Die Gesundheitsversorgung in Deutschland steht vor großen finanziellen Herausforderungen, was sich insbesondere durch die steigenden Beiträge in der Pflege- und in der Krankenversicherung zeigt. Auch im Jahr 2026 wird es wieder zu Beitragserhöhungen kommen. Die Pflege steht schon seit geraumer Zeit unter Druck, da die Finanzierungslücke der Pflegekosten in der sozialen Pflegeversicherung trotz deutlicher Beitragssatzsteigerungen weiter wächst. Und auch die Beiträge der privaten Pflegepflichtversicherung müssen zum Januar 2026 den gestiegenen Aufwendungen angepasst werden. Die Absicherung im Pflegefall ist hierbei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die künftig nur durch zielgerichtete Reformen im Finanzierungs- und Versorgungsbereich gewährleistet werden kann.

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Enorme Kostensteigerungen ohne absehbares Ende

Die im Jahr 2017 eingeführte Ausdehnung des Pflegedürftigkeitsbegriffs hat in der gesetzlichen Pflegeversicherung zu deutlich mehr Leistungsempfängerinnen und -empfängern geführt und auch die Ausweitung der Leistungen, wie z.B. die Übernahme von pflegebedingten Eigenanteilen bei stationärer Pflege, hat einen guten Teil zu den Kostensteigerungen beigetragen. Die Pflegekosten sind darüber hinaus inflationsbedingt gestiegen und werden auch die nächsten Jahre weiter steigen. Trotz steigender Beiträge und der Tatsache, dass Pflegebedürftige selbst mitunter hohe Eigenanteile zahlen müssen, kämpfen Pflegekassen mit einer defizitären Lage. Die Situation in der Pflege ist sehr angespannt und die Pflegekosten geraten zunehmend außer Kontrolle.

Teilkaskoversicherung als Grundabsicherung

Bei der gesetzlichen Pflegeversicherung wird durch die Teilkaskoversicherung lediglich ein Teil der tatsächlichen Pflegekosten getragen, welche als Grundabsicherung für das Pflegerisiko dienen soll. Für den Rest müssen Versicherte selbst aufkommen. Es werden also nicht alle Leistungen vollumfänglich gedeckt. Was vielen Menschen nicht bewusst ist: Die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung steigen, aber auch die bereits hohen Eigenanteile werden aufgrund der steigenden Pflegekosten immer höher – ein alarmierendes Zeichen für die finanzielle Schieflage des Pflegesystems.

Pflege unter demografischen Herausforderungen

Im aktuellen Umlageverfahren der sozialen Pflegeversicherung werden die Beiträge der Erwerbstätigen direkt zur Finanzierung der aktuell Pflegebedürftigen verwendet. Doch durch die Überalterung der Gesellschaft steigt auch die Zahl der Pflegebedürftigen, während die Zahl der Erwerbstätigen weiter zurückgeht. Weniger Beitragszahlende müssen somit für immer mehr Pflegedürftige aufkommen – ein System, das auf lange Sicht finanziell nicht tragbar ist.

Kostenanstieg bremsen und Effizienz steigern

In der gesetzlichen Pflegeversicherung braucht es noch in dieser Legislaturperiode dringend Maßnahmen, um die Kosten auf ein tragbares Niveau zu begrenzen. Es dürfen keine weiteren Leistungsausweitungen vorgenommen werden, die die Pflegeversicherung finanziell noch mehr belasten. Nicht alle vorgesehenen Leistungen haben für die tatsächliche Versorgung der Pflegebedürftigen die gleiche Relevanz. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Zukunftspakt Pflege“ hat nun empfohlen, den Pflegegrad 1 beizubehalten, die Leistungen sollen jedoch überprüft und vereinfacht werden. Insgesamt sollen die Leistungen laut der Arbeitsgruppe einen stärkeren Fokus auf Prävention setzen, beispielsweise durch mehr Beratungen zu Mobilität und Reha. Dies ist zu begrüßen. Denn Prävention, Qualitätsmanagement und Effizienzsteigerung in der Versorgung können dazu beitragen, Kosten zu begrenzen und die Nachhaltigkeit des Systems zu erhöhen.

Perspektive der privaten Kranken- und Pflegeversicherung und Beitragsmechanik

Für die private Kranken- und Pflegeversicherung gilt: Beitragsanpassungen erfolgen auf Basis klar geregelter gesetzlicher Vorgaben und werden von unabhängigen Treuhänderinnen und Treuhändern geprüft. Extreme Beitragssprünge entstehen vor allem durch die starren gesetzlichen Vorgaben: Beitragsüberprüfungen und ggf. -anpassungen dürfen nur erfolgen, wenn die tatsächlichen Leistungen im Vergleich zu den einkalkulierten Leistungen oder Änderungen in der Lebenserwartung bestimmte Schwellen überschreiten. Dagegen werden Faktoren wie z.B. Änderungen im Kapitalmarkt mit Auswirkung auf den zu erzielenden Zins nicht berücksichtigt. Versicherer können daher nicht kontinuierlich auf Veränderungen reagieren, was in Jahren mit stark steigenden Ausgaben in der Folge zu unerwartet deutlichen Beitragserhöhungen führen kann.

Die Lösung liegt nicht bei den Versicherern, sondern beim Gesetzgeber: Durch Reformen der Kalkulationsverordnung, etwa niedrigere Schwellenwerte für Anpassungen oder Berücksichtigung zusätzlicher Einflussfaktoren, ließen sich zumindest Beitragssprünge vermeiden und die Beitragsentwicklung für Versicherte transparenter und planbarer gestalten.

Kapitalgedeckte (Zusatz-)absicherung

Außerdem muss die Eigenverantwortung für mehr kapitalgedeckte Absicherung im Pflegefall in der Bevölkerung gestärkt werden. Für die private Pflegevorsorge braucht es Anreize und staatliche Förderungen, damit mehr Menschen eine private Pflegezusatzversicherung abschließen. Die gesetzliche Pflegeversicherung dient als Grundabsicherung, die Menschen müssen darüber hinaus mit staatlicher Förderung dazu motiviert und befähigt werden, sich zusätzlich auch privat kapitalgedeckt gegen hohe Pflegekosten im Alter abzusichern. Dies ist nicht nur ein individueller Vorteil, sondern sozial fair: Nur so können Menschen die finanziellen Risiken der immer höher werdenden Eigenanteile in der Pflege auffangen.

Die Ausgabenbegrenzung einerseits, die ergänzende kapitalgedeckte Zusatzabsicherung andererseits sowie Effizienz- und Präventionsmaßnahmen sind meiner Ansicht nach wesentliche Stellschrauben, um die Pflegeversicherung zukunftsfähig und bedarfsgerecht zu gestalten. Darüber hinaus müssen gezielt Leistungen der sozialen Pflegeversicherung in eine kapitalgedeckte Finanzierung überführt werden, um den beitragssatzerhöhenden Folgen unserer Demografie entgegenzuwirken. Hierfür sind kapitalgedeckte Versicherungslösungen denkbar und zielführend.

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