Angesichts ihrer enormen Reichweite sind soziale Plattformen für Versicherungsunternehmen objektiv unverzichtbar. Denn Blogs, Communities und Online-Foren sind ein hocheffektiver, zeitgemäßer Direktkanal, um die meist komplexen und erklärungsbedürftigen Produkte im Dialog mit den Kunden zielgruppengerecht und ohne Streuverlust zu kommunizieren. „Social Media kann Versicherungs-Unternehmen auf kosteneffiziente Weise zu langlebigeren Kundenbeziehungen verhelfen – und wird damit den Wettbewerb massiv verändern“, meint Martina Tomaschowski, Vice President Marketing & PR von "Attensity Europe". „Allerdings verfügen erst wenige deutsche Versicherer über eine dezidierte Social-Media-Strategie mit effektiven Software-Tools einschließlich zentraler Policy-Steuerung. Mediengerechte Monitoring- und Responsefähigkeiten sind jedoch unabdingbar, um den Erwartungen der Web 2.0-Generation umfassend gerecht zu werden.“

Die Studie zeigt klar, dass es an einer strategischen Auswahl geeigneter Social-Media-Kanäle vielerorts fehlt: Auf unterschiedlichen Plattformen existieren zum Teil Dutzende verschiedener Präsenzen, Pages und Kanäle für eine Versicherung, die entweder durch das Unternehmen selbst oder von Abteilungen, einzelnen Arbeitnehmern, Kunden oder aber anderen Interessensgruppen betrieben werden.
Ein großer deutscher Versicherungskonzern beispielweise ist bei Facebook mit 16 separaten Pages präsent. Die Mehrzahl davon weist allerdings nur vernachlässigbare Besucherzahlen auf. Offenkundig findet auch kein regelmäßiges Management statt. Dies lässt vermuten, dass diese Präsenzen von verschiedenen Akteuren erstellt worden sind, um vermeintliche Darstellungslücken des Unternehmens zu schließen.

Unter den deutschen Versicherungs-Unternehmen haben lediglich die "Allianz", die "R+V Versicherung" und die "Ergo Versicherungsgruppe" mehr als 1.000 Zustimmungen erhalten. Alle anderen Versicherungen sind auf Facebook praktisch nicht vorhanden.

Auch Micro-Blogs und Videos werden kaum genutzt

Ein ähnliches Bild zeichnet sich beim Micro-Blogging ab: Auf Twitter gelingt es nur der "Allianz" und der "Gothaer Allgemeinen Versicherung", mehr als 1.000 Follower anzulocken. Für lediglich 38 der 110 bilanzstärksten deutschen Versicherungsunternehmen lässt sich überhaupt eine Twitter-Präsenz nachweisen. Der Großteil der deutschen Versicherungen ist auf dieser Plattform so gut wie nicht vertreten.
Eine direkte Kontaktaufnahme mit dem Kunden, ein kurzer Tweet im Schadensfall, ein Hinweis auf online verfügbare Dokumente, notwendige Schritte oder zuständige Sachbearbeiter – all dies kann die Kundenloyalität und Markenwahrnehmung bei vernachlässigbaren Kosten nachhaltig verbessern.

Und noch etwas zeigt sich am Beispiel Twitter: Ausländische Konkurrenten nutzen Micro-Blogging viel intensiver. Die Reichweite liegt bis zu fünfmal höher, was sich allerdings nicht nur durch unterschiedliche Heimatmärkte erklären lässt.

Auf YouTube sind die deutschen Versicherer noch weniger vertreten, obwohl gerade Videos derzeit besonders im Trend liegen. Lediglich 18 deutsche Versicherer nutzen YouTube für ihre Unternehmenskommunikation. Keinem deutschen Versicherungs-Unternehmen bescheinigt die Studie einen wirksamen Umgang mit dieser bedeutenden Plattform. Vier von fünf untersuchten Unternehmen sind überhaupt nicht auf YouTube vertreten. Die Mehrzahl unter ihnen ist hier erst in den letzten beiden Jahren aktiv geworden. Die Anzahl der geposteten Videos und Subscriber bewegen sich allerdings im ein- und zweistelligen Bereich.

Auch auf dem größten internationalen Fotoportal Flickr sind deutsche Versicherungsfirmen praktisch nicht präsent. Lediglich die "Axa Versicherung" nutzt das Portal und bietet dort gut 1.000 Bilder des „Axa PPP healthcare photography club“, der damit seine Arbeiten und Ausflüge dokumentiert – ein durchaus interessantes Beispiel für die Social Media Nutzung innerhalb von Unternehmen.

Junge Generation wird nicht angesprochen

„Soziale Netze, Blogs und Web 2.0-Communities sind aus dem öffentlichen Leben längst nicht mehr wegzudenken“, sagt Prof. Hendrik Speck von der Fachhochschule Kaiserslautern und federführender Autor der "Attensity"-Studie. „Social Media hat vor allem für junge Menschen mehr und mehr die Funktion eines Leitmediums. Inzwischen würden viele Jugendliche und junge Erwachsene eher auf Fernsehen und Zeitung verzichten als auf den interaktiven Online-Austausch via Facebook, Twitter, Flickr oder StudiVZ.“

Auf Deutschlands führenden Social-Media-Plattformen StudiVZ und MeinVZ sind Millionen deutschsprachiger Schüler und Studenten registriert. Die Vermutung jedoch, dass die deutsche Versicherungs-Branche diese Zielgruppe proaktiv anspricht, konnte die Studie empirisch nicht bestätigen. Fast jede Unternehmensseite und Gruppe innerhalb der beiden Plattformen hat weniger als 400 Nutzer, lediglich die "DEVK" bringt es auf knapp 600 Mitglieder.

Abseits der Kundenansprache nennt die Studie ein weiteres Argument für die Social-Media-Nutzung in der deutschen Versicherungsbranche: Der demografische Wandel in der Bundesrepublik. Denn auch Versicherungsunternehmen müssen sich mit dem absehbaren Fachkräftemangel auseinandersetzen. Ein erfolgversprechender Ansatz kann hierfür nur darin bestehen, möglichst frühzeitig im Lebensumfeld potenzieller Arbeitnehmer präsent zu sein – eine Aufgabe, die konventionelle Medien wie Fernsehen, Zeitung oder Radio in Zukunft immer weniger erfüllen.

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