Aktiendepots in Erbengemeinschaften: Risiken, Steuern und Lösungen
Aktiendepots in Erbengemeinschaften sind oft ein Pulverfass. Denn Einstimmigkeit ist Pflicht, doch Uneinigkeit kann hohe Verluste verursachen. Blockaden, Steuern und Transaktionskosten verschärfen die Lage. Wer vorsorgt, kann Streit und Vermögensverluste verhindern, rät Manfred Gabler vom Erbschaftsdienstleister ErbTeilung.

Wenn Präsidenten oder Unternehmenschefs mit einem Tweet die Börse in Bewegung bringen, reagieren professionelle Anleger oft innerhalb von Sekunden. Für Erbengemeinschaften ist solch schnelles Handeln jedoch nahezu unmöglich: Jeder einzelne Erbe muss dem Verkauf zustimmen. Das Einstimmigkeitsprinzip, das für Fairness sorgen soll, wird so leicht zur Blockadefalle. Wer nicht reagiert, riskiert, dass der optimale Verkaufszeitpunkt verstreicht und das Depot an Wert verliert.
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Neben dieser Handlungsunfähigkeit sind es auch steuerliche Fallstricke, die Aktiendepots in Erbengemeinschaften zu einem Problem machen. Ein Verkauf löst nicht nur Transaktionskosten aus, sondern unter Umständen auch Spekulationssteuern und Abgaben auf Dividendenausschüttungen. Zusammen mit der Erbschaftsteuer kann dies die Nachlassmasse deutlich schmälern und somit zum Nährboden für Streit unter den Erben werden.
„Nicht jeder Erbe, nicht jede Erbin ist mit ausreichend wirtschaftlichem Sachverstand ausgestattet. Das führt dann schnell zur Überforderung und Blockadehaltung, obwohl eigentlich schnelles Handeln angesagt wäre“, sagt Manfred Gabler, Geschäftsführer von ErbTeilung in Weilheim. Ein einzelner Erbe kann die Auflösung des Depots über Monate oder gar Jahre hinauszögern. Das Einstimmigkeitsprinzip lässt sich kaum umgehen. Das gilt selbst bei drohenden Kursverlusten. Anders als bei Immobilien, wo in Gefahrensituationen ein Erbe im Rahmen der Notgeschäftsführung handeln darf, sind schnelle Einzelentscheidungen bei Aktien nicht vorgesehen. „Bei Aktiendepots scheidet das beherzte Eingreifen eines Erben ohne Einstimmigkeitsbeschluss aus, weil niemand vorhersagen kann, wie sich die Aktienkurse letztendlich entwickeln. Zwar können die Erben Stopps setzen, so dass die Aktien von der Bank verkauft werden müssen, wenn der Kurs einen bestimmten Wert unterschreitet. Das setzt aber auch wiederum voraus, dass die Erben sich auf einen bestimmten Kurswert geeinigt haben“, erklärt der Diplom-Betriebswirt.
Streit vermeiden durch klare Regelungen im Testament
Clevere Erblasser überlassen ihre oft über Jahrzehnte aufgebauten Wertpapierbestände nicht dem Zufall. Sie regeln testamentarisch, wer das Depot erhält. Doch auch hier gilt: Eine formelhafte Verteilung „zu gleichen Teilen“ führt oft zu Konflikten. „Allerdings reicht es nicht, in das Testament reinzuschreiben: ,Alle Aktien gehen zu gleichen Teilen an meine drei Kinder.´ Denn die Erben streiten später oft um die Erbquote, weil ein Kind die Eltern bis zum Tod gepflegt hat oder der Sohn jahrelang kostenlos Hausverwaltertätigkeiten für die elterlichen Miethäuser verrichtet hat“, gibt Gabler zu bedenken und nennt zwei probate Lösungen:
- Teilungsanordnung: Der Erblasser bestimmt, wer konkret die Aktien erhält.
- Vermächtnis: Die Wertpapiere gehen direkt an eine bestimmte Person.
So lassen sich spätere Auseinandersetzungen vermeiden und klare Besitzverhältnisse schaffen.
Generalvollmacht als Lösung
Eine weitere Möglichkeit kann die rechtzeitige Einsetzung eines generalbevollmächtigten Erben über den Tod des Erblassers hinaus sein. Ohne eine solche Vollmacht sperren Banken das Depot zunächst, bis alle Erben Nachweise wie Erbscheine vorgelegt haben. Mit Vollmacht kann hingegen ein Erbe oder eine vertraute Person im Einvernehmen mit den anderen schnell agieren und Verkäufe anstoßen. Voraussetzung ist eine notarielle Beurkundung.
Aktiendepots in Erbengemeinschaften bergen auch steuerliche Herausforderungen. Insbesondere bei größeren Aktienbeständen und Dividendenausschüttungen empfiehlt es sich, einen Steuerberater hinzuzuziehen. Denn es können gleich mehrere Steuern auf den Aktienbesitz und Verkauf in einer Erbengemeinschaft anfallen. So wird das Aktiendepot vom Finanzamt mit der Erbschaftsteuer belegt. Maßgeblich für die Wertfeststellung ist hier der Todeszeitpunkt des Erblassers. Werden die Aktien mit Gewinn verkauft, fällt darauf Spekulationssteuer an. Hier gilt die Zehnjahresfrist. Hat der Erblasser die Aktien vor 15 Jahren gekauft und seitdem gehalten, haben die Erben Glück. Ist es aber seit dem Tod des Erblassers zu Dividendenzahlungen der Unternehmen gekommen, müssen die Erben hierauf wiederum eine 25-prozentige Abgeltungssteuer entrichten.