„Im Grunde ist der Heil- und Hilfsmittelmarkt immer noch eine teure Blackbox, über die wir zu wenig wissen", sagte der Vorstands-Vize der BARMER GEK Dr. Rolf-Ulrich Schlenker. Zu oft wird teuer operiert, obwohl eine kostengünstige Therapie die bessere Variante wäre. Insbesondere bei Venenerkrankungen, Harninkontinenz und Arthrose werden Behandlungsalternativen im Heil- und Hilfsmittelbereich zu spät, sparsam oder gar nicht wahrgenommen. So wäre die Behandlung mit Kompressionsstrümpfen bei Venenerkrankungen oft effektiver als das weit verbreitete „Venenstrippen", eine Krampfader-Operation. Die Therapiekosten für neue Venenerkrankungen in der GKV liegen jährlich bei rund 62,3 Millionen Euro. Dabei wird bei zwei Prozent der Betroffenen ein chirurgischer Eingriff durchgeführt, der Ausgabenanteil dieser Gruppe liegt bei 28 Prozent.

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Bei Harninkontinenz wirkt konsequentes Beckenbodentraining prophylaktisch und kurativ. Und auch bei Arthrose wären physiotherapeutische Maßnahmen häufig vorteilhafter als verfrühte Hüft- oder Knie-Operationen. Schlenker: „Der gezielte Einsatz von Heil- und Hilfsmitteln könnte den Patienten unnötige oder verfrühte Krankenhausaufenthalte und überflüssige chirurgische Eingriffe im großen Stil ersparen."

Fast sieben Prozent der Gesamtkosten entfallen mittlerweile auf Heil- und Hilfsmittel. Die Heilmittel hatten 2010 einen Anteil von rund 3,2 Prozent an den Gesamtausgaben der Barmer GEK , die Hilfsmittel sogar von 3,5 Prozent (GKV gesamt: Heilmittel 2,8 Prozent, Hilfsmittel 3,6 Prozent). Bei 573 Millionen Euro gab Deutschlands größte Krankenkasse im vergangenen Jahr rund 7,8 Prozent mehr für Heilmittel aus als im Vorjahr. Die Ausgaben für Hilfsmittel stiegen um 5,1 Prozent auf 666 Millionen Euro. Pro Versichertem ergab sich ein Plus von 4,4 Prozent bei Heilmitteln und 1,9 Prozent bei Hilfsmitteln. In der GKV insgesamt wurden 6 Milliarden Euro für Hilfsmittel und 4,6 Milliarden Euro für Heilmittel aufgewandt.

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Damit setzt sich der Trend fort, dass die Heil- und Hilfsmittelausgaben kontinuierlich zulegen. Zwischen 2004 und 2010 verzeichnen Heilmittel in der GKV einen Anstieg um 26,4 Prozent, Hilfsmittel um 14,7 Prozent. „Die demographische Entwicklung und technische Innovationen treiben die Ausgaben in beiden GKV-Marktsegmenten kontinuierlich nach oben. Wir müssen aufpassen, dass dabei die Versorgungsqualität nicht auf der Strecke bleibt", warnt Studienautor Professor Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen (ZeS).

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