Während es im zweiten Halbjahr 2009 noch eine große Transaktion im Wert von über 1 Milliarde Euro gegeben hatte, fand im ersten Halbjahr 2010 nicht eine einzige größere Transaktion statt.
Kein Private-Equity-Deal überstieg den Wert von 300 Millionen Euro. „Die Trendwende auf dem Private-Equity-Markt lässt nach wie vor auf sich warten“, stellt Joachim Spill, Leiter des Bereichs Transaction Advisory Services bei Ernst & Young EMEIA, fest.
Zwar werde es allmählich wieder einfacher, Banken zu finden, die Mittel für eine Transaktion zur Verfügung stellen. Jedoch seien die Finanzierungsbedingungen nicht vergleichbar mit den Boomjahren 2005/2006: „Während die Investoren damals im Durchschnitt etwa 35 Prozent des Kaufpreises an Eigenkapital aufbringen mussten, sind es derzeit etwa 50 Prozent“, so Spill. „Wir werden daher auch mittelfristig nur in Ausnahmefällen große Milliarden-Transaktionen sehen“.

Unterschiedliche Preisvorstellungen bremsen Wiederbelebung

Ein großer Hemmschuh sind derzeit die extrem unterschiedlichen Preisvorstellungen von Investoren und Verkäufern. Unternehmen, die für Private-Equity-Investoren interessant wären, haben im vergangenen Jahr aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise häufig kein gutes Ergebnis eingefahren.
Da die Investoren ihre Preisvorstellungen mit einem bestimmten Multiplikator des EBIT (Gewinn vor Zinsen und Steuern) aus dem laufenden Jahr 2010 bestimmen, spiegeln die Kaufpreise aus Sicht der Private-Equity-Häuser noch die Nachwirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise wieder und bleiben deshalb hinter den Erwartungen der Verkäufer zurück.
Die Verkäufer hingegen legen der Preisbestimmung ihre Planungen für das Jahr 2011 und die Jahre danach mit entsprechend höheren Erwartungen an den EBIT zugrunde. Damit halten sie zwar die Multiplikatoren vergleichsweise niedrig; wegen der eingepreisten positiven Geschäftserwartungen ergeben sich jedoch unterm Strich deutlich höhere Preise als die Private-Equity-Häuser derzeit zu zahlen bereit sind.
„Solange sich die Schere zwischen den unterschiedlichen Preisvorstellungen nicht schließt, wird sich die Transaktionstätigkeit nicht beleben“, prognostiziert Wolfgang Taudte, Partner bei Ernst & Young. Hier arbeite jedoch die Zeit für die Branche: „Sobald die gegenwärtig wieder anziehende Konjunktur zu besseren Ergebnissen und stabileren Cashflows in den Unternehmen führt, sind die Beteiligungsgesellschaften auch wieder bereit, höhere Preise zu akzeptieren“, so Taudte.

Wenn zudem die Verkäufer von ihren derzeit überhöhten Preisvorstellungen etwas nachließen, dann würden sich die Preisvorstellungen der beiden Seiten wieder annähern. Ein Unsicherheitsfaktor bleibe allerdings die Geschwindigkeit und Nachhaltigkeit der konjunkturellen Erholung, schränkt Taudte ein.

Exit über die Börse wieder möglich

Im ersten Halbjahr 2010 haben sich Private Equity-Gesellschaften von 39 deutschen Beteiligungen getrennt (zweites Halbjahr 2009: 27 Exits) – durch einen Verkauf an einen strategischen Investor oder durch Weiterverkauf an eine andere Beteiligungsgesellschaft (Secondary Buyout).
Zum ersten Mal seit Ende des Jahres 2007 gelangen auch wieder Ausstiege über einen Börsengang: Drei Beteiligungen wurden erfolgreich an die Börse gebracht. Die Zahl der Exits ist zwar gestiegen – von 27 im zweiten Halbjahr 2009 auf 39 in der ersten Jahreshälfte 2010 – die Erlöse bei diesen Beteiligungsverkäufen sind jedoch deutlich gesunken: von 7,3 auf 4,8 Milliarden Euro.
Besonders kritisch gingen dabei die Beteiligungshäuser an neue Deals heran: Die 14 Weiterverkäufe an andere Beteiligungsgesellschaften brachten nur 200 Millionen Euro ein. „Dass das Börsenfenster für Exits zumindest eine Zeitlang wieder geöffnet war, ist ein hoffnungsvolles Signal“, kommentiert Spill. Er warnt jedoch vor zu großem Optimismus: „Die Rahmenbedingungen für Börsengänge bleiben schwierig. Die Furcht vor Problemen mit griechischen Staatsanleihen und möglicherweise auch mit Spanien drückt auf die Stimmung“.
Zudem blieben die Zeitfenster für Börsengänge in Zukunft nur klein, vielleicht drei Monate, vielleicht auch nur drei Wochen. „Darauf müssen sich Private-Equity-Häuser, die ihre Beteiligung an die Börse bringen wollen, einstellen“, so Spill.

Angelsächsische Investoren kehren zurück

Obgleich in der zweiten Hälfte des Jahres 2010 kaum durchgreifende Besserung zu erwarten ist, macht Taudte aktuell auch positive Signale für den deutschen Private-Equity-Markt aus. „Die Anzeichen mehren sich, dass angelsächsische Investoren dabei sind, auf den deutschen Markt zurückzukehren. Im zweiten Halbjahr rechnen wir mit ein paar Transaktionen, in die angelsächsische Investoren involviert sind – das war im ersten Halbjahr nicht der Fall“, stellt Taudte fest.
Die angelsächsischen Beteiligungsgesellschaften hätten ihre Portfolio-Unternehmen „in Schuss gebracht“ und müssten ihre Kräfte in absehbarer Zeit wieder auf neue Akquisitionen konzentrieren. „Neue Investitionen in Deutschland sind dabei nur noch eine Frage der Zeit“, erwartet Taudte.

Wert der strategischen M&A-Transaktionen geht wieder zurück

Nach einem leichten Anstieg des Wertes von Transaktionen strategischer Investoren im zweiten Halbjahr 2009 ist der Transaktionswert in den ersten sechs Monaten des Jahres 2010 wieder gesunken: von 15,2 auf 11,7 Milliarden Euro. Die Anzahl der Transaktionen stieg in den Vergleichszeiträumen hingegen leicht: von 133 auf 135 im ersten Halbjahr 2010. Das zeigt, dass auch bei strategischen M&A-Aktivitäten eine gewisse Zurückhaltung bei der Preisgestaltung herrscht.

Hinweis:

Das Transaktionsvolumen bezieht sich nur auf Transaktionen, deren Wert bekannt gegeben wurde.

Präsentation der Studie im PDF-Format

Die komplette Studie auf Englisch (14 Seiten) PDF

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