozent äußerst optimistisch, so prophezeit die Weltbank nun sogar ein Schrumpfen der Eurowirtschaft um -0,3 Prozent. Hierbei sind sich die Experten einig, dass eine Zuspitzung der Eurokrise weltweit das Wachstum ausbremsen wird: „Eine Eskalation der Krise verschont niemanden“, warnt Burns. Ganz gleich ob hochentwickelte oder prosperierende Wirtschaftsnationen, die Wachstumsraten könnten schlimmstenfalls sogar noch stärker fallen als in den Krisenjahren 2008 und 2009.

Weniger Möglichkeiten zur Krisenbekämpfung

Einen Hauptgrund für die mögliche Konjunkturschwäche der Weltwirtschaft sehen die Weltbank-Autoren in der ungelösten Schuldenkrise Europas. Zum einen sinke die weltweite Nachfrage, wenn der Hunger nach Exportgütern in den reichen Ländern nachlässt und Sparmaßnahmen das Wachstum abwürgen. Zum anderen haben die Industrienationen weniger Möglichkeiten, durch fiskalische oder monetäre Maßnahmen die weltweiten Folgen der Krise abzufedern. Weil die Staaten bereits bei der Finanzkrise 2008 hohe Schulden aufnehmen mussten, etwa um den Konsum durch antizyklische Maßnahmen anzukurbeln oder Banken zu retten, haben sie nun bei einem neuerlichen Krisenszenario weniger Handlungsspielräume.

Im schlimmsten Fall sei zu erwarten, dass sich der Abschwung in Europa und das langsamere Wachstum in den prosperierenden Staaten gegenseitig verstärken. Die Weltwirtschaft könnte dann in eine Abwärtsspirale geraten.

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Die Eurokrise ist jedoch nicht die einzige Bedrohung für die Weltkonjunktur. So gefährden die politischen Auseinandersetzungen im nahen Osten und Nordafrika die weltweite Ölversorgung. Auch seien Boomländer wie China bereits von kleineren Wachstumseinbrüchen betroffen. Um auf eine Krise vorbereitet zu sein, empfehlen die Ökonomen Entwicklungsländern präventive Maßnahmen: Sie sollen mögliche Budgetdefizite im Haushalt vorfinanzieren. Auch seien Investitionen in die soziale Infrastruktur bevorzugt zu behandeln und mögliche Schieflagen von Banken bereits in der Haushaltsplanung zu berücksichtigen.

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