Die deutsche Bevölkerung schrumpft und die Menschen werden immer älter. Doch mit welchen Konsequenzen? Fast wöchentlich wird die deutsche Bevölkerung mit einem medialen Sperrfeuer konfrontiert, dass einem die alarmistischen Thesen nur so um die Ohren fliegen. Von Bettlägerigkeit und körperlichen Gebrechen ist da die Rede, von Demenz, Altersarmut und Pflegenotstand - fast könnte man meinen, es gibt keinen größeren Gau als das Älterwerden.

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Dabei sind durchaus gute Nachrichten zu vermelden: Die deutsche Bevölkerung bleibt immer länger gesund und aktiv. Schon am wandelnden Freizeitangebot lässt sich dieser Trend ablesen. Es gibt Surfschulen speziell für Senioren, auch Reit- und Tauchschulen - das frühere Motto „In meinem Alter lerne ich das nicht mehr!“ ist längst aus der Zeit gefallen. Stattdessen ergreifen immer mehr ältere Menschen die Möglichkeit, im Herbst ihres Lebens noch einmal um- und neuzulernen: Chancen zu nutzen, die sie in jungen Jahren nicht wahrgenommen haben. Die physischen und psychischen Vorraussetzungen sind hierfür gegeben, denn glaubt man Gerontologen, dann fühlen sich die 70jährigen heute noch so fit wie mit Anfang 50.

Herausforderungen bürgerlichen Engagements

Da ist ein Buch wie „Wir brauchen Euch!“ zu begrüßen. Verfasst wurde es von den Autoren Roland Krüger und Loring Sittler, den Leitern des Generali Zukunftsfonds: einem Think Thank, der sich thematisch den Herausforderungen des demografischen Wandels widmet. Während andere Gesellschaftsforscher die Rente mit 67 fordern und auf Zwang setzen, so betonen die beiden Autoren das freiwillige Moment: Auf 232 Seiten gehen sie der Frage nach, wie sich die Generation 50Plus zivilgesellschaftlich engagieren kann.

Die Ausgangsthese des Buches ist hierbei durchaus positiv - und hebt das ungenutzte Potential der älteren Bevölkerung hervor. „Die jung gebliebenen Älteren wollen aktiv sein und etwas tun, was Sinn macht“, heißt es auf dem Klappentext – laut einer Studie seien 25 Prozent der Generation 50plus zu bürgerlichem Engagement bereit, wenn sich ihnen dafür eine gute Gelegenheit bieten würde. Hier setzt auch das Buch an: Die Autoren Krüger und Sittler zeigen die unterschiedlichsten Möglichkeiten ehrenamtlichen Engagements auf. Sie stellen Handlungsfelder in den Bereichen Bildung und Arbeitsmarkt vor, widmen sich den Themen Pflege und Gesundheitssystem und diskutieren die politische Partizipation von Senioren: vom Jobpaten über Pflegebegleiter bis hin zum sozialen Netzwerker im eigenen Stadtteil bieten sich hier viele Möglichkeiten. Darüber hinaus enthält »Wir brauchen euch!« zahlreiche Projektbeschreibungen und Kontaktadressen, die beide Verfasser bei ihrer Arbeit mit dem Zukunftsfonds bereits in der Praxis erprobt haben.

So ist das Buch von Krüger und Sittler geeignet, der medialen Panikmache eine positive Sicht auf das Alter entgegenzustellen. »Niemand muss befürchten, dass künftig Heerscharen von hinfälligen, kranken und bedürftigen Menschen das Bild der Gesellschaft prägen werden. Die Älteren von heute sind überwiegend gut ausgebildet, materiell abgesichert und körperlich sowie geistig fit.«

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Als Beleg für die Fitness der Alten kann abschließend jene Meldung dienen, die im Jahr 2007 als Kuriosität durch die Presse ging und für allgemeines Schmunzeln sorgte: ein 70jähriger Rentner hatte bei der Triathlon-Weltmeisterschaft der Senioren geschummelt und sich die Silbermedaille erschlichen, indem er beim Sprint und beim Fahrradfahren eine Abkürzung nahm. Auch wenn er die Medaille zurückgeben musste: vielen 30jährigen wäre der Rentner auch ohne zu Schummeln davongelaufen.


Michael Fiedler

Roland Krüger und Loring Sittler: Wir brauchen euch! Wie sich die Generation 50Plus engagieren und verwirklichen kann. 232 Seiten. Hamburg: Murmann-Verlag 2011. ISBN 978-3-86774-132-3

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